Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Grund für den Verrat ist viel spekuliert worden. Wollte er
sich selbst möglichst vorteilhaft aus der Affäre ziehen? Wollte er an das Gold
ran? Niemand jedoch hat an ein Liebesdrama gedacht. Weder damals noch bei dem
Mord am letzten Dienstag.“
    Ich holte tief Luft.
    „Sehr amüsant, deine Geschichte“, bemerkte
Lydia.
    „Spar dir deine Ironie“, erwiderte ich kühl.
„Deine Karten sind nicht so gut, wie du meinst. Sicher, deine Position ist stark...
Jedenfalls gehst du davon aus. Nestor Burma wird doch nicht seine Geliebte
verpfeifen, hm? Das denkst du doch, oder?“ Sie ließ sich auf den Boden gleiten,
umschlang meine Knie und sah mich aus entsetzten Augen an. Wieder schrillte das
Telefon.
    „Leider bin ich nicht allein“, flüsterte ich und
strich ihr übers Haar. „Der, der das Telefon die ganze Zeit quält, ist ein
Flic. Ein richtiger, mit Schlapphut und Schnurrbart und allem drum und dran.
Ein vom Staat bezahlter Flic. Und er will mich fragen, was der Revolver in
einer Schublade der Agentur Fiat Lux zu suchen hatte. Der Revolver, mit
dem Barton erschossen wurde und den ich heute im Keller in der Rue Lecourbe
gefunden habe... Nein, ich bin nicht alleine“, wiederholte ich seufzend. „So
leid es mir tut, denn... ich glaube, ich liebe dich.“
    „Ich liebe dich auch“, flüsterte sie.
    „Komm mir nicht mit deinen Gefühlen“, schnauzte
ich.
    „Ich liebe dich, chéri, und...“
    „Klar“, sagte ich bitter lachend. „Du hast mich
sofort geliebt, als wir uns begegnet sind. Liebe auf den ersten Blick! Kann ich
gut verstehn, bei meinem unwiderstehlichen Charme... Halt bloß die Klappe von
Liebe!“
    „Nein, ich bin nicht still! Es stimmt, in der
Nacht von Bois-le-Roi wollte ich dich...“
    „...aus dem Verkehr ziehen, ja. Und ich hab dich
auch noch blöderweise selbst darauf gebracht! Hab dir das Foto gezeigt und was
von einer Schwester gefaselt. Anscheinend wußte ich so einiges, aber nicht
alles. Würde ich den Rest auch noch über kurz oder lang rauskriegen? Bestimmt!
Schließlich bin ich kein Amateur, sondern Detektiv. Wenn du mich also auf eine
falsche Fährte locken würdest? Das würde immerhin die Aufdeckung der Wahrheit
hinauszögern. Und in der Zwischenzeit könntest du versuchen, zu mir ins Bett zu
kriechen... was dir ja auch prima gelungen ist!“
    „Du hast so begeistert von mir gesprochen... Das
wollte ich ausnutzen.“
    „Hure!“
    „Beleidige mich ruhig“, sagte sie resigniert.
„Vielleicht war ich’s auch... bis vorgestern. Jetzt jedenfalls liebe ich
dich... Wirklich! Auch wenn du mir nicht glaubst.“
    „Nein, das tu ich auch nicht! Dafür hast du mich
zu oft an der Nase herumgeführt. Mir ist jetzt noch ganz schwindlig davon. Und
ich will dir noch was sagen — wir sind ja alleine: Seit Dienstag war ich so
durcheinander, daß ich kaum klar denken konnte! Für einen dynamischen
Schnelldenker hab ich verdammt lange gebraucht, um alles zu kapieren. Daß ich
aber auch einer wie dir auf den Leim gehen mußte! Andererseits hast du das
wirklich nicht schlecht eingefädelt. Und das Glück war auch auf deiner Seite...
Deine Geschichte wurde nämlich von Fakten gestützt, von denen du gar nichts
wissen konntest: Der Zwerg hatte gestanden, und ein weiterer Mord, bei dem ein
Schalldämpfer benutzt wurde, legte gewisse Schlüsse nahe... Aber letztlich
konnte Eros mich nicht total einlullen. Ich wachte rechtzeitig wieder auf. Du
konntest Jeanne Barton sein. Aber deine Haarfarbe ist echt, und Jeanne war
nicht kastanienbraun, sondern fast schwarz. Du mußt zugeben: Die Idee, daß du
dir deine wunderschönen Haare färben würdest... Einfach undenkbar! Also nahm
ich dir die Schwester ab. Gestern hab ich dann mit Madame Bourguet gesprochen.
Alles deutete darauf hin, daß sie die Mörderin war. Mich störte nur der
Schalldämpfer auf der Waffe. So was ist doch eher was für Berufskiller! Und dann
war da auch noch Mac Guffines Geständnis. Inzwischen hab ich aber aus der
Zeitung erfahren, daß die Polizei jetzt eine Frau verdächtigt. Und das
Zwergengeständnis? Na ja, der Kleine hatte eben gelogen. Allerdings erst, als
die Flics ihm die Geldscheine auf den Tisch knallen, die bei Bartons Leiche
gefunden wurden. Das Parfüm verrät ihn. Er selbst benutzt nämlich ebenfalls
dieses Dernier Soir , und zwar literweise. Warum wohl?, fragt man sich da
sofort. Sollte es das Parfüm seiner platonisch Angebeteten sein? In dem Fall
hätte er nämlich — durch die duftenden Scheinchen — die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher