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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition)
Autoren: Aric Davis
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hatte. Rotblond mit knallroten Strähnchen, ziemlich hübsche Möpse, soweit ich das unter dem Pulli erkennen konnte. Hey, ich bin zwölf, nicht blind. Ich lächelte und sie blickte finster.
    »Das ist mir egal; lass mich allein.«
    »Ich dachte, du brauchst Hilfe.«
    Ihr Mund verzog sich zu einem O. Dass sie überrascht war, konnte ich ihr wirklich nicht verübeln.
    »Du bist Nickel?«
    »Jep. Und du bist ziemlich scharf.«
    Sie wurde rot. Mädchen sind doch alle gleich. »Du bist ja nur ein Kind.«
    »Du auch. Wie alt bist du? Vierzehn?«
    Sie musterte mich, dann ging sie an mir vorbei und setzte sich mit Schwung auf eine der Schaukeln. Ich setzte mich auf die neben ihr und ließ meine Chucks durch die Holzhäcksel schleifen. (T-Shirt und Hose sind eine Sache – aber bei meinen Tretern bin ich eigen.)
    »Du bist nur ein Kind. Ich habe gehört, du könntest mir helfen. Als ich rumgefragt habe, also ernsthaft rumgefragt, da haben sie gesagt, ich soll nach Nickel fragen. Bist du sein kleiner Bruder oder so was?«
    »Baby, es gibt eine Menge, was ich in diesem Augenblick tun könnte, und das ist nicht deine Schuld, aber wenn du mir nicht sagst, was du willst, dann erledige ich lieber was davon.« Sie sahtraurig aus, und ich versuchte auszusehen, als würde mich das kümmern.
    »Es geht um meine Schwester.«
    »Was ist mit der?«
    Alle glauben immer, ich könnte Gedanken lesen. Kann ich nicht, aber ich gebe gerne zu, dass ich notfalls recht überzeugend wirken kann.
    »Sie wird vermisst.«
    »Abgehauen?«
    »Das glaube ich nicht, aber Mom und Dad glauben es.«
    »Wie lange ist sie schon weg?«
    »Drei Tage.«
    »Haben sie sie als vermisst gemeldet?«
    »Ich glaube schon.«
    »Erzähl mir von ihr.«
    »Sie heißt Shelby. Sie ist elf, und als sie zum letzten Mal gesehen wurde, ist sie mit dem Fahrrad zur Bücherei gefahren. Sie hat grüne Augen, die gleiche Haarfarbe wie ich, ohne die Strähnen, und sie ist ungefähr eins fünfzig groß.«
    »Hat sie Stress mit irgendjemand?«
    »Nein. Wer soll denn mit einer Elfjährigen ernsthaft Stress haben?«
    Ich verzog das Gesicht. Das wollte die Kleine garantiert lieber nicht wissen. Ich kannte einen Haufen Kinder in dem Alter oder jünger, die tot waren, weil sie mit irgendjemandem Stress gehabt hatten – üblicherweise mit einem Erwachsenen, manchmal auch mit einem Gleichaltrigen oder jemand Jüngerem.
    »Irgendwelche Pädos bei dir in der Nachbarschaft?«
    »Nein. Wir wohnen in Four Oaks.«
    »Dann wären es eben reiche Pädos. Mal recherchiert?«
    »Wie meinst du das?«
    Diese Kids heutzutage.
    »Gib mal bei Google ›Sexualstraftäter Michigan‹ ein. Da gibt es eine ganze Datenbank mit denen, die erwischt wurden, und glaub mir, diese kranken Typen sind viel zu sehr auf das fixiert, was in ihrer Hose abgeht, um daran zu denken, wie riskant es sein könnte, sich das zu holen, was sie zu brauchen glauben. Ich sehe für dich nach; gib mir deine Adresse.«
    »1138 Oakway.« Sie sah mich erwartungsvoll an und fragte dann: »Willst du das nicht aufschreiben?«
    »Wenn das nötig wäre, würde ich es tun.« Vielleicht war das ein bisschen dick aufgetragen – na und? Verklagt mich doch.
    »Hast du eine Telefonnummer, unter der ich dich anrufen kann?«
    »Nö, der Pager reicht. Wirst du sowieso nicht brauchen – ich finde dich.«
    Ich ging davon, kehrte aber noch einmal um. »Ich habe deinen Namen gar nicht mitbekommen.«
    »Arrow. Wie in Pfeil und Bogen.«
    »Okay, Arrow, war nett, dich kennenzulernen. Wie gesagt, ich melde mich.«
    Ich entfernte mich von ihr und meinem Fahrrad. Ich winkte Augenklappe zu, aber er winkte nicht zurück. Tut er nie. Das ist okay – er ist zur Erholung hier, wie alle. Aber deswegen kann man ja trotzdem höflich sein. Ich habe mal das Gerücht gehört, er wäre früher Anwalt gewesen, ein Staatsanwalt, der den ganzen Scheiß, den man bei so einer Arbeit zu sehen bekommt, irgendwann satthatte, und jetzt verbringt er seine Zeithier und füttert die Vögel. Auch gut. Er kommt mir kein bisschen wie ein Perverser vor, und das ist alles, was mich bei einem Typen kümmert, der den ganzen Tag auf einen Spielplatz guckt. Ich weiß nicht, was bei dem im Oberstübchen abgeht, aber auf mich wirkt er nicht verrückt, also bekommt er ein Winken von mir.
    Ich ging außen um den Park herum, hatte aber nicht das Gefühl, dass mir jemand folgte. Sah einen schrägen Vogel auf einer Bank sitzen und energisch Taschenbillard spielen. Wenigstens hockte er an der
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