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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk
Autoren: Bernhard Hennen
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nervös über die Lippen und umklammerte sein Schwert fester. Es war noch eine Stunde bis Sonnenunte r gang.
    Plötzlich zersplitterte das Tor. Die Bohlen und Querhölzer fi e len in den Torweg. »Tod den Heiden!« erscholl der Schlachtruf der Normannen, als sie über die Trümmer hinwegsetzten und den Hohlweg stürmten.
    Volker blickte zu dem Krieger bei dem Tongefäß und e r bleichte. Den Mann hatte ein Speer in die Brust getroffen. Kopfüber fiel er von der Mauer zwischen die Angreifer. Jetzt war alles vorbei!
    Volker hob sein Schwert. Mit dem Mut der Verzweiflung hieb er auf die anstürmende Übermacht ein. So oft er einen Gegner niederstreckte, füllte sich augenblicklich wieder die Lücke in den Reihen der Angreifer. Schließlich zerschmetterte ein Ax t hieb seinen Schild. Der Spielmann warf die beiden nutzlosen Hälften zur Seite und packte sein Schwert nun mit beiden Hä n den.
    Macha an seiner Seite kämpfte, als habe sie den Teufel im Leib. Noch nie zuvor hatte er jemanden mit zwei Schwertern gleichzeitig fechten sehen. Wie Hagelschlag prasselten ihre Hiebe auf die Angreifer. Ihre Klingen durchschnitten Kette n hemden, Schilde und Helme, als seien sie nur dünnes Perg a ment. Sie war wahrlich eine Kriegsgöttin. Ein Dutzend Männer mußten schon unter ihren Klingen gefallen sein, als sie ein Speer in den Oberschenkel traf. Ihr Bein knickte zur Seite, und eine Schwertklinge durchbrach ihre Deckung und bohrte sich tief in ihre Brust. Sofort sprang einer der Krieger aus der zwe i ten Reihe vor, um die Lücke zu schließen, doch sein Geschick reichte bei weitem nicht an das Machas heran. Er führte nur ein paar Hiebe, bis ihm ein Streitkolben den Schädel zerschmette r te.
    Aus den Augenwinkeln sah Volker eine weiß gewandete G e stalt auf der Mauer. Es war Gunbrid! Sie trug in der Rechten eine Fackel. Mit einem Tritt schickte sie das runde Tongefäß die Mauer hinab. Klirrend zerbrach es zwischen den Angreifern. Für einen Herzschlag lang verstummte der Schlachtlärm. Ein Normanne schleuderte seine Axt nach der Burgundin, doch die Waffe verfehlte sie. »Für Macha!« rief die Priesterin und schleuderte die Fackel in das zerborstene Tor. Fauchend schl u gen die Flammen bis zur Mauerkrone hinauf. Die Hitze nahm Volker den Atem. Erschrocken wich er zurück.
    Schreiend versuchten die Normannen, durch das Tor zu en t kommen. Einige von ihnen starben binnen eines Herzschlags in der Gluthitze, andere wanden sich schreiend am Boden und erlitten Qualen wie im Fegefeuer, bevor sie starben. Nur drei Krieger entkamen unverletzt der Flammenhölle . Sie warfen ihre Waffen zu Boden und baten um Gnade, doch Ambiorix und die beiden verbliebenen Kämpfer stachen sie ungerührt nieder.
    Müde ließ Volker sein Schwert sinken. Ein letztes Mal hatten sie gesiegt. Es würde mindestens eine Stunde dauern, bis die Flammen verloschen und die Normannen noch einmal angre i fen konnten.
    Die Priesterinnen hatten Macha zu den stehenden Steinen in der Mitte des Heiligtums getragen. Volker ging zu ihnen hinauf und beobachtete, wie sie den tiefen Schnitt am Bein abbanden und versuchten, die Brustwunde zu versorgen. Noch immer steckte das Schwert des Normannen im Leib der Rabengöttin.
    »Wir können es nicht herausziehen«, erklärte die alte Priest e rin Volker. »Wenn wir es tun, lebt sie nur noch wenige Ate m züge lang. Lassen wir es jedoch stecken, wird sie einen oder zwei Tage lang schreckliche Schmerzen leiden und dann ste r ben. Das einzige, was wir noch tun können, ist, sie nach Tire Narrt Beo, auf die Insel der Lebenden, zu bringen. Heute nacht wird der Vollmond hoch am Himmel stehen. Dann heben sich die Nebel, und der Weg dorthin wird für ein paar Stunden o f fenstehen.«
    »Wo liegt diese Insel? Ist es sehr weit bis dorthin?«
    Die Alte schüttelte den Kopf. »Weit ist es nicht, Spielmann, und doch ist die Insel unerreichbar für dich. Nur Priesterinnen können den Weg finden, und selbst wir können die Gestade von Tire Nam Beo nur betreten, wenn das alte Volk es wünscht. Wir werden den Durchgang nehmen, den unsere Vorfahren durch den Hügel getrieben haben. Sie wußten, daß einmal der Tag kommen würde, an dem wir dem Sumpf das Land zurüc k geben müßten, das wir ihm abgetrotzt hatten. Am Ende des Tunnels gibt es eine Höhle, in der einige flache Boote liegen. Wir müssen eine verborgene Felspforte aufstoßen und werden dann an der Westseite des Hügels dicht über dem Wasser he r vorkommen. Die Nacht und der Nebel
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