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Nervenflattern

Nervenflattern

Titel: Nervenflattern
Autoren: M Gibert
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empfohlen. Etwaige Verweigerer überzeugte man mit dem Hinweis, dass bei zukünftigen Beförderungen auch die Bereitschaft zur Mitarbeit in Fragen der eigenen Gesundheit eine Rolle spielen würde.
     
    »Dann will ich mal los. Hoffentlich dauert die Sache nicht den ganzen Nachmittag.«
    Hain und er verabredeten sich für den nächsten Morgen und verließen das Büro.
    Lenz ging zum Treppenhaus und hatte schon die erste Stufe auf dem Weg nach unten betreten, als er es sich anders überlegte. Er drehte um und ging, jeweils zwei Stufen auf einmal nehmend, drei Stockwerke höher. Dort bog er nach rechts ab und stand kurze Zeit später vor dem Zimmer des Pressesprechers der Kasseler Polizei, Uwe Wagner. Die Tür war wie üblich offen und er trat ein. Wagner telefonierte, bot ihm aber mit einer erfreuten Geste einen Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch an. Lenz setzte sich und wartete.
     
    »Grüß dich, Heimkehrer. Wie war dein Einsatz in der Metropole des Verbrechens?« Wagner kam um den Schreibtisch herum, zog Lenz an der ausgestreckten Hand aus dem Stuhl, umarmte ihn und klopfte ihm mit der flachen Hand auf den Rücken. Lenz hüstelte, befreite sich aus der Umklammerung seines Freundes und setzte sich wieder hin.
    »Mein Gott, ich bin doch kein Kriegsheimkehrer. Ich war gerade mal zwei Wochen weg. Außerdem werde ich dich auch gleich wieder verlassen, weil ich einen Termin bei Frau Dr. Driessler habe. Sag mir nur kurz, was ich beachten muss.«
    Wagner war in solchen Fragen immer der richtige Ansprechpartner. Er hatte seine Ohren überall und war generell auf dem neuesten Stand.
    »Ich hatte keine Probleme mit der Dame«, meinte er. »Allerdings habe ich mich vorher mit einem Kollegen aus Wiesbaden unterhalten und mir erklären lassen, was dieser Unfug eigentlich soll. Der ernstere Hintergrund ist tatsächlich, herauszufinden, ob es Anzeichen einer psychischen Überbelastung oder einer Erkrankung gibt. Mehr nicht. Ich habe ihr einfach erklärt, was ich den ganzen Tag und manchmal auch die Nächte hier so mache und dass ich seit Jahren keinen bösen Buben mehr zu Gesicht bekommen habe, und schon war ich wieder draußen.«
    Er lachte.
    »Allerdings liegen die Dinge bei dir längst nicht so einfach. Starker Raucher, übermäßiger Alkoholkonsum, geschieden, keine Damenbekanntschaften. Da wird wahrscheinlich eine längere Therapie fällig.«
     
    Lenz stand auf.
    »Du hast mir sehr geholfen, danke«, äußerte er mit schief gezogenem Mundwinkel. »Ich melde mich morgen bei dir, um mir meine Einweisung in die Psychiatrie abzeichnen zu lassen und mich zu verabschieden. Machs gut.« Er drehte sich um und verließ grinsend das Zimmer.
    Zwei Minuten später stand er vor dem Raum, den die Psychologin für die Zeit ihrer Gespräche zugeteilt bekommen hatte. Er klopfte, wartete kurz und trat ein.
    Dr. Helga Driessler saß an einem quadratischen Tisch, hatte eine Akte vor sich liegen und las darin. Auf dem Boden lag ein weiterer Stapel Akten.
    Sie sah kurz auf die Uhr, lächelte frostig, erhob sich, kam auf ihn zu und streckte die rechte Hand aus.
    »Herr Lenz, wie ich vermute. Guten Tag.«
    »Ja, Paul Lenz«, stellte er sich vor.
    »Es tut mir leid, aber ich bin eben erst von einem Einsatz aus Frankfurt zurückgekommen. Deswegen habe ich mich etwas verspätet.«
    Sie hielt noch immer seine Hand fest und sah ihm in die Augen.
    »Und ich dachte, Sie hätten mich im falschen Raum gesucht. Der Pressesprecher zumindest hat mich gleich gefunden und war pünktlich.«
    Lenz merkte, wie ihm das Blut ins Gehirn schoss und hoffte, tot umzufallen, was leider nicht geschah. Er verstärkte den Druck auf ihre Hand und ließ sie dann los.
    »Nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, befürchte ich«, meinte er zynisch und setzte sich ohne Aufforderung.
     
    Während sie sich auf den Weg zu ihrem Stuhl machte, musterte Lenz die Psychologin. Sie trug ein eng geschnittenes, hellbraunes Kostüm und hohe Schuhe mit Pfennigabsätzen. Ihr Gesicht war dezent geschminkt und an ihrem Hals bewegte sich eine Kette mit großen grünen Kugeln. Sie war etwa 40, vielleicht etwas jünger. Auf dem Tisch lag eine Brille, die sie aufsetzte, nachdem sie Platz genommen hatte. Es war eine dieser Brillen, mit denen Frauen um Jahre älter und ziemlich streng aussahen, flach und breit; eigentlich zwei Gläser mit Bügeln. Lenz fragte sich, ob sie das so wollte oder ihr Optiker sie auch nicht leiden konnte.
     
    Sie nahm die Akte zur Hand und sah ihn an.
    »Machen
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