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Nero Corleone

Nero Corleone

Titel: Nero Corleone
Autoren: Elke Heidenreich
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bleib da sitzen?« fauchte Nero und trieb sie vor sich her über die Wiese. »Los, Dicke, da gibt‘s weichgekochte Eier, und ich hab dir extra noch was aufgehoben, avanti , hopp!«
    »Ich trau mich nicht!« maunzte Rosa, als Nero wieder auf die Fensterbank sprang, aber er zischte: »Du kommst jetzt, und zwar sofort, und dann lass mich nur machen.«
    »Guck mal«, sagte Robert, »jetzt sind es schon zwei.«
    Isolde sah die beiden Gesichtchen nebeneinander am Fenster: das schon vertraute, kecke schwarze und ein schüchternes, kugelrundes weißrotes Köpfchen mit schielenden blauen Augen.
    »Wie unbeschreiblich niedlich!« rief sie und rannte zum Fenster, öffnete es diesmal aber ganz vorsichtig, weil Rosa gar so ängstlich schaute. Gerade wollte sie auch eigentlich wieder davonlaufen, da gab ihr Nero einen Schubs, und sie landete auf dem weichen Teppich. Er sprang hinterher und stapfte unverzüglich auf den Teller mit dem Rest Ei zu.
    »Los«, sagte er zu Rosa, »komm her und friss, Dicke. Die tun dir nichts. Die finden dich niedlich.«
    Behutsam, ängstlich, aber von Nero ermutigt und vom köstlichen Duft angelockt, stapfte die kleine runde Rosa auf die geblümte Untertasse zu, und da waren sie nun beide, zwei Pelzköpfe in Schwarz und Bunt, nebeneinander über ein weichgekochtes Frühstücksei gebeugt, und ein seine Rührung verbergender Robert und eine vor Glück und Entzücken den Tränen nahe Isolde sahen ihnen zu.
    »Dreifarbige Katzen sind Glückskatzen!« murmelte Isolde, und Robert sagte: »Schwarze Kater bringen Unglück!«, was Isolde als blöden Aberglauben empört abtat.
    Nero leckte den letzten Rest Eigelb vom Teller, und Rosa wollte sofort den Rückzug antreten, aber er sagte: »Nix da, jetzt legen wir uns auf das Sofa, von dem ich dir erzählt habe.«
    »Er hat sein Mädchen geholt«, sagte Isolde, »Gott ist das süß.« Und Robert brummte: »Ich finde, sie schielt.«
    Nero ging mit erhobenem Schwanz auf das bekannte Sofa zu, und Rosa folgte ihm und quiekte wie ein furchtsames kleines Schweinchen.
    »Hopp!« sagte Nero, und sie fragte: »Ja, dürfen wir das denn?«
    Er lag schon oben und sah verächtlich auf sie herunter. »Dürfen? Pah!« sagte er, »wer dumm fragt, kriegt dumme Antworten. Sieh dir diese Leute doch an, die sind doch ganz begeistert von uns. Das muss man nutzen. Sie heißen übrigens Robert und Isolde.«
    »Robert!« krähte Rosa unglücklich, »Isolde!«
    Und Isolde kam, nahm sie auf den Arm, legte sie auf ein Kissen neben Nero, streichelte sie und sagte sanft: »Geh du nur zu deinem kleinen Freund.«
    »Siehst du«, sagte Nero, »so stehen hier die Aktien. Man schätzt uns. Hier kriegen wir alles, du darfst dich nur nicht zu blöd anstellen.«
    Ja, da lagen sie nun, warm ineinander gekuschelt, laut schnurrend. Isolde räumte den Frühstückstisch ab und versuchte, keinen Lärm dabei zu machen. Robert setzte sich mit einer Zeitung in einen Sessel, den beiden neuen Hausgenossen gegenüber. Er tat so, als würde er angestrengt lesen, aber einen wie Don Nero Corleone konnte er damit nicht täuschen.
    »Ja, guck du nur her«, dachte der schläfrig, »ich seh dir doch förmlich an, was du denkst, du denkst: die sind aber wirklich putzig, ob wir die wohl behalten?« Und zu seiner Rosa sagte er, ehe sie selig und fest aneinandergeschmiegt einschliefen:
    »Ich glaube, wir haben ein neues Zuhause.«

R obert und Isolde blieben fast drei Wochen in ihrem italienischen Haus, und in dieser Zeit wichen Nero und Rosa nicht mehr von ihrer Seite. Anfangs wurden sie noch abends ins Freie gesetzt, um zu ihrem Hof hinüberzulaufen. Das taten sie auch und fraßen dort drüben noch mal — »Bauernfraß«, wie Nero verächtlich sagte, bevor sie sich zu den andern Katzen ins Heu kuschelten. Aber immer sorgte Nero dafür, dass sie beide rechtzeitig, bevor Robert und Isolde aufstanden, drüben vor der Küchentür saßen, recht einsam, elend, hungrig und verfroren aussahen und sofort einen Teller warme Milch bekamen.
    Eines Abends, als es draußen besonders kalt und ungemütlich war, sagte Isolde: »Ich bring es nicht übers Herz, euch jetzt raus zu jagen! Ihr könnt hier auf dem Deckchen schlafen«, und sie breitete eine blaurot karierte Wolldecke über das grüne Sofa. Bei Isolde endeten fast alle Wörter auf chen oder lein: ihr lieben Kerlchen, trinkt schön euer Milchlein, legt euch auf das Katzendeckchen, ich lass auch das Fensterchen ein bisschen offen, dann könnt ihr raus, falls ihr ein Bächlein
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