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Neues vom Erlengrund: Mias schwerster Ritt (Reiterhof Erlengrund)

Neues vom Erlengrund: Mias schwerster Ritt (Reiterhof Erlengrund)

Titel: Neues vom Erlengrund: Mias schwerster Ritt (Reiterhof Erlengrund)
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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saß und Uli zum Abschied winkte, konnte sie ein Tränchen nicht zurückhalten.
    »Verdammt«, schniefte sie. »Jetzt fang ich tatsächlich an zu heulen !«
    Mit einem Grinsen reichte Ulrike ihr ein Päckchen Papiertaschentücher.
    »Komm gut nach Hause«, sagte sie. »Und melde dich mal wieder !«
    Mia putzte sich die Nase und nickte. Dann pfiff sie Findus, nahm ihn zu sich in den Sattel und wendete Tam. Der Schimmel schien sich darauf zu freuen, dass es los ging. Er griff weit aus und fiel schon nach wenigen Metern in einen lockeren Trab. Mia gelang es gerade noch, sich im Sattel umzudrehen und Ulrike ein letztes Mal zuzuwinken, da verschwand der Kirschgartenhof schon hinter hohen Bäumen.
    »Ach, Tam …«, seufzte sie und klopfte ihm den Hals. »Es ist so gut, dass es dich gibt! Komm, lass uns fliegen !«
    Tam sprang in einen kräftigen Galopp. Der Wind trieb Mia die Tränen in die Augen. Sie hielt Findus fest im Arm, gab Tam die Zügel hin, stellte sich in die Steigbügel und machte sich ganz leicht. Der Weg war weich gefedert und führte scheinbar endlos weit geradeaus. Tam flog darüber hinweg, als könnte nichts und niemand ihn jemals aufhalten.
    Mia wählte einen Weg an der Ostseeküste entlang. Die Sonne schien warm, es war trocken und mild. Es war ein herrlicher Tag. Er gehörte nur ihr. Sie schloss die Augen und spürte die Kraft und Wärme ihres Pferdes.
    Ich möchte immer so weiter reiten, dachte sie. Bis ans Ende der Welt. Und noch viel weiter.
    Am Ende des Weges verlangsamte Tam das Tempo. Er prustete mit weit geöffneten Nüstern. Mia ließ Findus herunter, der begeistert kläffte , als hätte ihm der Galopp riesigen Spaß gemacht.
    »Riecht ihr das ?« Mia parierte Tam durch. »Das ist das Meer !«
    Sie breitete die Arme aus und holte tief Luft. Tam stand still wie ein Denkmal und witterte die würzige Seeluft. Mit erhobenem Kopf schaute er über das weite Meer. Als Mia eine Hand auf seinen Hals legte, stieß er ein triumphierendes Wiehern aus.
    Mia fühlte sich so glücklich wie lange nicht mehr. Früher war sie oft mit Tam losgeritten. Einfach der Nase nach und ohne festes Ziel. In letzter Zeit waren diese Ritte seltener geworden, ohne dass sie sagen konnte, woran das lag. Sie lenkte Tam einen schmalen Pfad hinunter bis an den Strand und hielt dort an. Dann ließ sie sich aus dem Sattel gleiten und legte ihre Hand leicht auf Tams Schulter. Ganz ruhig blieben sie und der Schimmel Seite an Seite stehen und schauten versunken auf die glitzernden Wellen, die träge an das flache Ufer schwappten.
    Findus setzte sich in den weichen Sand.
    Wir haben so viel Zeit, dachte Mia lächelnd. Wir haben alle Zeit der Welt.
    Ihre Gedanken flogen zu Sebastian, und plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie ohne Angst an ihn denken konnte. Sie spürte keine Panik mehr, sondern fühlte sich stark und zuversichtlich und unendlich mutig. Sie musste vor nichts mehr Angst haben.
    Mit liebevollem Blick schaute sie ihrem Pferd in die tiefen, dunklen Augen. Sie wusste, dass ein großes Stück der Stärke, die sie spürte, von Tam ausging. Sie fühlte sich eins mit ihrem Pferd. Es war wie Magie.
    »Kommt«, sagte sie leise. »Lasst uns nach Hause reiten .«

    In den Mittagsstunden erreichten sie den Reiterhof Erlengrund. Auf dem Hof war es ruhig. Auf dem kiesbedeckten Vorplatz stand nur der dunkelgrüne Jeep des Reitlehrers.
    Mia klopfte Tam den Hals und saß ab. Als sie die Stalltür aufschob, schlüpfte Findus hindurch. Im Stall wieherte ein Pferd. Tam antwortete mit einem Brummeln.
    Es war schön, wieder auf Erlengrund zu sein, fand Mia. Hier war ihr Zuhause.
    Sie führte Tam in den Stall und nahm ihm vor der Sattelkammer den Sattel ab, als sie plötzlich ein leises, unterdrücktes Fluchen hörte. Rasch führte sie Tam in seine Box, streifte ihm das Zaumzeug ab und warf ihm eine Handvoll heu hin. Als ihr Blick in die Nachbarbox fiel, erschrak sie. Pirouetta lag im Stroh. Ein Stöhnen kam aus ihrer kehle. Rolf Lehmann kniete neben ihr. Auf seinem Gesicht glänzten Schweißperlen.
    »Gott sei Dank, Mia !« , sagte er. »Dich schickt der Himmel! Ich brauche deine Hilfe Pirouetta hat eine Kolik. Der Tierarzt ist schon unterwegs, aber sie muss aufstehen. Komm her und pack mit an !«
    Mia sah Pirouettas aufgeblähten Leib. Das Fell der Stute war nass vom Schweiß und aus ihrer Kehle kam erneut ein dumpfes Stöhnen. In Mias Kopf überschlug sich alles, was sie über Koliken bei Pferden gelernt hatte. Die Gedärme drohten sich zu
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