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Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories
Autoren: Ernest Hemingway
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an einem ihrer Griffe in der Gabelung des Baumes auf. Dick legte die drei Äxte auf den kleinen Steg. Dick war ein Mischling, und viele Farmer um den See herum hielten ihn für einen Weißen. Er war sehr faul, aber ein großartiger Arbeiter, wenn er erst mal angekurbelt war. Er nahm ein ziegelförmiges gepreßtes Stück Tabak aus der Tasche, biß einen Priem ab und unterhielt sich auf Ojibway mit Eddy und Billy Tabeshaw.
    Sie bohrten die Enden ihrer Kanthaken in einen der Baumstämme und warfen sich dagegen, um ihn im Sand zu lockern. Sie warfen sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Schäfte ihrer Kanthaken. Der Baumstamm bewegte sich im Sand. Dick Boulton wandte sich an Nicks Vater.
    «Na, Doc», sagte er, «da habt ihr ja ’ne ganz schöne Portion Holz geklaut.»
    «Red nicht so, Dick», sagte der Doktor. «Das ist Treibholz.»
    Eddy und Billy Tabeshaw hatten den Stamm aus dem nassen Sand ausgebuddelt und rollten ihn dem Wasser zu.
    «Stoßt ihn ganz rein!» rief Dick Boulton.
    «Wozu macht ihr das?» fragte der Doktor.
    «Wascht ihn ab. Wegen der Säge, den ganzen Sand runter. Ich will sehen, wem der gehört», sagte Dick.
    Der Baumstamm war gerade unter Wasser. Eddy und Billy Tabeshaw lehnten auf ihren Kanthaken schwitzend in der Sonne. Dick kniete im Sand und besah sich das eingekerbte Zeichen im Holz am Ende des Baumstamms.
    «Er gehört White und MacNally», sagte er im Aufstehen und klopfte sich den Sand von seinen Hosenbeinen.
    Dem Doktor war es sehr peinlich.
    «Dann zersägt ihn lieber nicht, Dick», sagte er kurz.
    «Na, schnappen Sie nur nicht gleich ein, Doc», sagte Dick. «Nur nicht gleich einschnappen. Mir ist es doch gleich, von wem Sie’s klauen. Geht mich ja nichts an.»
    «Wenn du denkst, daß die Stämme gestohlen sind, dann laß sie liegen und mach, daß du mit deinem Kram ins Lager zurückkommst», sagte der Doktor. Sein Gesicht war rot.
    «Nur nicht ohne Patronen schießen, Doc», sagte Dick. Er spuckte Tabaksaft auf den Stamm. Er rann herunter und verdünnte sich im Wasser. «Sie wissen genausogut wie ich, daß sie geklaut sind. Mir ist es doch egal.»
    «Schön, wenn du glaubst, daß die Stämme gestohlen sind, nimm deinen Kram und mach, daß du fortkommst.»
    «Aber Doc –»
    «Nimm deinen Kram und mach, daß du fortkommst.»
    «Hören Sie, Doc.»
    «Wenn du mich noch einmal Doc nennst, hau ich dir eine in die Fresse, daß die Backenzähne fliegen!»
    «O nein, das wer’n Sie nicht, Doc!»
    Dick Boulton sah den Doktor an. Dick war ein starker Kerl. Er wußte, was er für ein Kerl war. Er kriegte gern Krach. Er war glücklich. Eddy und Billy Tabeshaw lehnten auf ihren Kanthaken und sahen den Doktor an. Der Doktor nagte am Bart seiner Unterlippe und sah Dick Boulton an. Dann drehte er sich um und ging den Hügel hinauf der Hütte zu. Man konnte seinem Rücken ansehen, wie wütend er war. Sie beobachteten ihn alle, wie er den Hügel hinauf und in die Hütte hineinging.
    Dick sagte etwas auf Ojibway. Eddy lachte, aber Billy Tabeshaw sah sehr ernst aus. Er verstand kein Englisch, aber er hatte während des ganzen Streits geschwitzt. Er war dick und hatte nur ganz wenig Schnurrbarthaare wie ein Chinese. Er hob die zwei Kanthaken auf. Dick hob die Äxte auf, und Eddy nahm die Säge vom Baum herunter. Sie machten sich auf den Weg und gingen an der Hütte vorbei, durch das hintere Gatter hinaus und in den Wald. Dick ließ das Gatter auf. Billy Tabeshaw ging zurück und befestigte es. Dann verschwanden sie im Wald.
    Als der Doktor in der Hütte in seinem Zimmer auf seinem Bett saß, sah er einen Haufen medizinischer Zeitschriften auf der Erde neben seinem Schreibtisch liegen. Sie steckten noch ungeöffnet im Kreuzband. Es ärgerte ihn.
    «Gehst du nicht wieder an die Arbeit, mein Lieber?» fragte die Frau des Doktors aus dem Nebenzimmer, wo sie bei herabgelassenen Vorhängen lag.
    «Nein.»
    «Ist irgendwas passiert?»
    «Hatte Krach mit Dick Boulton.»
    «Ach», sagte seine Frau. «Hoffentlich hast du dich nicht gehenlassen, Henry.»
    «Nein», sagte der Doktor.
    «Vergiß nicht, daß der, der sich selbst besiegt, größer ist, als der, der eine Stadt erobert», sagte seine Frau. Sie gehörte den Christian Scientists an. Ihre Bibel, ihr Exemplar von Science and Health und ihre Vierteljahreszeitschrift lagen auf einem Tisch neben ihrem Bett in dem verdunkelten Zimmer.
    Ihr Mann antwortete nicht. Er saß jetzt auf seinem Bett und säuberte eine Jagdflinte. Er drückte die schweren gelben
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