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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber
Autoren: Justyna Polanska
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die ich im Laufe meiner Pressereisen erlebt habe, waren allesamt wesentlich seriöser. Eine Kundin, der ich die Story erzählte und die bei einem bekannten Radiosender als Moderatorin arbeitete, meinte nur: »Na ja, wer bei der Zeitung hängenbleibt, muss bitter sein …«

Der Radio-Battle
    B attle ist eines der wenigen englischen Worte, die auch mir ein Begriff sind. In Offenbach gab es früher sogenannte Hip-Hop-Battles. Jugendliche unterschiedlichster Herkunft haben sich, anstatt sich die Köpfe einzuschlagen, eine Art Rap-Gesangswettbewerb geliefert. Das wurde irgendwann so beliebt, dass man die Straße als Bühne gegen ein Vereinsheim tauschte. Später wurden daraus regelrechte Veranstaltungen, die in mittelgroße Stadthallen verlegt wurden. Mit meiner Schwester waren wir öfters auf solchen Battles. Es war so mitreißend, dass ich am liebsten mitgemacht hätte. Leider hat mir dafür immer der Mut gefehlt.
     
    Meine Chance, mich in einem Battle der etwas anderen Art zu beweisen, bekam ich nach Veröffentlichung meines Buches. Antenne Bayern, der größte deutsche Radiosender, lud mich zu sich ins Studio nach München ein, um ein Interview zu geben. Da ich ohnehin mal Lust hatte, nach Bayern zu fahren, nahm ich die Einladung an.
     
    Ich höre oft und gern auf meinen Bauch. Auch in diesem Fall. Bereits beim Betreten des Studios hatte ich ein verdammt gutes Gefühl. Der Moderator begrüßte mich, sagte mir, wir würden gleich loslegen. Mir war das recht, ich war guter Laune und hatte sowieso keine große Lust auf endlose Vorbesprechungen. Wenn ich Fragen gestellt bekäme, die mir unangenehm sind, würde ich einfach nicht antworten.
     
    Und es ging los. Er begann unser Gespräch mit den folgenden Worten:
     
    »Nicht nur, dass polnische Putzfrauen klauen, jetzt schreiben sie auch noch Bücher.«
     
    Mit einem Augenzwinkern lächelte mich der Moderator dabei an.
    Im ersten Moment war ich perplex. Mir war aber sofort klar, dass er das ironisch meinte. Und da ich ebenfalls ein humorvoller Mensch bin und mir Ironie sehr liegt, fiel meine Antwort entsprechend aus.
     
    »Wenn ich mir eine Putzstelle aussuche, dann nur eine Wohnung oder ein Haus, in dem es viele Wertsachen zu klauen gibt. Sonst lohnt sich die Arbeit für mich doch nicht …«
     
    »Und polnische Putzfrauen können schreiben?«
     
    »Ja, ich habe mir das Schreiben selber beigebracht, vor ungefähr zwei Jahren.«
     
    »Und dann gleich ein Buch?«
     
    »Ja, das Buch habe ich zusammen mit meinem Papagei geschrieben. Er heißt Gustav und hat mir mit meinem holprigen Deutsch geholfen.«
     
    »Was wollen Sie denn mal werden, wenn Sie groß sind?«
     
    »Prinzessin. Und Sie?«
     
    »Auf jeden Fall nicht Putzfrau …«
     
    Und in diesem Stil verlief der Rest unseres Dialoges. Wir beide hatten einen Riesenspaß und mussten teilweise richtig lachen. Es tat gut, endlich mal jemanden zu treffen, der die Dinge auch nicht so bierernst nahm. Ich mochte diesen Mann auf Anhieb. Und er mich anscheinend auch, hatte ich den Eindruck.
     
    Nachdem die Aufnahme des Interviews beendet war, erhob ich mich leichtfüßig von meinem Platz und wollte meinen Kaffee zu Ende trinken, der mir vor Beginn serviert worden war. In diesem Moment hörte ich jedoch den entsetzten Schrei des Moderators:
     
    »NEIN!!! Das Gerät hat nicht aufgezeichnet …!«
     
    So mussten wir unser Interview wohl oder übel wiederholen. Also machten wir uns lachend wieder an die Arbeit. Und das war es wirklich: Arbeit. Denn wir wollten unseren ironischen Battle noch einmal wiederholen. Und es dann immer noch so spontan klingen zu lassen war alles andere als einfach. Da unser Frage-und-Antwort-Spiel mehr Improvisation war als alles andere, fiel der Inhalt im zweiten Anlauf zwar etwas anders aus, aber immer noch gleichermaßen frech und zynisch.
     
    Die einzige Sorge, die wir beide nach Beendigung des Interviews hatten, war, dass vielleicht nicht alle Zuhörer verstanden hatten, dass wir uns gegenseitig auf den Arm nahmen. Dass wir uns einen Radio-Battle geliefert hatten, einen mit einer Menge Augenzwinkern. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, er flirte mit mir. All dies wird kaum über den Äther nach draußen transportiert worden sein. Schade.
     
    Aber die Prinzessin in spe und der, der später mal keine Putzfrau werden möchte, hatten einander den Tag versüßt.

Justyna schwarz auf weiß
    N icht alle Zeitungen blieben objektiv, was das Buch und mich betraf. Manchmal wurden wir
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