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Nie wieder Ferienhaus

Titel: Nie wieder Ferienhaus
Autoren: Bernd Stelter
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schon irgendwo in einem Regal, aber mitnehmen konnten wir es noch nicht.
    Wir waren schon fast aus der Tür, als wir die Idee hatten. Genau genommen hatte die Idee der ADAC . Der ADAC verkauft am besten über Aufkleber.
    Am gelben ADAC-Wagen klebt der Aufkleber »Hier können Sie Mitglied werden!«. Da fährt man vorbei, dann sieht man den Aufkleber. Dann hält man an. Dann geht man schnell zum Gelben Engel höchstpersönlich und sagt: »Genau, das wollte ich schon immer!« Und schon muss man im Pannenfall seinen Reifen nicht mehr selber wechseln. »Dann füllen wir erst mal in Ruhe das Formular aus!«
    Ich bin schon seit Ewigkeiten im ADAC . Nicht nur, dass man da Hilfe hat, wenn man mal auf der Autobahn liegen bleibt. Man kriegt auch jeden Monat eine schicke Zeitung. Die ADAC -Motorwelt !
    Auf Seite drei steht der Leitartikel des Chefredakteurs, auf Seite acht wird der neue Porsche getestet. Und ab Seite dreißig nur noch Werbung. Zwei Firmen werben für Heimtheken mit Direkt-Bier-Pipeline von der Brauerei nach Hause, neun Firmen werben für Haarverpflanzung und mindestens zwanzig für Treppenlifte. Warum werben so viele Firmen in der ADAC -Motorwelt für Treppenlifte? Ich weiß es nicht, aber seitdem ich die Zeitung beziehe, sehe ich die ganzen alten Männer in ihren Porsches in einem völlig neuen Licht.
    Dieses Mal war es nicht ein Aufkleber an einem gelben ADAC-Ford-Focus-Turnier. Es war an der Glastür von Wohnwagen Schwarz in Overath, dort klebte der Aufkleber »ADAC-Campingführer, hier erhältlich!«
    Irgendwie war ich ein bisschen stolz, so stolz, wie wenn einem Reinhard Mey nach dem Reinhard-Mey-Konzert die Eintrittskarte unterschrieben hat. Dann hat man auch was, was man mit nach Hause nehmen kann.
    Die Bezeichnung »Wohnwagen« beinhaltet das Wort »Wagen«. Es ist keine Immobilie, es ist eine Mobilie. Wir hatten uns schon auf der Fahrt nach Hause die unterschiedlichsten Ziele ausgemalt. Vor meinem geistigen Auge stand der Dethleffs 560 TK vor einem Gletscher in Norwegen, mitten im Lavendelfeld in der Provence und mit einem Platten am Plattensee.
    Ich freute mich schon auf die schöne Flasche Wein zu Hause. Mir war klar, danach würde ich ihn im Traum am Trevibrunnen oder mitten unter dem Eiffelturm sehen.
    Nur waren die Kinder doch noch ziemlich klein. Und mit Anhänger musste man sich an die Höchstgeschwindigkeit von achtzig Stundenkilometern halten. Also, Abenteuer schön und gut, aber zunächst mal sollte man sich doch vernünftigerweise ein Ziel aussuchen, das man auch ohne Probleme erreichen konnte. Es galt, den Küstenort zu finden, der mit der kürzestmöglichen Fahrtstrecke erreicht werden konnte.
    Wir haben zu Hause meinen angestaubten Diercke-Schulatlas rausgekramt und, da wir schon bei Schule waren, einen Zirkel. Dann haben wir einen Zehn-Zentimeter-Radius rund um Köln gezogen, um zu sehen, ob wir innerhalb des Kreises irgendwo Meer finden konnten.
    Es gab den Ort Meerbusch, und das Münsterland soll mal überflutet gewesen sein. Ich weiß nicht mehr genau, ob es vor oder nach der Eiszeit war, heute ist es das jedenfalls nicht mehr. Der Radius war scheinbar zu klein.
    Wir haben ihn auf 12,5 cm erweitert, dann auf 15 cm. Und dann wurden wir fündig. Es war die Küstengegend in Südholland. Die Halbinsel Walcheren. Damit Sie wissen, welche Ecke ich meine: Renesse lag genau bei 15,2 cm.
    Holland war gut, gerade im Sommer. Im Sommer sind die ganzen Holländer mit ihren Wohnwagen auf deutschen Autobahnen unterwegs. Holland wäre also sozusagen kampflos geräumt. Dann fahren wir nach Holland. Da ist es bestimmt schön ruhig!
    Her mit dem ADAC-Campingführer. Es gab eineMenge Campingplätze in Walcheren! Der ADAC hatte extra einen Zeichner engagiert, um die Urlaubswilligen bei der Auswahl zu verwirren.
    Wir sahen uns Hunderten von kleinen Bildchen gegenüber, und anhand dieser Bildchen konnte man dann blitzschnell die Qualität der Plätze beurteilen. Ein Taucher springt in eine Badewanne. Das bedeutet: Der Platz verfügt über ein Schwimmbad.
    Dann fand man ein neues Zeichen, dann blätterte man zurück nach ganz vorne, wo die Zeichen erklärt wurden, und dann hat man die Seite verloren, wo der entsprechende Campingplatz beschrieben stand.
    Viel lustiger, aber sicher nicht sinnvoller war es, wenn man sich die Zeichen einfach selber erklärte. »Was heißt noch mal das Dreieck?« – »Chemische Reinigung auf dem Platz!« – »Und die drei Tannen?« – »Fichtennadelduftspray auf jeder
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