Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nerd forever

Nerd forever

Titel: Nerd forever
Autoren: Manfred Theisen
Vom Netzwerk:
Seite.

    »Wer bist du? Hast du einen Schülerausweis? Hast du keine Augen im Kopf? In welcher Klasse bist du? Kannst du das 1×1? So eine Unverschämtheit! Wie heißt du überhaupt?«
    »Nerd«, sage ich.
    »Ach. Du bist also Nerd. Na, endlich. Wir dachten schon, du kommst überhaupt nicht mehr.« Hat er mich erwartet? »Am Ende kommen sie alle. Nur immer vor dem Bildschirm sitzen, ist langweilig. Stimmt’s? Das macht trübe in die Rübe.« Dann grinst er breit. Seine Zähne sind lang und ein bisschen spitz. »Jetzt kriegt unser lieber Rick endlich seinen neuen Spielkameraden. Der alte Nerd ist kaputtgegangen.«

    Ist Rick eine Bulldogge? Oder der Klon von Scorponok, Herrscher des Terrors? Von wem redet der Hausmeister? Ich schaue auf sein Namensschild, auf dem Herr Rudolf Aldidas Bissig in fetten Buchstaben steht. Darunter sind noch die Hausmeisterwerkzeuge abgebildet: Hammer und Zange gekreuzt. Er greift in seine graue Kitteltasche und drückt mir einen unscheinbaren Schlüssel mit
einem namenlosen Namensschildchen und der Nummer 782 in die Hand. »Da, deins!«

    »Soll ich meinen Namen darauf schreiben?«, frage ich.
    »Wenn du dir einen Namen verdient hast. Jetzt noch nicht. Musst erst mal lernen, was Schule heißt, Stubenhocker.« Er schaut an mir auf und ab. »Hab ich es mir doch gedacht. Kein Nike, kein D&G, kein Puma, nicht einmal Fishbone. Lieben dich deine Eltern nicht?«
    Was ist Liebe? Die Frage ist schwer zu beantworten.
    »Oder bist du arm?«
    »Mein Vater ist Fahrstuhlprogrammierer und meine Mutter arbeitet für People love People every day … «
    Herr Rudolf Bissig lacht böse. Ich kann das Zäpfchen in seinem Rachen erkennen. Es wippt auf und ab, auf und ab. »Fahrstuhl-programmierer? Ist das überhaupt ein Beruf?«
    »Ich glaube schon.«
    »Dann stiehl mir nicht die Zeit! Geh zu deinem Spind, los!« Er zeigt mit seinem knochigen Finger den Flur entlang. »Und mach mir ja keinen Ärger.«

    Mein Spind: hellblau gestrichen, der Lack blättert überall ab. Der Schlüssel passt genau und das Scharnier quietscht. Ich öffne langsam das Fach, vorsichtig.
    Darin sind nicht nur ein Foto von dem mir zugewiesenen Mobber Rick, sondern auch ein Stundenplan und der Fluchtweg zur Bibliothek. Wieso Fluchtweg? Ich brauche den Computerraum.

    Von hinten dringt vorwurfsvoll eine Stimme an mein Ohr. »Wo bleibst du? Die Stunde hat längst angefangen!«
    Wie sich herausstellt, ist es mein Physik- und Mathematiklehrer Dr. Günther Bauklo. Er ist mächtig, sein schütteres Haar jedoch extrem hellgrau, und er scheint gar nicht so böse zu sein, denn er sagt freundlich: »Komm, wir gehen in die Klasse. Sie warten schon auf dich. Hausmeister Bissig hat gesagt, dass du heute zum ersten Mal bei uns bist. Alle freuen sich auf dich.

Kapitel 6
Respekt ist unser Ding!
    Als Bauklo nun mit mir die Klasse betritt, senkt sich die Lautstärke von »Schreien« auf »Unterhaltung«. Ich habe davon gelesen, dass bei Anwesenheit eines Lehrers der Lärmpegel einer Klasse auf »Ruhe« fällt, falls der Lehrer eine hohe Respektperson ist. Alle haben dann ein wenig Furcht. In Dr. Bauklos Fall scheint es nicht ganz so zu sein. Ich folge ihm zum Lehrerpult.
    Die Gesichter starren mich an. Die meisten Mädchen haben lange Haare. Ich habe noch nie so viele Mädchen und Zahnspangen gesehen. Die Zahnspangenhersteller müssen reich sein. Mir ist unheimlich zumute und meine Augen brennen sofort von dem Rosa, Pink und Chrom. Am liebsten würde ich meine Brille abnehmen, damit ich das alles nicht so scharf sehen muss.

    Dr. Bauklo schaut zu mir runter, dann zeigt er auf ein Plakat neben der Tafel.
    Ich weiß ja nicht, was bei euch in der Klasse hängt, hier jedenfalls stehen Verhaltensregeln . Dass man nicht laut schreit; dass man keinen schlägt; dass man den anderen ausreden lässt; dass jeder eine zweite Chance kriegt … und darüber prangt:
    Respekt ist unser Ding!

    Dr. Günther Bauklo meint: »Das solltest
du dir merken. Wir pflegen einen würdigen Umgang miteinander hier in der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Schule.«
    Würden sie einen würdigen Umgang pflegen, müssten sie nicht jeden Tag erneut daran erinnert werden, sich gegenseitig mit Respekt zu begegnen. Das ist nicht logisch. Es ist aber auch nicht logisch, dass jetzt alle über mich lachen.

    Bauklo schaut zu mir runter, krempelt die Ärmel seines Hemdes hoch, blickt zur Klasse. »Jedenfalls kannst du stolz sein, auf unsere Johann-Wolfgang-von-Goethe-Schule zu gehen.« Einige der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher