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Nie wieder Ferienhaus

Titel: Nie wieder Ferienhaus
Autoren: Bernd Stelter
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komfortabel ausgebauten Warteschleife vor der Schranke waren Schilder angebracht: »Noch 15 Minuten!«, »Noch 30 Minuten!«
    Wir haben direkt neben dem Schild »Sie werden sofort bedient!« unser Nachtlager aufgeschlagen. Ich glaube nicht, dass Anne noch sehr viel für Camping übrig hatte in dieser Nacht. Aber sie sagte nichts, zumindest nichts Negatives. Wir haben die Kinder ins Bett gepackt und zwei Stühle und den Tisch aus dem Kofferraum genommen.
    Die Friture hatte Hochbetrieb. Eine Currywurst Pommes-Mayo kennen die in Holland nicht, aber ich musste ja einige Zeit in der Schlange stehen, und so konnte ich das Bestellverhalten der anderen Camper genau beobachten. Die meisten bestellten Frikadell speciaal oder Flijs-Krokett . Ich habe beides bestellt, mit Frites-Mayo , und ein Sixpack Heineken.
    Als ich zum Wohnwagen zurückkam, war Anne gerade im Gespräch mit einem jungen Mann.
    Wim Verheijden ist der Campingplatz-Besitzer.Und der macht gegen Mitternacht seine Runde, um Ghetto-Blaster-Maximal-Lautstärke-Austester zur Raison zu bringen oder ganz normale Grillabende zu beenden. Um dreiundzwanzig Uhr ist Nachtruhe! Wim gönnt allen vielleicht noch eine Stunde, aber dann ist Schluss!
    »Wim meint, wir können noch auf den Platz! Das ist wirklich supernett, aber die Mäuse schlafen. Wenn wir jetzt noch mal das Gespann anwerfen, sind die sofort wieder hellwach! Niemand weiß, wie lange dieser Zustand dann anhält.«
    Eigentlich durfte man auf der Warteschleife nicht übernachten, aber Wim machte eine Ausnahme.
    Er erklärte uns bei einem Heineken noch, dass Heineken nicht das beste Bier ist, dass die beste Kneipe Zeerover heißt und dass der Strandpavillon-Besitzer am FKK-Strand auch schon mal zugekifft hinterm Tresen steht!
    Anne saß in ihrem Campingstuhl. Wim war schon gegangen. »Lass uns noch mal um den Platz gehen, nur so weit, dass man die Kinder noch hören kann!«
    Wir gingen los. Aus der Kantine hörte man Musik! Da war Wim wohl noch nicht vorbeigekommen.
    Anne legte mir den Arm um die Hüfte. Die Bäume waren riesengroß. Die Luft roch salzig. Sie nahm mich in den Arm. Ich spitzte die Lippen. Sie flüsterte: »Ich muss jetzt aufs Klo!«
    Es gab mehrere verklinkerte Bauten, die nicht nur die Toiletten, sondern auch die Wasserette , also die Spülmöglichkeit, die Waschräume und die Duschen beherbergten.
    Anne verschwand in so einem Klinkerbau, ich zündete mir eine Zigarette an, und meine Spannung stieg. Jetzt würde sie zum ersten Mal ein Waschhaus sehen. So ein Haus mit zwölf oder sechzehn Waschbecken und acht Duschen, in die man Münzen werfen musste, um warmes Wasser zu bekommen oder auch nicht, je nachdem, wie freundlich der Campingplatzinhaber war; diesen Kulturbeutelhort, wo Männer unterschiedlichen Alters unterschiedliche Seifen und Aftershaves zur Anwendung brachten, allesamt mit Turnhose oder Adidas-Jogginghose bekleidet und mit nacktem Oberkörper, das heißt, Anne würde natürlich das Pendant für die weibliche Campingplatzbelegschaft kennen lernen. Ich wusste, wenn sie ohne globalen Protest aus diesem Gemäuer wieder herauskam, dann hatte unser Urlaub eine echte Chance.
    »Nicht schlecht!« Das war genau die Äußerung, die ich überhaupt nicht gebrauchen konnte. »Nicht schlecht!«
    War es sauber, war es O.K ., war es … weiß der Geier, was! Es war »nicht schlecht«!
    Die Mäuse lagen im Wohnwagen und schliefen. Nicht unbedingt in der normalen Schlafposition, aber sie schliefen! Wahrscheinlich träumten sie von Klausjürgen Wussow, der sich in eine Elefantendame verliebt hatte, die ständig Pipi musste, und von dem Klinkerbau auf einem holländischen Campingplatz, wo sich die beiden dann das Jawort gaben.
    Von den Schlagzeilen, die ich am nächsten Morgen in der Bild lesen konnte, wäre dieser Traum nicht so ganz weit entfernt gewesen.
    Die Bettlaken und die Kissenbezüge waren irgendwo in den Untiefen des Kofferraums verstaut. Aber die Schlafsäcke vom Aldi konnte man mit den Reißverschlüssen verbinden, und dann hatte man einen Doppelschlafsack!
    Ich hielt ihren schönen Körper, ich streichelte ihr über das Haar. Sie sagte: »Ist das Urlaub? Ja!«
    »Und wenn du jetzt mal bedenkst, dass wir hier gerade in der Warteschleife campen. Morgen fängt der Urlaub erst richtig an! Aber ich bin ja schon froh, dass du nicht am ersten Tag die Rückfahrt antreten willst!«
    Sie antwortete nicht. Sie schlief tief und fest und total süß in meinen Armen. Ich hätte ahnen können, dass eine
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