Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nervenflattern

Nervenflattern

Titel: Nervenflattern
Autoren: M Gibert
Vom Netzwerk:
nicht.«
    »Haben Sie Angst, dass ich Sie erwische?«
    »Früher oder später wird jeder erwischt. Die Welt ist zu klein geworden, als dass es möglich wäre, sich dauerhaft zu verstecken. In meinem Fall mag das noch ein paar Monate gut gehen, spätestens dann haben Sie mich am Haken.«
    Lenz sah sich das Gesicht der Frau genau an, während sie sprach. Etwas stimmte nicht. Er bemerkte, dass es etwas Unnatürliches, Maskenhaftes hatte. Vorhin, als er neben ihr herging, war es ihm nicht aufgefallen, aber jetzt, im Licht der Energiesparlampe über ihnen, sah er es ganz deutlich: Sie hatte sich künstlich älter gemacht.
    »Was macht Sie sicher, dass es so lange dauern wird?«
    »Meine kleinen Freunde und ihre großen Brüder. Sie könnten jetzt versuchen, hier den Helden zu spielen, aber dann hätten wir hier ruck, zuck ein Dutzend Leichen liegen. Und das wollen Sie um jeden Preis vermeiden.«
    »Lieber heute ein Dutzend als nächsten Monat Tausende.«
    »Einer aus dem Dutzend wären Sie, also überlegen Sie sicher ganz genau, was Sie tun sollen. Kein Mensch, dem es nicht so geht wie mir, verliert gerne sein Leben.«
    »Brill hatte sicher auch keine Lust, so elend zu verrecken, dazu noch völlig umsonst.«
    Sie verengte die Augen zu Schlitzen.
    »Hören Sie mit dieser Räuberpistole auf. Brill hat dafür gesorgt, dass mir mein Kind weggenommen wurde. Und deshalb hatte er alles verdient, was er erlitten hat.«
    Nun wurde Lenz wütend.
    »Ihre Selbstgerechtigkeit geht mir auf die Nerven! Letztlich haben Sie doch das Sorgerecht für Ihren Sohn verloren, weil Sie sich nicht um ihn gekümmert haben. Sie haben ihn sich selbst überlassen und weinen jetzt, weil man Sie dafür bestraft hat. Sie alleine sind schuld, dass es so weit gekommen ist. Und dann waren Sie so blöd, den Falschen umzubringen. Hier den Falschen und da eine völlig unschuldige alte Türkin. Sie sind wahrscheinlich mächtig stolz auf das, was Sie da geleistet haben.«
    In ihren Augen funkelten Wut und Ärger auf, und Lenz wusste, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Überraschungsaktion war, aber er ließ ihn verstreichen. Er konnte sich nicht dazu überwinden, sich auf Simone Tauner zu stürzen.
    Es dauerte einen Moment, bis sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Dann zog sie die linke Hand mitsamt dem Inhalt aus der Jackentasche und legte ihn auf den Tisch neben sich.
    »Machen Sie das nicht noch einmal, Herr Kommissar, sonst segelt dieses Glas hier durch die Bude, und Sie stellen sich in Ihren übelsten Albträumen nicht vor, was noch alles passiert.«
    Lenz sah auf das Röhrchen neben ihrer Hand und schluckte. Seine Nackenhaare pressten sich gegen den Hemdkragen und er hatte das Gefühl, nicht atmen zu können. Sie sah ihn an und wusste, dass er Angst hatte. »Und jetzt werden Sie mir erzählen, warum der Vorgesetzte von Brill umgebracht wurde. Oder Sie sagen mir, dass es ein Bluff von Ihnen gewesen ist«, forderte sie ohne jede Gefühlsregung von ihm.
    Lenz nahm die Hände vom Tisch, legte sie in den Schoß, und brachte damit so viel Distanz wie möglich zwischen sich und das Glasröhrchen vor ihm.
    »Gestern Abend zwischen neun und 11 Uhr wurden er und seine Frau erschossen, soweit wir wissen. Natürlich geht man im Präsidium davon aus, dass Sie dafür verantwortlich sind.«
    »Natürlich«, äffte sie ihn nach.
    Martin, der Ober, näherte sich mit einem Teller in der Hand. Darauf lagen zwei Bestecke und zwei Servietten. Er stellte den Teller ab und verzog sich wortlos.
    »Trotzdem irren Sie sich. Ich habe nichts damit zu tun. Ich war gestern Abend … Ich habe bis vor einer halben Stunde, als Sie damit anfingen, den Namen noch nie gehört. Aber wenn mir jemand die Arbeit abgenommen hat, umso besser.«
    »Warum ist es Ihnen so wichtig, dass die Documenta abgesagt wird? Was bringt Ihnen das? Stricker und Freudenstein ist es scheißegal, dem Oberbürgermeister im Grunde seines Herzens sicher auch.«
    Während er die Namen ihrer ehemaligen Chefs aussprach, zuckte sie deutlich sichtbar zusammen.
    »Diese Schweine … sie haben mir alles genommen, was ich geliebt habe. Ich bin geopfert worden, damit die weiterhin ihre schmutzigen Geschäfte machen können. Und Zeislinger steckt mit ihnen unter einer Decke.«
    »Gibt es dafür Beweise?«
    Sie sah ihn hämisch an.
    »Wenn ich das damals alles hätte beweisen können, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen. Ich habe ein schönes Dossier angelegt, vielleicht lasse ich es Ihnen zukommen. Sehen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher