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Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert
Autoren: Jörg Kastner
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erreichten, war nicht nur eine Schmiede, sondern eine kleine Burg. Sie lag auf einem Plateau am Ende eines unzugänglichen Tals, im Nordosten des Königswaldes. Hier lebten Männer, Frauen und Kinder, die Grimbert froh und erleichtert begrüßten. Sie dankten Wodan für die Rettung ihres Herrn. Eine Kapelle entdeckte Siegfried nicht und auch keinen Priester.
    Als sie von den Pferden stiegen, klagte Wieland über Schmerzen und Müdigkeit. Auf seine Frage nach einem Schlafplatz schüttelte Grimbert den Kopf.
    »Jetzt bleibt keine Zeit zum Schlafen!« sagte er ernst. »Wir müssen uns auf den Kampf mit Reinhold vorbereiten.« Er deutete auf einen länglichen Anbau. »Dort ist die Schmiede. Da treffen wir uns, sobald ich meine Boten und Kundschafter ausgesandt habe.«
    Neugierig ging Siegfried mit seinen beiden Gefährten in die Schmiede. Verwirrt überlegten sie, was sie hier sollten.
    »Waffen für den Kampf schmieden«, meinte Wieland. »Schwertklingen und Speerspitzen.«
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Siegfried, denn in Grimberts Worten meinte er einen geheimnisvollen Klang vernommen zu haben. »Es muß um etwas anderes gehen, etwas Besonderes.«
    Otter gab ihm recht.
    Schließlich erschien Grimbert mit einem großen Rautenschild. Doch der Schild war unvollständig, zwar aus zwei Schichten Lindenholz gefertigt und mit Leder überzogen, aber bar jeder Verzierung.
    »Der Schild muß beschlagen werden, mit dem härtesten Stahl, den ihr schmieden könnt.«
    »Aber dann wird er sehr schwer«, wandte Wieland ein.
    »Das schadet nichts«, erklärte Grimbert. »Siegfried ist kräftig. Sein Arm wird nicht so leicht erlahmen, nicht wenn es gegen Reinhold geht.«
    »Der Schild ist für mich?«
    Grimbert nickte seinem Neffen zu. »Nur du kannst es schaffen, den guten Runenzauber gegen den schlechten zu führen. Du bist ein Abkömmling Wodans, Prinz von Xanten. Falls der Göttervater sich in die Schlacht wirft, dann für dich!«
    »Was sollte ihn dazu veranlassen?« fragte Otter zweifelnd.
    »Der Runenzauber, mit dem ich den Stahl versehen werde.« Grimbert legte den Schild auf einen großen Holztisch. »Und nun an die Arbeit!«
    Der Blasebalg pumpte, die Kohlen glühten, das Feuer knisterte. Für Siegfried war es fast, als hätte es die letzten Tage nicht gegeben. Als sei er noch immer der Jüngling in Reinholds Schmiede, der seiner Schwertleite entgegenfieberte. Wie unwichtig dieses Ereignis doch geworden war! Dabei hatte Siegfried es lange Zeit für den bedeutendsten Tag in seinem Leben gehalten. Aber jetzt ging es um so viel mehr. Er mußte für die Menschen kämpfen, die ihm am Herzen lagen.
    Wieland vergaß seine Müdigkeit. Wenn die Kräfte der Männer doch zu erlahmen drohten, heiterte Otter alle durch seine Scherze auf. Vergessen war das Blut, das an seinen Händen geklebt hatte.
    Grimbert gab seine Anweisungen und wirkte erst zufrieden, als der harte Stahl geformt und von ihm mit drei Runen versehen war. Zwei davon erkannte Siegfried: Fehu und Uruz, die auch das Runenschwert schmückten. Die dritte führte in schlangenähnlichen Windungen zwischen ihnen hindurch.
    »Das ist Sowilo, die Sonnenrune«, erläuterte Grimbert. »Sie verkörpert die Kraft der Sonne, die den Sieg bringen soll. Und sie ist die Rune Balders. Wenn Wodan den Mord an seinem Sohn noch nicht vergessen hat, wird er dem Träger dieses Schildes, dem Nachkommen der Wodanssippe, gegen Lokis Verbündeten beistehen!«
    »Dann ist der Schild fertig?« fragte Siegfried.
    »Nein, erst morgen. In dieser Nacht muß ich ihn den Göttern weihen.«
    Niemand fragte, was er damit meinte. Alle waren zum Umfallen müde. Sie sanken auf einige Heuballen in der Schmiede und fielen in einen tiefen Schlaf, während ein einsamer Grimbert mit dem Runenschild von der Burg fortritt und in den finsteren Nachtwald eintauchte.
    Siegfried träumte schlecht in dieser Nacht. Sieglind und Amke erschienen im Traum. Sie waren nicht mehr in Xanten, sondern in einem düsteren unterirdischen Labyrinth gefangen – im Reich der Totengöttin.
     

     
    Grimbert kehrte am Morgen nicht allein zurück. In seiner Begleitung waren drei Reiter, die er unterwegs getroffen hatten. Boten, die schlechte Kunde brachten. Dieser Tag sollte die Entscheidungsschlacht zwischen Friesen und Niederländern sehen. Reinhold zog mit einem großen Heer gen Norden, um sich König Hariolf zu stellen. Aus allen Richtungen strömten dem niederländischen Kriegsherrn Waffenfähige zu. Sie glaubten, für ihr Land
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