Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber
Autoren: Justyna Polanska
Vom Netzwerk:
missbraucht. Nicht im körperlichen Sinne. Zweckentfremdet trifft es da besser. Eines meiner neuen deutschen Lieblingsworte: Zweckentfremdung.
     
    So druckte eine sehr bekannte deutsche Tageszeitung mit vier Buchstaben einen Artikel über das Buch und die schreibende Putzfrau, ohne jemals ein Interview mit mir geführt zu haben. Als Überschrift hieß es dort in großen, dicken Lettern:
»Polanska macht für 30 Euro alles!«
    Hier erübrigt sich wohl jeder Kommentar. Ich gehe als positiv denkender Mensch einfach mal davon aus, dass mich dieses Blatt nicht als Nutte darstellen wollte und es sich in diesem Fall nur um eine unglückliche Formulierung handelte.
     
    Außerdem tröstete es mich sehr, dass bereits zuvor die internationale, seriöse Presse meine Geschichte aufgenommen hatte. Nachdem der Artikel in der Süddeutschen Zeitung herausgekommen war, gab es Berichte in den großen britischen, französischen sowie italienischen Zeitungen und Magazinen. Leider nutzten die meisten dieser Blätter das Buch eher dazu, um sich über Deutschland als müffelnde Supermacht zu mokieren. So wurde ich politisiert. Es sei, so die internationale Presse, lustig und erstaunlich zugleich zu beobachten, dass eine polnische Putzfrau es schaffe, an dem Supersauber-Image des EU-Spitzenstaates Deutschland zu kratzen. Da ja offensichtlich doch eine Menge Dreck unter deutschen Betten schlummere. Da müsse Angela wohl noch ein wenig nachputzen.
     
    Was man den Artikeln dieser Art zugutehalten muss, ist die Tatsache, dass diese stets mit einem Augenzwinkern geschrieben wurden. Und solange Ironie und eine Prise Humor zwischen den Zeilen erkennbar sind, geht für mich diese Art von Berichterstattung in Ordnung.
     
    Obwohl Deutschen-Schelte nichts mit meinem Buch zu tun hat. Mir gefällt es in Deutschland, und ich möchte nirgendwo sonst leben.
     
    Weniger Humor bewies da eine polnische Journalistin, die ein Telefoninterview mit mir führte. Das war so ein typischer Fall von Frontalangriff. Sie wollte mich von vornherein provozieren.
    Bevor wir mit der offiziellen Fragerei begannen, schien sie noch recht locker und aufgeschlossen. Machte einen auf Kumpel. Dann, nachdem sie ihr Diktiergerät angeschaltet hatte, änderte sich ihr Ton schlagartig. Auf einmal war da am anderen Ende der Leitung nicht mehr die nette Freundin, sondern eine unemotionale und unverschämte Frau. Sogar ihre Stimme hatte sich verändert. Von weich und sanft auf hart und eiskalt. In weniger als fünf Sekunden.
     
    »Justyna, ich darf Sie doch Justyna nennen«, sie hatte mich vorher schon längst mit Vornamen angesprochen.
     
    »Ja natürlich.«
     
    »Justyna, Sie schildern in Ihrem Buch die katastrophalen Zustände in Deutschland.«
     
    »Aber das tu ich doch gar nicht …«
     
    »Darf ich zu Ende reden?«
     
    »Äh ja, klar.«
     
    »Also, wenn es für Sie so dermaßen unerträglich in Deutschland ist, warum kommen Sie dann nicht zu uns zurück nach Polen?«
     
    »Moment mal, ich habe immer gesagt, dass mir mein Leben in Deutschland gefällt. Dass ich gerne hier lebe.«
     
    »Ach wirklich? Sie schreiben doch andauernd, dass Sie von dicken deutschen Männern zum Sex gezwungen werden.«
     
    »Wie bitte?! Das habe ich nie behauptet. Wie kommen Sie da…«
     
    »Ach nein? Aber der Deutsche, der Ihnen sein Geschlechtsteil vors Gesicht gehalten hat?«
     
    »Er hat es versucht, aber ich habe mich sofort gewehrt, und danach ist so etwas auch zum Glück nie wieder passiert.«
     
    »Außerdem schreiben Sie, dass polnische Frauen schöner sind als deutsche Frauen …«
     
    »AUCH DAS HABE ICH NIE SO GESCHRIEBEN …«
     
    »Sie schreiben, dass deutsche Frauen sich nicht genug pflegen und zu wenig Wert auf ihr Äußeres legen. Also hat Schönheit für Sie etwas mit Make-up und kurzen Röcken zu tun?«
     
    »Sagen Sie, für welche Zeitung schreiben Sie noch mal …?«
     
    »Ich bin freie Journalistin und schreibe für verschiedene Zeitungen in Polen.«
     
    »Und für welche ist dieses Interview vorgesehen?«
     
    »Können wir erst mit dem Interview fortfahren, bitte?«
     
    »Nein, bevor Sie mir nicht ein paar Fragen beantworten, können Sie das Interview vergessen …«
     
    »Hören Sie, dafür habe ich jetzt keine Zeit.«
     
    »Sie sprechen mir aus der Seele, ich nämlich auch nicht!«
     
    Nach Beendigung meines Satzes hatte ich den Hörer aufgeknallt. Es war offensichtlich, dass diese Frau einen Aufhänger gesucht hatte, um irgendetwas Diffamierendes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher