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Nichts

Nichts

Titel: Nichts
Autoren: Ben Louis
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hier schon seit vierundzwanzig Stunden? Niemals!
       „Robert!“, brülle ich, wobei mir der Schädel zu explodieren scheint. Ignoriere die Schmerzen und rapple mich irgendwie hoch. Stolpere auf die zertrümmerte Kabine zu. Jeder Schritt tut weh, zetert und weint, sendet unmissverständlich Signale ans Gehirn, fordert eine Unterbrechung meiner Aktion. Doch ich ignoriere und setze den nächsten Schritt… und den nächsten.
       „Robert, Junge!?“, taumle ich.
       Als dann endlich die Kabine erreicht ist, muss ich den Befehlen meines Körpers gehorchen und kraftlos zu Boden sinken. Hier drin sieht’s aus wie auf einem Schlachtfeld. Nichts ist mehr dort, wo es einmal war. Bruchteile, Glassplitter und Stofffetzen wild verstreut, Leitungen und Kabel wabern und brennen leise vor sich hin. Das Heckteil der Kabine ist abgerissen und so kann ich durch das riesige Loch hindurch auf die andere Seite nach draußen schauen. Dort liegt was. Kann nicht erkennen was oder wer… könnte Robert sein.
       „Robert!“, rufe ich erneut.
       Erhalte jedoch keine Antwort. Nichts. Kein Lebenszeichen. Bin zu erschöpft um den Trümmerhaufen zu umgehen.
       Die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten ist die Gerade!
       So kämpfe ich mich auf allen Vieren kriechend - so schnell, wie es die verdammten Schmerzen zulassen - durch dieses Gerümpel.
       Robert! Alles, an was ich jetzt noch denken kann.
       Da greife ich in etwas Weiches. Das lässt mich kurz innehalten. Schaue genauer hin. Kann nichts erkennen, muss erst dieses Blechteil auf die Seite....
       De Noirbouclier!?
       Zumindest ein Teil von ihm, der Oberkörper. Alles unterhalb vom Brustkorb fehlt - komplett abgerissen. Mit weit geöffneten, schwarzen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht liegt der Alte unter diesem scheiß Trümmerhaufen begraben, direkt vor mir. Für einen Moment wird mir bei dem Anblick schlecht. Grauenhaft schlecht. Muss würgen.
       Reiß dich zusammen.
       Jetzt bloß nicht übergeben.
       Ich versuch das grauenhafte Bild auszublenden, fahre herum und quäle mich weiter durch die sperrige Kabine. Hab’ nur Augen für den Jungen dort drüben. Erreiche endlich das Freie.
       „Robert.“, wimmere ich unsicher und taste mich vorsichtig an ihn heran.
       Er atmet. Er lebt! Hektisch entferne ich Trümmerstücke, die quer über ihm liegen, um dann vorsichtig seinen Kopf zu berühren. Es scheint nicht so, als ob er äußere Verletzungen hätte. Doch seine Augenlieder zittern wie Espenlaub, sind blutunterlaufen, haben jeglichen Glanz verloren. Erst jetzt entdecke ich das verkrustete Blut an seinem Hals. Es zeichnet eine fette Spur und muss aus seinen Ohren herausgequollen sein. In Mengen, wie ich an der dunklen, klebrigen Pfütze unter seinem Kopf erkenne.
       Ich knie neben einem sterbenden Mann.
       Doch ich darf es nicht zulassen. Nicht mal dran denken.
       „Alles wird gut.“, beruhige ich und drücke dabei seine Hand, nicht sicher ob er mich hört oder spürt.
       Verdammt, was kann ich tun?
       Aufgelöst schaue ich mich um, suche nach einem Verbandskasten…, oder Helfern. Doch dort liegen nur verkohlte Wrack- und zerstückelte Leichenteile…, zudem befinden wir uns mitten in der Mojave Wüste.
       „Wieso hast du das getan?“, glaube ich zu hören.
       Ich fahre herum.
        Gott, er ist bei Bewusstsein!
       „Robert mein Junge!“
       Er kämpft, versucht weitere Worte rauszubringen. Zittert vor Anstrengung. So beuge ich mich etwas weiter zu ihm vor, will es ihm einfacher machen und besser verstehen. 
       „Wieso lässt du das alles zu?“, wiederholt er.
       Entrüstet starre ich ihn an, „Ich? Ich…“, ringe nach Worten.
       „Wieso lässt du das Böse zu, Brian?“
       Er muss phantasieren, etwas anderes ergibt keinen Sinn. Fieber! Natürlich, er fiebert.
       „Ganz ruhig, mein Junge. Nicht anstrengen. Alles wird gut!“
       Schwach erwidert er meinen Händedruck.
       Das zittern wird stärker, sein Blick seltsam konzentriert.
       „Als Moses Gott zum ersten Mal gegenüberstand“, röchelt er, „fragte er nach seinem Namen. Was soll ich meinem Volk sagen, wer Herr über allem ist.“
       Er wird leiser, schwächer. Sein Atem flattert, doch will nicht aufgeben, hustet.
        „Und Gott meinte… geh zu ihnen und sag… egô eimi ho ôn .“
       „Ist gut mein Junge. Spar deine Kraft!“
       „Ich werde sein, der ich sein werde... Er meinte…, geh hin… und
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