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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Autoren: Sven Regner
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gar nicht sicher war, er hätte gerne irgendwas anderes gemacht, aber nichts mit Harry, soviel stand fest.
    »Nach Hause? Wo denn?«
    »Bei meinen Eltern.« Erst sieht man Harry jahrelang nicht, dann trifft man ihn ausgerechnet einen Tag bevor man zum Bund muß, und dann schafft er es sofort, einen fertigzumachen, dachte Frank, er schafft es auch auf der geistig-seelischen Ebene, dachte er, den Finger dahin zu legen, wo es weh tut.
    »Kannst du mich mitnehmen? Eben kleinen Umweg machen?«
    »Wohin denn?« sagte Frank.
    »Hab ich doch gesagt«, sagte Harry, und es schien Frank, als hätte sich ein verärgerter Unterton bei ihm eingeschlichen. »Ich wohn am Bahnhof, in der Nähe da.«
    »Ja klar, kein Problem.«
    »Okay, gehen wir.«
    Harry ging voraus, und Frank folgte ihm.
    »Verstehst du gar nichts von Autos?« fragte Harry ihn über die Schulter hinweg.
    »Nein.«
    »Scheißkarre.« Harry ging auf dem Parkplatz zu einem alten Ford Capri und trat gegen seine Tür. »Gerade erst gekauft, die Scheißkarre. Der Arsch kann sein Testament machen.« Er guckte Frank an, als erwartete er einen Kommentar.
    »Vielleicht solltest du den ADAC rufen«, schlug Frank vor.
    Harry sah ihn an und lachte. »ADAC?«
    »Naja«, sagte Frank vage.
    »ADAC? Den Scheiß-ADAC? Ich? Bin ich Mitglied im ADAC, oder was?«
    »Naja, dann nicht«, sagte Frank.
    »Ich brauch keinen Scheiß-ADAC, Alter. Der Arsch holt das
    Schrottding ab und stellt mir ‘ne neue Karre hin. Gerade erst gekauft, das Scheißding.« Er trat noch einmal gegen das Auto und noch einmal, dann verlor er das Interesse.
    »Wo ist dein Auto?«
    Frank zeigte es ihm. Harry warf den Rest seiner Pommes ins Gebüsch, und sie stiegen ein.
    »Ist das ‘n guter Wagen?«
    »Ist okay«, sagte Frank. »Fährt und so.«
    »Wo hast du den her?«
    »Von meinem Bruder, der hat ihn mir vor einem Jahr überlassen. Wollte ihn nicht mehr. Braucht kein Auto mehr, hat er gesagt.«
    »Dein Bruder? Was macht der denn so?«
    »Ist in Berlin«, sagte Frank. »Macht Kunst.«
    »Kunst?« Harry lachte. »Was denn für Kunst?«
    »Der macht so Objekte, weiß nicht, so Skulpturen und so.«
    Harry lachte wieder. »Objekte? Ist der ne Schwuchtel, oder was? Der ist doch keine Schwuchtel, dein Bruder.«
    »Nee, ist er nicht.«
    »Der hat mir mal was auf die Schnauze gehauen«, sagte Harry, und es klang nach einem echten Kompliment. »Das war früher irgendwann, bevor ich bei den Lizzards war.«
    »Ach so«, sagte Frank, der nicht genau wußte, was die Lizzards waren, wahrscheinlich eine Konkurrenz der Sil-verbirds, dachte er, aber er fragte lieber nicht nach. Es ist besser, nicht allzuviel über Harry und die Lizzards zu wissen, dachte er.
    Sie fuhren los Richtung Bahnhof und schwiegen eine Weile nebeneinander her.
    »Wieviel PS hat der?« fragte Harry schließlich.
    »Weiß nicht«, sagte Frank.
    »Sowas weiß man doch«, sagte Harry. »Kadett. Kadett taugt nicht viel. Kannst du wegschmeißen.«
    »Naja, er fährt«, sagte Frank vorsichtig.
    »Ja«, sagte Harry. »Wieso bist du nicht arbeiten?«
    Der Themawechsel kam unerwartet für Frank. Er macht es schon wieder, dachte er. Und immer da, wo’s weh tut. Das könnte ich dich auch fragen, hätte er gerne gesagt, aber er tat es lieber nicht. Er erinnerte sich noch gut an einige Leute, denen Harry, schon bevor sie sich aus den Augen verloren hatten, die Nase zu Brei geschlagen hatte, weil sie die falsche Frage gestellt hatten. Inzwischen schien er selbst auch einiges eingesteckt zu haben. Frank bemerkte die Narben in seinem Gesicht und daß seine Nase ziemlich unförmig und schief war.
    »Ich hab frei. Muß morgen zum Bund.« Es schmerzte Frank, das sagen zu müssen, es klang so lächerlich.
    »Ach darum hast du so kurze Haare. Hatte mich schon gewundert. Du bist doch eigentlich mehr so der Hippietyp. Sieht auch scheiße aus. Bund. Da wollte ich auch mal hin.«
    »Ich weiß«, sagte Frank. Harry hatte früher viel davon erzählt, daß er Zeitsoldat werden wollte.
    »Die wollen mich aber nicht mehr.«
    »Schon klar.«
    »Wieso?« fragte Harry scharf und sah ihn an.
    »Wieso was?« gab Frank möglichst harmlos zurück. Bei Harry darf man nicht leichtsinnig sein, dachte er.
    »Wieso schon klar? Was ist daran klar?«
    »Nix, ich meine, schon klar, also, irgendwie, was weiß ich, sei doch froh.«
    »Hm … «
    Harry brütete eine Weile vor sich hin. Frank konzentrierte sich auf die Straße. »Wo genau?« fragte er, als sie sich dem Bahnhof näherten.
    Harry
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