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Nichts gegen Engländer

Nichts gegen Engländer

Titel: Nichts gegen Engländer
Autoren: Ralf Sotscheck
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Bei jedem Gegentor, das die Engländer kassierten, mutierte
der
    Schweizer
- zunächst zu einem an der deutschen Grenze wohnenden Schweizer, dann zu einem
Deutsch-Schweizer, zu einem Deutschen und beim 0:4 zu einem Nazi. Dabei war es
ein Schweizer, Gottfried Dienst, der den Engländern beim Endspiel 1966 gegen
die Bundesrepublik Deutschland ein irreguläres Tor zuerkannt hat. Aber lassen
wir das Thema.
    Bei
Schwimmwettkämpfen, bei denen man stets froh ist, wenn die englischen
Teilnehmer nicht ertrinken, ist das zu harte Wasser schuld. Die englischen
Radfahrer bei der Tour de France haben minderwertige Luft in ihren Rädern. Und
bei Autorennen geben die Reifenhersteller der Konkurrenz immer die gute Ware
und speisen die Engländer mit Ausschuss ab.
    Den
Preis für die abstruseste Ausrede hat sich jedoch die Tenniszunft verdient. Die
englischen Spieler versagen seit Jahrzehnten bei internationalen
Tennisturnieren, weil sie mit den falschen Bällen üben, sagte der Kapitän des englischen
Daviscup-Teams, Jeremy Bates. Dass man darauf nicht früher gekommen ist! Die
Bälle der Firma Slazenger, die seit mehr als hundert Jahren beim legendären
Wimbledon-Turnier benutzt werden, fliegen laut Bates anders als andere Bälle,
denn sie sind langsamer und schwerer - sie sind sozusagen die Medizinbälle der
Tenniswelt. Um sie überhaupt über das Netz zu bringen, muss der Schläger
weicher gespannt werden, damit sich der Spieler nicht den Arm bricht. Weil die
Engländer an das Trumm gewöhnt sind, wundern sie sich natürlich, wenn ihnen im
Ausland die federleichten Bälle um die Ohren zischen.
    Der
Wimbledon-Club hat die Bälle vor zehn Jahren noch schwerer gemacht, damit die
Ballwechsel länger dauern und man für das ZeitlupenTennis mehr Geld von den
Fernsehanstalten kassieren kann. »Der Ball ist steinhart«, sagt Bates. »Für
mich ist es jedes Mal eine Freude, wenn ich mit etwas anderem spielen darf.«
Mit einer elektrischen Eisenbahn vielleicht? Die bahntauglichen Ausreden hat
er ja bereits parat. Bates verlangt nun die gleichen Bälle wie der Rest der
Welt. Die Funktionäre haben angeblich eingelenkt. Slazenger gab dagegen
bekannt, dass der englische Verband mehr schwere Bälle als je zuvor bestellt
habe. Eine Frage bleibt offen: Wenn die Engländer als einzige an die
übergewichtige Kugel gewöhnt sind, warum gewinnen sie dann nicht jedes Jahr das
Wimbledon-Turnier?
    Statt
dessen erfinden sie lieber neue Sportarten, um die nationale Moral zu heben.
Beim Moorschnorcheln und beim Käsewettlauf ist der Engländer unschlagbar, und
der völlig sinnlose Dauerlauf am Rand von Hauptverkehrsstraßen hat auch vor
England nicht haltgemacht. Ulkigerweise hat ihr Freizeitvergnügen einen
traditionell deutschen Namen: »Jogging.«
    Doch
die Engländer würden ihrem Ruf nicht gerecht, hätten sie nicht auch hier eine
perversere Variante zu bieten. Wer in Wessex ahnungslos durch die Wälder läuft,
könnte unverhofft einem Hasen begegnen - allerdings einem zweibeinigen mit
aufgeschnallten, braunen Schlappohren. Das ist ein Grund zur Beunruhigung,
gehört der falsche Hase doch mit Sicherheit einem Team von Verrückten an, die regelmäßig
Jagden organisieren.
    Die
Regeln sind denkbar einfach: Drei Leute, denen der Sinn für Peinlichkeit längst
abhanden gekommen ist, setzen sich die langen Ohren auf und legen für ein Rudel
»Hunde« eine Fährte aus Sägespänen. Die Köter, die in Wahrheit nicht minder
verrückte Zweibeiner sind und pausenlos »on on« bellen, hetzen hinter den
»Hasen« durch Wasser, Wald und Wiese her, um sie zu fangen.
    Die
Jagd auf falsche Hasen ist übrigens keineswegs eine neue Erfindung, Engländer
waren auch früher schon exzentrisch. Bereits Ende der dreißiger Jahre flitzten
schlappohrige Kolonialherren - gefolgt von bellenden Aristokraten - durch die
Wälder Malaysias, um sich die Langeweile zu vertreiben. Die Kolonialisten
trafen sich im Selangor Club, den sie »Hash House« tauften - nicht etwa wegen
gemeinsamen Drogenmissbrauchs, sondern wegen des Kantinenfraßes, der
hauptsächlich aus Gehacktem, also Hash, bestand. Noch heute heißen die
Hasenjagdclubs »Hash House Harriers«. Davon gibt es weltweit mehr als tausend,
die meisten davon in Malaysia und den USA, aber auch im Gorki Park von Moskau,
wo sich das britische Botschaftspersonal der Hasenhatz verschrieben hat.
    In
England sind 93 Vereine registriert. Freilich stößt ihr bizarrer Freizeitspaß
nicht überall auf Verständnis. Die blauen
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