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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber
Autoren: Justyna Polanska
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jemand würde dort oben bei ihr ein Chaos veranstalten oder gar etwas kaputt machen, ließ mich erschaudern.
     
    Als ich bei der Redakteurin nachfragte, wie lange denn ungefähr der Dreh dauern würde, sagte sie, das würde ganz von mir und meinem Tempo abhängen.
     
    Na toll. Dass ich schnell und gut putzen kann, das weiß ich. Aber ob ich dazu auch in der Lage bin, wenn eine Kamera mich dabei filmt, da war ich mir nicht sicher.
     
    Der Dreh und das anschließende Interview gingen aber glücklicherweise schneller über die Bühne als erwartet. Sogar die Redakteurin lobte meine Professionalität. Auf was genau sie sich dabei bezog, weiß ich heute noch nicht.
     
    Bereits vor den Dreharbeiten wurde ausgemacht und sogar vertraglich festgehalten, dass mein Gesicht verfremdet (»verpixelt«) wird. Das war meine Bedingung. Ansonsten hätte ich diesem Dreh nicht zugestimmt.
     
    Es verging eine gute Woche. Leider wusste ich nicht genau, wann der Sendetermin des Beitrages sein sollte. Ich hatte nur ein vages Zeitfenster bekommen. Die Ausstrahlung solcher Drehs hing immer vom tagesaktuellen Geschehen ab, wurde mir gesagt.
     
    Ich war gerade bei einer netten älteren Dame, bei der ich schon seit Jahren putze. Es war so gegen Mittag, und ich bügelte, als Frau Winkler aufgeregt aus dem Wohnzimmer rief:
     
    »Kommen Sie schnell! Justyna, um Himmels willen, Sie sind im Fernsehen!«
     
    Wie vom Blitz getroffen, ließ ich das Bügeleisen auf die Halterung knallen und lief rüber zu Frau Winkler, die, in ihrem Fernsehsessel sitzend und wild mit den Armen fuchtelnd, in Richtung TV-Gerät blickte. Ich dachte erst, sie hätte mich wohl an der Stimme erkannt, da ich ja unkenntlich gemacht wurde. Und selbst wenn sie es nun wüsste, so schlimm wäre das nun auch nicht, denn die meisten meiner Kunden hatte ich ohnehin schon darüber aufgeklärt. Als ich aber in den Fernseher blickte, traute ich meinen Augen nicht. Das war ich auf dem Bildschirm. Justyna, wie sie leibt und lebt. Ohne Verfremdung. Von Verpixelung keine Spur. Statt verschwommenem Gesicht meine gestochen scharfe Visage.
     
    »Was machen Sie denn da im Fernsehen, Fräulein Justyna?«
     
    »Ich, ich … ich habe ein Buch geschrieben.«
     
    »Wirklich, na, da hatte ich ja keine Ahnung. Toll, dann darf ich Ihnen wohl gratulieren.«
     
    »Danke, ich bügle dann mal weiter.«
     
    Und mit leerem Kopf ging ich zurück ans Bügelbrett. Nach toll und Gratulation war mir in diesem Augenblick so gar nicht zumute. Für mich bedeutete diese Enthüllung meiner Identität eine Katastrophe. Aus vielerlei Gründen. Zum einen, weil ich ja früher noch schwarzgearbeitet hatte und, wie vorhin bereits erwähnt, nun befürchten musste, im Nachhinein angezeigt zu werden. Und zum anderen, weil ich Angst hatte, diejenigen Freunde, Verwandten und Kunden, denen ich noch nichts von meiner »Nebentätigkeit« erzählt hatte, mit meiner Geheimniskrämerei vor den Kopf gestoßen zu haben. Wieder einmal war mir zum Heulen zumute. Aber dafür war auch dieses Mal schlichtweg keine Zeit. Ich musste handeln. Nach ein paar Telefonaten mit dem Verlag hatte ich endlich einen Verantwortlichen des Fernsehsenders an den Apparat bekommen. Frau Winkler hatte ich erklärt, ich müsste mal ganz dringend weg und würde in einer halben Stunde wiederkommen. In Wirklichkeit saß ich unten in meinem Auto und versuchte, mit meinem Handy bewaffnet, ein Desaster abzuwenden.
     
    Die Redakteurin entschuldigte sich mehrmals bei mir und berief sich auf ein großes Missverständnis. Auch heute glaube ich ihr, wobei es auch nicht fernläge, in diesem Fall an Sensationsjournalismus zu glauben, aber ich möchte Menschen nichts Böses nachsagen, ohne Beweise dafür zu haben. Wir einigten uns darauf, dass der Bericht sofort aus dem Programm genommen und weder in der nächtlichen Wiederholung noch in der Abendsendung gezeigt werden würde. Darüber hinaus versicherte sie mir, dass die gesamte Aufnahme eingestampft und somit entsorgt würde. Zu diesem Wort stand sie offenbar auch, denn als ich zwei Stunden später ins Internet schaute, war die Mediathek des Senders von meinem Film bereinigt.
     
    Mein Schock und meine Verunsicherung legten sich danach wieder etwas. Ich sagte mir, dass die Anzahl an Zuschauern um die Mittagszeit beachtlich geringer war als abends. Außerdem war damit auch mein Geheimnis aufgeflogen. Das kam mir irgendwie auch gelegen, da ich meinen Kunden gegenüber eigentlich immer ehrlich sein wollte. Was ich
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