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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story
Autoren: Katrin Lankers
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unsere Angebote«, lese ich halblaut
vor, was dort neben einem Bild der Freiheitsstatue geschrieben
steht. Es dauert einen Moment, bis ich schalte,
dann falle ich Maja um den Hals.
    »Genial«, jubele ich.
    »Es könnte klappen«, schränkt Maja bescheiden ein.
    »Das wird klappen!«, bin ich überzeugt. Kaum etwas ist
meiner Mom wichtiger als meine schulischen Leistungen.
Und meine Englischnoten sind nach wie vor – gelinde gesagt –
unterirdisch. Mit Ach und Krach habe ich es dieses Schuljahr
geschafft, keine Fünf im Zeugnis zu kassieren und mich auf
eine Vier zu retten. Doch Herr Weckmann, unser Englischlehrer,
hat mehrmals betont, dass es nur eine schlechte Vier
sei. »Nächstes Jahr musst du dich wirklich ranhalten!«, hat
er mir eingeschärft. Meine Mom wird jedenfalls begeistert
sein, wenn ich endlich »die Initiative ergreife«, wie sie selbst
so schön sagt, um mein Englisch aufzumöbeln.
    »Los«, treibe ich Maja an. »Lass mal sehen, was die alles im
Angebot haben.«
    Wie immer erweist sich Maja als Recherchekönigin und
schon nach kürzester Zeit haben wir eine breite Auswahl an
Anbietern für Schülersprachkurse gefunden. Teuer sind sie
alle, aber für die Bildung ihrer Tochter kann meine Mom
ruhig mal ein bisschen Geld springen lassen, finde ich. Hoffentlich
sieht sie das genauso.
    »Druckst du mir das aus?«, bitte ich Maja.
    Maja reicht mir gerade einen Stapel eng bedruckter Seiten,
als die Zimmertür vorsichtig geöffnet wird.
    »Du bist ja schon wach.« Zuerst erscheint Frau Brandts
dauergewellter Kopf im Türspalt, dann schiebt Majas Mutter
ihren fülligen Körper im geblümten Bademantel hinterher.
    »Oh, Niki, guten Morgen. Was machst du denn um diese
Zeit schon hier?« Sie klingt verwundert, aber freundlich.
Majas Eltern sind es gewohnt, dass ich zu den unpassendsten
Uhrzeiten bei ihrer Tochter rumhänge.
    »Wir haben nur schnell im Internet was für die Schule rausgesucht«,
gibt Maja als wenig erhellende Erklärung ab, während
ich mir verstohlen über die Wangen reibe, damit Frau
Brandt die Spuren meiner nächtlichen Heulexzesse nicht bemerkt.
    »Möchtest du mit uns frühstücken?«, fragt mich Majas
Mutter gut gelaunt. »Es gibt Eier mit Speck. Und natürlich
jede Menge gesundes Müsli«, fügt sie mit einem Seitenblick
zu ihrer Tochter hinzu.
    Die Versuchung ist groß. Ich bin furchtbar gern bei Majas
normaler Familie: Vater, Mutter und drei Kinder, die sich alle
um den großen Tisch in der biederen Landhausküche, Modell
Eichenfurnier, drängen. Aber heute habe ich noch etwas
anderes vor. Ein Blick auf die Zeitanzeige meines Handys
gibt mir recht.
    »Danke, aber ich muss mich beeilen, wenn ich meine Mom
noch erwischen will, bevor sie in die Galerie fährt.«
    Ich drücke Maja kurz, aber fest an mich und nicke Frau
Brandt zu. Im Rausgehen stopfe ich den Stapel Blätter in
meine Tasche.

Aus unserer Küche weht mir der Duft von frischem Kaffee
und aufgebackenen Croissants entgegen. Verblüfft bleibe
ich in unserem schwarz-weiß gefliesten Hausflur stehen. Seit
wann macht meine Mom sich ein derart aufwendiges Frühstück?
Sogar am Samstag hat sie es normalerweise morgens
so eilig, dass die Zeit kaum für ein Glas Wasser reicht. Meine
Mutter ist nämlich eine notorische Langschläferin und deshalb
immer zu spät dran. Eigentlich müsste sie auch jetzt bereits
auf dem Weg zum Auto hektisch um mich herumwuseln
und ihre Schlüssel suchen. Stattdessen höre ich Geschirr
klappern und Mom leise vor sich hin summen. Wie bitte?
Meine Mutter summt frühmorgens ein Lied? Irgendetwas
läuft hier grundfalsch!
    Langsam nähere ich mich der angelehnten Küchentür und
versuche, meine Mutter durch den Türspalt zu beobachten.
Dummerweise stoße ich dabei gegen die alte Holztür, mit
einem vernehmlichen Knarren schwingt sie auf und macht
meine Spionageversuche zunichte. Mom, die sich gerade mit dem Rücken zu mir an der Kaffeemaschine zu schaffen gemacht
hat, dreht sich um und mustert mich mit einem Blick,
der irgendwo zwischen Erstaunen und Erschrecken angesiedelt
ist. Eilig rafft sie mit einer Hand ihren bunt gemusterten
Seidenkimono vor ihrem üppigen Busen zusammen und
fährt sich mit der anderen durch ihre zerzauste hennarote
Kurzhaarfrisur.
    »Niki, was machst du denn hier?«
    Komisch, dass ich ihr gerade genau dieselbe Frage stellen
wollte!
    »Ich wohne hier«, gebe ich etwas patzig zur Antwort. Mist,
das ist kein guter Einstieg für unser »Mom, ich muss unbedingt
nach New York«-Gespräch. Aber
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