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neue SF 1

neue SF 1

Titel: neue SF 1
Autoren: Langdon Jones
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Nasenflügel, Mund, Lippen, Wangen, Kinn. Sie ist unverkennbar.
    Ich möchte lieber eine Sache richtig tun, als mich fälschlich mit dem Geschäftsführer des Buchladens zu identifizieren, jedem Geschäftsführer.
    Ich möchte lieber in ihr Gesicht starren, es verschlingen, verzehren.
    Ich möchte lieber Monteverdis Vesper hören, übertragen aus der Kathedrale in Ely.
    Um Mitternacht spielt jemand Plattenspieler.
    Fünf Minuten danach dreht so ein Banause in der Nebenwohnung den Knopf und läßt Radio Rhabarber erschallen.
    Die Stille ist vertrieben, Eichenblätter, im Winde schwankend, lösen sich zu Halbtonpunkten auf.
    Ich sehe noch einmal durch die Scheibe, und sie schaut noch immer darauf. Oder eher: sie schaut wieder darauf. Ich blinzelte; ansonsten verging keine Zeit. Schaut sie mich an oder die Bücher? Oder den Buchhändler oder die anderen Leute im Laden? Die Kunden, die Verkäufer? Oder denkt sie an den Liebhaber, den sie sich wünscht (aber täte sie das? täte sie das?), oder an ihren Mann irgendwo im Ausland. Nein, das nicht, nicht an ihren Mann irgendwo im Ausland. Sie ist eine ganze Weile mit ihm verheiratet, so lange, wie es eben schon läuft, und nimmt ihn so, daß sie nicht mehr über ihn nachdenkt. Ebensowenig nimmt sie ihn als selbstverständlich hin, sie nimmt ihn überhaupt nicht hin, am wenigsten, wenn er zu Hause ist. Wenn er zu Hause ist, betrachtet er das Gesöff in seinem Glas im Red Greyhound oder stiert in den blauen Kasten. Die Ehe ist eine Vernunftsache für beide, das denke ich mir jedenfalls.
    Ihr Gesicht, und sie schaut noch immer herüber. Vielleicht denkt sie an etwas völlig anderes: an die Kinder, an ihre nächste Arbeit, an das Au-Pair-Mädchen, ob sie einen Wirsing- oder einen Blumenkohl kaufen soll. Es ist auch möglich, daß sie überhaupt nicht denkt, daß sie gar nicht in das Fenster schaut, sondern nur zufällig dorthin blickt, hier herüber.
    Es ist möglich, daß sie gar nicht weiß oder vergessen hat oder seit Monaten, Jahren nicht mehr gesagt bekommen hat, daß sie hübsch ist, wenn nicht gar mehr, daß alle möglichen Männer den Gedanken oder die Aussicht, mit ihrem Körper im Bett zu liegen, als angenehm empfinden. Es erscheint unwahrscheinlich, daß sie ahnt, daß ich sie interpretiere, daß ich sie beobachte, wie sie ihr Leben in den Straßen unseres Bezirks lebt, in dem wir wohnen, wie sie so herumläuft. Immer allein, niemals in Eile, als ob sie ungern dort ankäme, wohin sie geht. Wenn sie überhaupt ein Ziel hat. Manchmal hängen ihr die Kinder am Rockzipfel, am Zipfel ihres Minirocks. Dann wirkt sie noch viel unabhängiger.
    Wenn ich dich nur nehmen, dich legen könnte. Das würde für uns beide etwas klären, für jeden von uns etwas anderes. Das hat nichts mit männlicher Arroganz zu tun, nicht nur. Ich hätte dann einen Beweis, daß du nicht weinen würdest, daß du keinerlei Gefühl zur Schau trägst, daß du nicht einmal nach dem Grund fragen oder dich wundern würdest.
    Jede Frau, die ihn sehen und seine Größe ausprobieren will, kann ihn inspizieren und benutzen.
    Ich zeige ihn ungern her, nicht weil ich ihn ungern benutze, auch nicht, weil es mir etwas ausmacht, abgewiesen zu werden, sondern weil ich verlegen werde, wenn sie verlegen werden.
    Ich drücke ihn beruhigend: er ist noch da.
    Im Geiste nehme ich sie, nehme sie auf hunderterleiweise zugleich, nur ein paar von den Arten, die es da gibt, und der Same kocht mir über und quillt aus meinem Bauchnabel.
    Vater vergib mir, meine Frau ist schwanger und steht sechsundsiebzig Tage vor der Geburt. Ich habe ihr abgeraten, die Northern Line zu nehmen. Sie reist sowieso lieber über der Erde.
    Wenn ich neben ihr liege, fühle ich das Baby treten, auch wenn ich sie nicht berühre, und sie kichert, wenn es sich in ihr bewegt, wenn seine Füßchen gegen ihre Rippen stoßen, und sie spürt die einzelnen Zehen und Finger. Schon liegt es quer, zum Herausfallen bereit, wenn die Zeit gekommen ist.
    Ach, du armer Yorick, wenn wir ihn auch Ferdy nennen.
    Wieder ist es spät, noch immer ist es spät: der Intellekt hat in unserer Generation, in unserem Zeitalter versagt. Auf dem Friedhof am Ende der Church Row liegt Gaitskell nahe Kay Kendall.
    Du nennst dich einen Sozialisten, was sich leicht dahersagen läßt. Und besonders leicht, wenn du wohlhabend bist, wie es den Anschein hat.
    Wenn ich nur mit dir sprechen könnte.
    Gewiß, ich habe dir die Zeit genannt. Ich bin scheu gewesen, wollte mehr als nur
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