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Nervenflattern

Nervenflattern

Titel: Nervenflattern
Autoren: M Gibert
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Sie zu, was Sie damit anfangen können.«
    Lenz grinste sie an.
    »Warum grinsen Sie?«
    »Diese Situation ist zum Lachen. Oder zum Heulen, ganz wie Sie wollen. So was gibt es sonst nur in schlechten Fernsehkrimis, dass die Täterin dem Polizisten auflauert und ihm ›die ganze Geschichte‹ erzählt.«
    »Da wird die Täterin letztendlich erwischt, darin unterscheiden wir uns von der Fiktion.«
    Sie sah ihn lange an.
    »Könnten Sie mich erschießen, Herr Kommissar?«
    »Jederzeit«, log Lenz ohne nachzudenken.
    »Wie ich schon gesagt habe, ich traue Ihnen nicht. Ich glaube Ihnen nämlich nicht, dass Sie mich erschießen könnten.«
    Sie nahm das Glasröhrchen in die Hand und ließ es durch die Finger gleiten, die noch immer in den Handschuhen steckten. Lenz schauderte.
    »Ich könnte Sie jederzeit umbringen«, flüsterte sie, und legte das gefährliche Spielzeug langsam zurück.
    Am Nachbartisch wurde ein Geburtstagskind beglückwünscht. Lenz sah kurz hinüber und fragte sich, ob die Menschen dort jemals erfahren würden, in welcher Todesgefahr sie schwebten.
    »Wollen Sie das Ding nicht lieber wieder einstecken? Es wäre tragisch, wenn wir hier ungewollt eine Katastrophe verursachen würden, nur weil der Kellner unachtsam ist und einen Teller darauf abstellt.«
    Sie schüttelte den Kopf. Lenz griff nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an.
    »Woher wissen Sie eigentlich, dass man nach Ihnen fahndet? Wir haben bisher keine Erklärung an die Medien gegeben.«
    Sie lächelte schal.
    »Beleidigen Sie nicht meine Intelligenz, Herr Kommissar. Es war klar, dass Sie früher oder später meinen Hinweis wegen Kevin entschlüsseln und dann mein Haus in Hofgeismar unter die Lupe nehmen würden. Dort gab es eine Vorrichtung, die mich über Eindringlinge informierte. Das ist letzte Nacht passiert.«
    »Die Lampe …«, flüsterte Lenz kaum hörbar.
    »Richtig, die Lampe. Vom Bewegungsmelder geht eine Verbindung zum Scheinwerfer, eine zweite zu einem Funkmelder, der einen Pieper aktiviert hat. Ich nehme an, Sie waren selbst im Haus, wenn Sie die Lampe gesehen haben.«
    »Und das Labor. Das habe ich auch gesehen.«
    »Längst aufgegeben, Herr Kommissar. Aber seien Sie vorsichtig, wenn Sie da herumlaufen, es gibt noch die eine oder andere Überraschung, die dort auf ungebetene Gäste wartet.«
    Beim Gedanken an die letzte Nacht in ihrem Haus lief Lenz ein weiterer Schauer über den Rücken. Und er dachte mit Schrecken daran, dass in dieser Nacht Kollegen das Haus untersuchen würden.
    Sein Mobiltelefon klingelte. Er sah sie fragend an, aber ihre Kopfbewegung war eindeutig. Vermutlich hatte Hain das ganze Präsidium nach ihm abgesucht und versuchte es jetzt noch einmal per Telefon.
    Es entstand eine längere Pause. Die Frau sah Lenz in dieser Zeit durchdringend an.
    »Eigentlich habe ich nicht die geringste Lust mehr, mich mit Ihnen zu unterhalten, Herr Kommissar.«
    »Und dann? Stehen Sie jetzt einfach auf und gehen?«
    »Nicht ganz«, erwiderte sie sarkastisch, griff nach dem Glasröhrchen auf dem Tisch, nahm es in die rechte Hand und schleuderte es im hohen Bogen in die Mitte des Raumes. Lenz sah dem tödlichen Objekt ungläubig, fast staunend hinterher.
    Sie sprang auf, warf ihren Stuhl nach hinten um, was Lenz aber in diesem Moment nicht realisierte, und rannte los. Wie in Zeitlupe folgten seine Augen dem Glas, bis es mit einem leisen Klirren auf dem Boden aufschlug. Er sah deutlich, wie die beiden Röhrchen zerplatzten und sich die darin enthaltenen Flüssigkeiten vermischten. Genau in diesem Moment drückte Simone Tauner die Ausgangstür auf und verschwand aus seinem Blickfeld.
     

38
    Lenz brauchte eine halbe Sekunde, um wieder zu funktionieren. Er wandte den Blick vom Boden ab und sah in das Gesicht des Kellners, der mit zwei Tellern in den Händen etwa drei Meter von der kleinen Pfütze entfernt stand und den Kopf schüttelte. Auch die Geburtstagsgesellschaft war verstummt. Alle sahen Lenz fragend an. Der Kommissar schnellte hoch und riss dabei das Tischtuch mit sich. Gläser und Karaffe, der Teller mit dem Besteck und die Kerze flogen durch die Luft. Lenz hechtete auf den bedrohlich schimmernden Fleck am Boden zu und bedeckte ihn mit dem Stofflappen in seiner Hand. Dann hob er den Kopf und fing an zu schreien.
    »Raus hier!«
    Er riss die Tücher von zwei weiteren Tischen herunter und warf sie ebenfalls auf den Boden.
    »Raus, verschwinden Sie. Rennen Sie, los, machen Sie, dass Sie hier rauskommen!«
    Martin,
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