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Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Titel: Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest
Autoren: Else Ury
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Aber merkwürdig, sobald der Name Ilse fällt, wird Klaus lebendig«, zog die Schwester ihn auf.
    »Piepvogel!« Klaus tippte gegen die Stirn. Aber sein frisches Gesicht wurde doch um eine Schattierung röter.
    »Haach, seht bloß mal, Klaus wird rot wie ein Backfisch, wenn von seiner ehemaligen Tanzstundenflamme die Rede ist«, setzte Nesthäkchen ausgelassen die Neckerei fort.
    »Du, Kleines, ich mache mein Geschenk wieder rückgängig, wenn du frech bist. Heute hast du dich doch wenigstens anständig zu verhalten«, lachte der Bruder.
    »Hast recht, mein Söhnchen. Du hast dich mit der Hauptmann-Biographie für einen arbeitslosen Studenten wirklich genügend angestrengt. Da will ich nicht undankbar sein.« Nesthäkchen gab das Wortgefecht auf und wandte sich dem reichen Gabentisch zu. Da war der mit bunten Blumen bemalte Geburtstagsring, der schon des kleinen Nesthäkchens Entzücken gewesen, als nur zwei oder drei Lichter darin aufflammten. Von Jahr zu Jahr war eins dazugekommen, und heute erstrahlte er in zwanzigflammigem Schein. Denn in der Mitte flackerte das große Lebenslicht.
    Was hatten die Geburtstagslichter aber alles zu bestrahlen! In der Mitte Hannes »Nesthäkchentorte«, die alljährlich in erneuerter und wenn möglich noch verbesserter Auflage erschien. Obwohl Annemarie auf alle anderen Wünsche zugunsten des einen verzichtet hatte, hatte Elternliebe das einzige Töchterchen reich bedacht. Praktische und Luxusgegenstände gab es da. O Seligkeit – Einen Koffer, Wäsche, Bücher, Schokolade und eine Schürze.
    Die Mutter war ihrem Blick gefolgt. »Ich hoffe doch, daß die Schürze auch noch mal zu ihrem Recht kommen wird, Lotte. Gern lasse ich mein Kind nicht so hauswirtschaftlich unerfahren ins Leben hinaus.«
    »Für Tübingen langt’s schon, Mutti. Wenn’s dich beruhigt, kann ich ja die Schürze mitnehmen.«
    »Hahaha – unser Kleines will mit der Wirtschaftsschürze an die Universität zu Tübingen!« Hans, der älteste, hatte beim Eintreten Annemaries Worte gehört.
    Klaus fiel in sein Gelächter ein.
    »Ihr braucht gar nicht zu lachen, ihr Schlauköpfe! Zum Studium brauche ich die Schürze natürlich nicht. Aber unser Kleeblatt wird sich morgens und abends selbst beköstigen, um zu sparen. Wenn wir uns mal Rühreier oder so was machen, ist solch ein unkleidsames Stück vielleicht ganz gut am Platze. Eine Schürze reicht für uns alle drei.«
    »Na, guten Appetit! Wenn drei Köchinnen den Kochlöffel schwingen, da wird was Gutes rauskommen«, begann jetzt auch der Referendar die Schwester aufzuziehen.
    »Bitte sehr, Ilse kann kochen. Die hat öfters einspringen müssen, wenn Hermanns kein Mädchen hatten«, verteidigte sich Annemarie.
    »Siehst du, Lotte, Ilse ist tüchtiger als du. Die hat trotz des Gymnasiums auch noch Sinn für Hausfrauenarbeit gehabt.« Frau Braun sah bekümmert drein.
    »Geliebte Mutter, du brauchst nicht über deine mißratene Tochter so betrübte Augen zu machen.« Annemaries lachendes Gesicht zeigte keine Spur von Betroffenheit. »Marlene Ulrich weiß auch besser mit chemischen Säuren zu kochen als mit Zitrone und Essig. Und die hältst du mir doch von jeher als das Muster aller Tugenden vor. Übrigens, es sind ja noch acht Tage bis zur Abreise. Da kann ich noch schrecklich viel im Haushalt lernen.«
    »Na, Lotte, was du in neunzehn Jahren nicht gelernt hast, wirst du schwerlich in dieser Woche nachholen.« Der Vater blickte belustigt von seiner Zeitung auf.
    »Was soll das nur werden, wenn du dich mal verheiratest?«
    »Der arme Mann tut mir jetzt schon leid.« Das war natürlich Klaus.
    »Dein Mitleid ist überflüssig, mein Junge. Um zu heiraten, studiere ich nicht. Ich habe genug von euch Männern! Wenn die anderen Exemplare auch so sind wie du, Klaus, heirate ich überhaupt nicht. Ich werde Vaters Assistentin – basta!«
    »Ein Mann – ein Wort, Lotte?« Vater hielt seinem Mädel die Hand hin.
    »Eine Frau – ein Wort!« Nesthäkchen schlug ohne zu überlegen ein.
    »Also abgemacht – vor Zeugen sogar!« Dr. Braun erhob sich lächelnd, um seine Praxis aufzunehmen. Auch für Hans war es Zeit zum Gericht. Klaus hätte auch eigentlich ins Kolleg gehen müssen. Aber er hielt den Geburtstag der Schwester für eine würdige Veranlassung, dieses zu schwänzen.
    Obwohl Annemarie ein unbekümmertes Temperament besaß, waren Mutters Worte doch nicht ganz wirkungslos an ihr abgeprallt. Sie war ja den Eltern heute so dankbar. Und aus diesem Empfinden heraus wollte sie
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