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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk
Autoren: Bernhard Hennen
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dichten Nebels schwe i gend den Mauern zu nähern. Bischof Jehan hatte sein Heer in zehn Gruppen unterteilt. Die Verletzten und ein Teil der Knechte blieben im Lager zurück. Sie sollten dort die Feuer schüren und soviel Lärm machen wie eine ganze Armee, die ihr Frühstück einnahm und sich auf einen neuen Belagerungstag vorbereitete.
    Die hunnischen Bogenschützen und die Schleuderer von den Balearen waren als Späher vorausgeschickt worden. Sobald der Angriff auf die Mauern begann, würden sie den Rittern und Lanzenträgern Deckung geben, indem sie jeden beschossen, der sich auf den Mauern zeigte. Acht Einheiten von Fußkämpfern würden die Mauern zur gleichen Zeit von acht verschiedenen Seiten angreifen. Jehan und seine Berater gingen davon aus, daß die Feen nicht mehr genügend Krieger hatten, um die ga n ze Mauer zu bemannen, so daß es ein leichtes sein würde, in die Stadt einzudringen, wenn man an vielen Orten zugleich angriff.
    Sobald eine Gruppe innerhalb der Wälle Fuß gefaßt hatte, sollte sie versuchen, sich bis zum Stadttor durchzuschlagen, um es für die Reiter zu öffnen, die als Reserve in der Nähe des L a gers warteten.
    Golo war von seinen Wächtern zur Einheit des Bischofs esko r tiert worden. Der Trupp bestand fast ausschließlich aus Rittern. Sie sollten nahe dem Stadttor angreifen, und Jehan erwartete nicht weniger, als daß seine Männer die ersten wären, die auf der Mauer der feindlichen Stadt stehen würden.
    Die aufgehende Sonne tauchte den Nebel in ein unheimliches, rotes Licht. Irgendwo in den Sümpfen erhob sich laut schna t ternd eine Ente zum Himmel. Golo hatte gemeinsam mit drei anderen Rittern eine Leiter geschultert. Allein ihre Gruppe führte zehn Sturmleitern mit sich, und auch die anderen Abte i lungen waren mit Wurfankern und Leitern ausgerüstet. Dem jungen Ritter war übel. Außer ein paar Bissen alten Brots hatte er nichts herunterbekommen. Mißtrauisch blickte er zu seinen beiden Aufpassern, die ein wenig seitlich von ihm gingen. Vie l leicht bildete er sich ja alles nur ein, und die zwei Männer w a ren wirklich zu seinem Schutz abgestellt? Er wünschte sich, B e rengar würde noch leben. Mit dem Ritter aus Armorika an se i ner Seite würde er sich jetzt sicherer fühlen.
    Dunkel erhob sich vor ihnen die Stadtmauer aus dem Nebel. Der Bischof zog sein Schwert und hob den Arm. Die Kolonne der Krieger kam zum Stehen. Offenbar hatten die Verteidiger sie immer noch nicht bemerkt. Der Nebel, der die Stadt für Jahrhunderte vor neugierigen Blicken bewahrt hatte, würde ihr heute morgen zum Verhängnis werden.
    Jehan schien sich noch ein letztes Mal mit seinen Beratern zu besprechen. Quälend langsam ging die Zeit dahin. Würde nur endlich der Angriff beginnen! Golo hatte das Gefühl, er müsse sich jeden Moment erbrechen. Verstohlen blickte er zu den a n deren Kriegern hinüber. Einige hatten sich auf den Acker g e setzt und dösten vor sich hin. Andere wirkten unruhig und prüften immer wieder ihre Waffen. Ein verrutschendes Kette n hemd oder ein offener Kinnriemen an einem Helm konnten im Gefecht den Tod bedeuten.
    Endlich winkte der Bischof nach seinem Hornisten. Das A n griffssignal erklang. Fast augenblicklich ertönten auch rechts und links von ihnen Kriegshörner im Nebel. Dann war das Si g nal auf allen Seiten der Stadt zu hören.
    Jehan hob sein Schwert zum Himmel. »Tod den Heiden«, rief er mit tönender Stimme. Die Ritter und Söldner nahmen seinen Schlachtruf auf. Dann begannen mehr als tausend Krieger den Angriff auf die Stadt.

    »Sag das noch einmal«, fauchte Volker wütend.
    Der junge Krieger wagte es nicht mehr, ihm in die Augen zu sehen. »Die zwanzig Kämpfer, die Ihr als Reserve abgestellt habt, sind nicht mehr da, mein König. Macha ist diese Nacht gekommen und hat den Männern den Befehl gegeben, die Stadt zu verlassen. Ich weiß auch nicht, wo sie jetzt sind und was sie tun.«
    Der Spielmann faßte sich an den Kopf. Das gab es nicht! Wenn er es nicht besser gewußt hätte, würde er sagen, daß Macha es den Angreifern leichter machen wollte, über die Mauern zu kommen. Was zum Teufel sollte dieser sinnlose Befehl? Ohne die Verstärkung würde er den ersten Mauerring nicht einmal eine halbe Stunde halten können.
    »Komm mit mir! Wir sind jetzt die Reserve!« Volker hatte sich eines der wenigen Pferde besorgt, die es in der Stadt gab. Auf einer Insel inmitten der Sümpfe brauchte man keine Reittiere. So gab es nur wenige Arbeitspferde, die im
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