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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman
Autoren: Kevin Maher
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Morgen, verpasste die Beerdigung und alles. Mam sagte, dass es so besser gewesen ist. Dass es mich zu sehr aufgeregt hätte. Aber jetzt denke ich an ihn, an Jack. Genau in diesem Moment. Hier in dieser Küche. Und ich frage mich, ob alles hätte anders kommen können.

1
    Summer Loving
    H elen Macdowell kriegt einen Hockeyball ins Gesicht. So fängt es an. Jawohl. Der Anfang vom Ende. Von hier aus geht’s nur noch bergab. Helen ist wunderschön. Sie hat hellbraune, wellig fließende Haare, die aus ihrer Stirn gelockt nach hinten fallen. Ihr Gesicht ist rund, und ihre Nase ist sanft geschwungen und ein bisschen skischanzig. Ihre Lippen sind dunkelrosa, aber sie glänzen vor Lipgloss. Und ihre Augen, o Gott, ihre Augen sind kristallblau, wirklich ein ganz klares Blau, kein einziger Dreckspritzer ist in dem Blau. Sie ist wunderschön, und sie wird später mal Krankenschwester oder Stewardess oder Detektivin. Das sagt meine Schwester Fiona zumindest, und die muss es ja schließlich wissen. Fiona und Helen haben früher dauernd zusammen rumgehangen, bevor Helen zu schön wurde, um Freunde zu haben. Sie waren mal beste Freundinnen vor langer, langer Zeit und haben sich in die Finger geschnitten und die blutigen Enden aneinandergepresst und so getan, als wären sie Hexen und so Kram. Dann hat Helen einen Busen bekommen und schöne Haare und gute Haut und hörte auf, mit jemand anders rumzuhängen als mit sich selbst.
    Da steht sie also, das schönste Mädchen auf dem schwarz geteerten Platz, mit Schminke und allem Pipapo. Bully eins, Bully zwei und Bully drei sind schon gelaufen, und die Sonne brennt runter und macht den Hockeymädchen ordentlich zu schaffen. Sie schwitzen in ihren kurzen schiefergrauen Sportröcken und ihren engen hellblauen Airtex-Tops, und wir feuern sie von der Seitenlinie aus an.
    Los jetzt, Baby, hängt sie ab, ihr süßen kleinen Flittchen!
    Die Nonnen drehen sich um und gucken böse und zeigen mit Fingern auf uns, und uns könnte es nicht besser gehen.
    Schule aus, Summer Lovin’, Ich will Spaß.
    Und Helen steht einfach da, mitten auf dem Spielfeld. Starrt.
    Ich krieg das anfangs gar nicht mit, aber die Jungs schon.
    Total aus dem Häuschen sagen sie: Ooooooh, Finnegan, sie guckt dich an!
    MICH!? Am Arsch!
    Ja Mann, vielleicht guckt sie dir auch auf den Arsch!
    Aber es stimmt, sie sieht mich geradewegs an. Ich gucke weg und werde dunkelrot. Ich zähle bis fünf und schaue mir das Gras hinter der Seitenlinie an und stelle mir vor, wie meine gesamte Familie durch einen riesigen Fleischwolf gedreht wird wie in diesem Song im Fernsehen. Aber das Komische, als ich wieder aufschaue, ist, dass sie mich nicht wirklich ansieht. Sie will mich nicht anmachen oder so. Ihr Blick ist ganz leer, nur eben auf mich gerichtet.
    Die Jungs drehen natürlich trotzdem total durch, sie sagen, dass sie scharf auf mich ist und meinen Pimmel anfassen will und den ganzen Kram, bloß dass mir schon ein bisschen schlecht von ihrem Gestarre ist. Ihre Lippen kräuseln sich irgendwie nach unten, und ihre kristallblauen Augen sprühen Feuer in meine Richtung. Außerdem sieht sie traurig aus, als ob ich ihr ein bisschen leidtun würde, als ob sie den Kopf schütteln wollte, um zu sagen: Du armes, armes Würstchen. Mir wird schwindelig. Ich muss aufstehen, mich schütteln und wieder weggucken. Ich will nach Hause zu meiner Mam.
    Doch bevor ich irgendwas in der Richtung unternehmen kann, passiert es.
    TSCHACKRRRSCH!
    Heilige Scheiße!, brüllt einer von meinen Jungs, während ein Riesenchaos ausbricht. Helen Macdowell hat gerade einen Hockeyball ins Gesicht gekriegt. Zahnsplitter fliegen durch die Gegend, rote Zahnsplitter. Unter Schmerzen macht sie ihren Mund auf, und man sieht, dass ihre Lippen geschwollen und aufgeplatzt sind und vollgetackert mit roten Zahnstückchen. Vor unseren Augen schwillt ihr Gesicht an. Blut schießt ihr aus dem Mund. Als würde sie sich übergeben, und statt Kotze würde einfach Blut rauskommen. Mary Davit, das Mädchen, das sie getroffen hat, eine riesige Kampfsau von einem Mädchen, sitzt wie ein Häufchen Elend auf dem Boden und weint. Helen weint noch nicht. Sie betastet ihr Gesicht in dem Ver such, die Umrisse ihrer Wunden und Beulen zu erfühlen. Sie ist umringt von Nonnen, die aussehen wie ein aufgescheuchter Elsternschwarm und die anderen Mädchen auf Abstand halten. Sie schwitzen immer noch in ihren Röcken und Tri kots, aber hauptsächlich tuscheln sie oder trösten Mary Davit. Eine von ihnen
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