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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Autoren: Sven Regner
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beschrieb ihm den Weg und ließ ihn schließlich neben einem Neubau an der Hochstraße, die am Bahnhof vorbei nach Walle führt, halten.
    »Hier ist gut.«
    »Wohnst du da alleine?« fragte Frank neugierig
    »Ja. Wieso?«, sagte Harry mißtrauisch.
    »Nur so«, sagte Frank. »Nur so.«
    »Ja«, sagte Harry. »Dann mach’s mal gut. Viel Spaß beim Bund!« Er stieg aus, drehte sich dann aber noch einmal um und starrte von draußen in das Auto hinein.
    »Wieso geht einer wie du zum Bund? Du bist doch mehr so der Hippietyp? Warum hast du nicht verweigert?«
    »Weiß nicht«, sagte Frank. »Hab’s verpennt.«
    »Ganz schön blöd«, sagte Harry.
    »Ich weiß«, sagte Frank, und dann warf Harry die Tür zu, und er war wieder alleine mit sich und seinen trüben Gedanken.
2 . SERBISCHES REISFLEISCH
    Nach Hause wollte Frank jetzt nicht mehr. Es war Mittagszeit, und der Gedanke, zu Hause auf seine Mutter zu treffen, die demnächst von ihrem neuen Halbtagsjob in einem Imbiß am Bahnhof zurück sein mußte, schreckte ihn ab. Aber Hunger hatte er, und deshalb beschloß er, zur Universität zu fahren, um in der Mensa etwas zu essen, er hatte das schon einige Male gemacht, und es schien ihm eine gute Gelegenheit, unter Menschen zu sein, ohne mit jemandem reden zu müssen. Es sei denn, Martin Klapp ist da, dachte er, das kann man bei der Mensa nie wissen, schließlich ist er Student, dachte Frank hoffnungsvoll, die Mensa ist sein natürliches Umfeld. Martin Klapp zu treffen wäre gut, er ist aber auch der einzige Mensch, den man an einem solchen Tag ertragen kann, Martin ist gut, dachte Frank, Martin ist entspannt, er ist vor allem nicht Harry, damit geht’s schon mal los, Harry ist alles andere als entspannt, dachte er, und Martin weiß, wer Harry ist. Martin könnte man erzählen, daß man Harry getroffen hat, ohne allzuviel erklären zu müssen, dachte er, und dann war er am Stern, wo immer die Studenten an der Straße zur Uni standen und darauf warteten, daß man sie mitnahm, und er entschloß sich, genau das zu tun. Wenn man schon ihr verbilligtes Essen ißt, ohne Sozialwerkgebühren zu zahlen, dachte er, dann sollte man wenigstens einigen von ihnen eine kostenlose Fahrt spendieren, das ist nur fair, dachte er. Sein Bruder hatte ihm das alles mal erklärt, damals, als er noch in Bremen studiert hatte, bevor er Knall auf Fall alles hingeworfen hatte und nach Berlin gegangen war. Damals hat Manni sich noch für solche Sachen interessiert, dachte er, damals hat er sich überhaupt für alles mögliche interessiert und von allem möglichen erzählt, dachte er, denn seit sein Bruder in Berlin wohnte und Künstler war, war Frank sich da nicht mehr so sicher, sie sahen sich selten, und ihre Telefonate wurden immer komischer.
    Er hielt also am Stern und drehte sich um, um zu sehen, wer einstieg. Es warteten dort viele Studenten, es ist Mittagszeit, dachte Frank, darauf können sich wahrscheinlich alle einigen, und es schien ein System für das Trampen zu geben, denn es gab keinen Streit unter den Wartenden, es waren genau vier Leute, die auf seinen Wagen zurannten. Die erste, die ihn erreichte, war ein Mädchen, das die Tür öffnete und den Sitz nach vorn klappte, damit die Nachfolgenden hinten einsteigen konnten.
    »Hallo«, sagten die drei auf das Mädchen nachfolgenden Jungs, jeder nacheinander, als sie einstiegen. Dann klappte das Mädchen den Sitz zurück und setzte sich neben ihn. Frank fuhr los.
    »Wo fährst du hin?« fragte das Mädchen.
    »Zur Mensa.«
    »Das ist gut«, rief einer von hinten, »da wollen wir auch hin.«
    »Schon klar«, sagte Frank. Sie halten mich für einen Studenten, dachte er, aber für einen komischen, wegen meiner Haare, so einen Scheißhaarschnitt hat man als Student eigentlich nicht. Martin Klapp hatte ihm die Haare am vergangenen Samstagabend eigenhändig für die Bundeswehr zurechtgeschnitten, Ohren und Kragen frei usw., »Ich kann das«, hatte er gesagt, und das Ergebnis war so furchtbar gewesen, daß Frank sogar seiner Mutter erlaubt hatte, einiges daran zu korrigieren, was die Sache aber auch nicht viel besser gemacht hatte.
    »Studierst du auch Germanistik?« fragte das Mädchen.
    »Nein. Wieso?«
    Frank sah sie kurz an. Sie war sehr klein und sehr dünn, und sie hatte sehr lange, glatte, blonde Haare, so lang, daß sie auf ihren Beinen auflagen, wenn sie saß, aber sie ist ja auch nicht sehr groß, dachte Frank, da gehen die Haare schnell mal bis zu den Beinen. Sie kurbelte das Fenster
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