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Nero Corleone

Nero Corleone

Titel: Nero Corleone
Autoren: Elke Heidenreich
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machen müsst... Und Nero dachte: »Grundguter Himmel, sie ist ja eine Seele von Mensch, aber vielleicht doch ein wenig beschränkt.« Und er bedauerte Robert fast für seine einfältige Frau. »Es ist wie bei mir«, dachte er, »wir sind gescheite, prächtige Männer von Welt, aber jeder schleppt eben sein Mädchen hinter sich her.«
    Die Teller waren immer gut gefüllt. Mal gab es Nierchen mit Reis, dann Nudeln mit Hackfleisch, es gab Rinderherz, Putenbrust und gekochte Hühnerbeine, und Nero wuchs zu einem Prachtkater mit festen Muskeln und glänzendem Fell heran. Rosa nahm Kugelform an, aber es stand ihr, sie hatte etwas von einer Porzellanpuppe — weiß, rosa, hellgrau, zart, weich und ach, diese himmelblauen, schielenden Augen! »Schau mich mal an, mein Engelchen«, lachte Isolde, und Rosa versuchte es wirklich, aber es sah doch wieder nur so aus, als zählte sie die Fliegen an der Zimmerdecke.

D rüben auf dem Hof war man voller Neid, Neugier und Respekt. Nero erzählte, wie er diese Deutschen fest im Griff hatte, und staunend hörten ihm die Tiere zu, bewunderten ihn und erbaten höflich seinen Rat.
    »Don Corleone«, sagte die dicke Henne Camilla, »so ein gekochtes Ei, ach, ich wüsste doch zu gern einmal, wie sowas eigentlich schmeckt, könntest du nicht...?« Er konnte. Er brachte Camilla ein ganzes weichgekochtes Ei am Stück, so wie er es Isolde zu ihrem Entzücken (»Nun sieh mal einer das Räuberlein, klaut gleich das ganze Eichen!«) aus dem Eierbecher gestohlen hatte. »Da«, sagte er, und während Camilla pickte und staunte und sich sehr darüber wunderte, was aus ihrem Produkt geworden war, erzählte er ihr ausführlich, wie gekochte Hühnerbeine schmeckten.

A ls der Abreisetermin für Robert und Isolde näher rückte, wurde Isolde still und traurig und hatte rotgeweinte Augen.
    »Wie stellst du dir das denn vor«, fragte Robert, »zehn Stunden Autofahrt mit zwei Katzen? Und zu Hause, wie soll das werden?«
    Und Isolde schniefte und putzte sich die Nase und kaufte heimlich in einem Haushaltswarengeschäft ein geflochtenes Katzenkörbchen.
    Nero ahnte, dass irgendetwas bevorstand, und er war ganz besonders zärtlich, liebevoll und anschmiegsam — vorsichtshalber. Kaum saß Isolde im Sessel, schon rollte er sich auf ihrem Schoß zusammen und schmalzte sie an, aber er wusste auch, dass es vor allem galt, Robert davon zu überzeugen, dass ein Leben ohne Rosa und Nero leer und sinnlos sein würde. Mit steil hochgerecktem Schwanz strich er ihm um die Beine, lugte neckisch unter den Zeitungsblättern hervor, wenn Robert lesen wollte, und zeigte seinen weichen, schutzlosen Bauch, miau!
    »Ich durchschaue dich«, sagte Robert, und Nero dachte: »Na, um so besser, wo ist dann das Problem?«
    Er hatte beschlossen, zusammen mit Rosa bei Robert und Isolde zu bleiben — wohin auch immer sie mit ihnen fahren würden. Die Verpflegung war gut, die Zuneigung groß, und vielleicht gab es ja in Köln am Rhein auch Heu, in dem man schlafen konnte. Auf jeden Fall würde man nie mehr um jeden Bissen kämpfen müssen wie drüben auf dem Hof, und wer weiß, vielleicht stand ja da, wo Robert und Isolde wohnten, auch so ein butterweiches Sofa?

E ines Tages waren Robert und Isolde zum Bauern hinübergegangen. Man redete über das Wetter und die Politik, über Lothar Matthäus und das schlechte Fernsehprogramm, und dann rückte Isolde damit heraus: diese beiden herzallerliebsten kleinen Katzen, die in den letzten Wochen so oft drüben bei ihnen waren und die ihnen so ans Herz gewachsen wären, dürfte man, könnte man die vielleicht, ach bitte! mitnehmen? Man würde auch ganz bestimmt gut für sie sorgen, man habe einen Garten daheim, man könne zum Beweis bei jedem Italienbesuch Fotos mitbringen und ... Der Bauer fragte: » Due gatti , zwei Katzen? Vielleicht die rote und der schwarze , la rosa e il nero ?« Und Isolde rief: »Jaja, Rosa und Nero, wie schön, so sollen sie heißen!« Der Bauer war erleichtert: » Troppi gatti !« rief er und wedelte sie mit den Händen weg, »viel zu viele Katzen, nehmen Sie sie nur mit, prendi, prendi « Und Isolde weinte und fiel Robert um den Hals, und alle zusammen tranken in der Küche des Bauern noch einen Kräuterschnaps der Marke Riserva del Nonno , Opas Reserve, und die Bäuerin versuchte, auch den Schönen Felix oder doch wenigstens Biff und Baff noch loszuwerden, aber für Robert und Isolde stand fest: Rosa und Nero.
    Natürlich hatte Nero während der ganzen Zeit in der
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