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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition)
Autoren: Aric Davis
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eine SMS: »Ruf diese Nummer an, wenn du ein Leben haben willst.« Er pingte mich an und der Rest ist Geschichte. Ich habe meinen Dope-Jungen und er hat seine Quelle.
    Seit Gary in seinem Mustang beim Schulabschlussball aufgetaucht war, an jedem Arm ein Mädchen, das er von einer Strip-Stange gepflückt hatte, war er kein Nerd mehr. Er war in der vorletzten Klasse und sogar seine Lehrer zollten ihm Respekt. Gary war mir etwas schuldig, aber das würde er nie abzahlen müssen – abgesehen davon, dass er mein Pot verkaufte und ordentlich Geld für uns beide verdiente. Mein Anteil war natürlich größer als seiner. Heute betrug er knapp über dreitausend Dollar.
    Auf der Rückfahrt pfiff ich vor mich hin, diesmal allerdings nicht, um den Schein zu wahren. Dieses Mal war es nur für mich.

Kapitel 4
    Ich wurde gegen sieben wach und briet mir ein paar Eier. Wenn es eines gibt, was ich daran hasse, dass ich nicht Auto fahren kann, dann die Lebensmitteleinkäufe. Ich kann nicht jedes Mal mit dem Taxi zum Einkaufen fahren, das wäre zu auffällig. Das bedeutet, dass ich mich auf das beschränken muss, was ich in meinem Rucksack befördern kann. Früher bin ich essen gegangen, aber als mir auffiel, wie die Leute mich ansahen, hörte ich damit auf. Auch ein Kind sollte mal ein Steak essen gehen können, wenn ihm danach ist, egal wie alt es ist. Ich aß meine Eier und sah auf den Pager. Arrow hatte angerufen, außerdem eine Nummer, die ich nicht kannte. Ich spülte den Teller ab und stellte ihn in die Spülmaschine.
    Ich habe acht verschiedene Telefonleitungen, die ich benutze, alle an die Häuser meiner Nachbarn angeschlossen. Offen gesagt war das eine ziemlich einfache Gaunerei – nicht so einfach, wie sich bei jemandem ins WLAN einzuklinken, aber abgesehen davon, dass man an die Anschlüsse in den Häusern herankommen musste, war es eine risikofreie Geschichte. Ich achtete darauf, pro Leitung nie mehr als ein paar Anrufe imMonat zu tätigen, und ich hielt sie immer möglichst kurz. Am Anfang habe ich Wegwerfhandys benutzt, aber dann las ich, wie leicht ein Signal abgefangen werden kann. Das hat mir gereicht. Ich wartete einfach ab, bis die Leute in den Urlaub fuhren, und dann zog ich meine erhöhten Stiefel und den Anzug von der Telefongesellschaft an. Früher kannten Nachbarn sich so gut, dass sie darüber gesprochen hätten, wenn die Telefongesellschaft in ihrem Garten buddelte, während sie nicht in der Stadt waren. Zu meinem Glück war diese Zeit längst vorbei.
    Ich rief Arrow auf Leitung zwei an, legte die Füße auf den Computertisch und betrachtete den Vierzigmeilenkreis auf dem Bildschirm. Eine Flut registrierter Straftäter war darin aufgetaucht. Wie viele nicht registrierte? Wie viele, die niemals geschnappt worden waren? Ich schloss den Browser-Tab – vierzig Meilen waren einfach zu viel. Als Arrow sich meldete, bearbeitete ich gerade wieder den Zehnmeilenradius.
    »Hallo?«
    »Du hast angerufen?«
    »Bist du …?«
    »Nicht. Hast du heute Schule?«
    »Ja.«
    »Wir treffen uns im Park, selber Ort, vier Uhr. Weißt du noch?«
    »Ja.«
    Ich legte auf. Falls Arrow glaubte, es würde so schnell gehen, dann erwartete sie ein grausames Erwachen. Ich sah auf den Pager, stöpselte Leitung sieben ein und wählte. Eine Frauenstimme meldete sich.
    »Hallo?«
    »Sie haben mich angepingt.«
    »Oh.«
    »Bibliothek in der City. Erdgeschoss. Belletristik. Ich werde ein Buch von Joe R. Lansdale in der Hand halten. Tragen Sie ein grünes Kleid, damit ich Sie erkenne. Wenn Sie kein grünes Kleid haben, dann tragen Sie irgendwas Grünes, besorgen sich ein Buch von Dan Simmons und kommen zu Lansdale. In einer Stunde.«
    »Was?«
    »In einer Stunde.«
    Ich legte auf. Gut, dass ich schon gegessen hatte. Ich sah meine Chatlogs für shyBoy durch. Schade, dass ich eingeschlafen war – gestern Abend waren noch Haie unterwegs gewesen. Heute Abend würden weitere da sein. Ich duschte, zog Jeans und ein T-Shirt an, auf dem vorne »Hollister« stand, und schlüpfte in meine All Stars. Ich unterschrieb die Schecks auf der Rückseite, setzte mich aufs Fahrrad und fuhr in die Innenstadt. Meine Bank lag auf dem Weg, daher hielt ich zuerst dort an und warf die Schecks zusammen mit einem Einlieferungsbeleg in den Briefkasten. Ich sah auf die Uhr: Ich hatte noch eine Viertelstunde. Ich trat das Gaspedal durch – metaphorisch gesprochen.
    In fünf Minuten war ich an der Bibliothek. Wenn ich schlau gewesen wäre, hätte ich daran gedacht, dass
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