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Neptuns Tochter 3

Neptuns Tochter 3

Titel: Neptuns Tochter 3
Autoren: Terry Waiden
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Mikas Schuld.
    »Genau«, stellte Mika zufrieden fest.
    »Mika, hilfst du mir beim Auspacken?«, rief Patrizia David aus der oberen Etage.
    »Klar, gern«, rief Mika zurück und eilte die Treppen hoch.
    Im Zimmer ihrer Mutter angekommen, wurde ihr sogleich ein großer Trolley übergeben. »Die Schuhe müssen in den Schrank geräumt werden. Pass aber auf, dass sie in das richtige Regal kommen.«
    »Du weißt schon, dass es gegen den Schuhzwang bei Frauen inzwischen Therapien gibt, Mama?«, bemerkte Mika, als sie das dritte Paar Schuhe in die übervollen Regale räumte.
    »Als Frau eines bedeutenden Geschäftsmannes muss man entsprechend auftreten«, antwortete Patrizia David. »Das wirst du ja nun auch bald lernen.«
    Achtlos stellte Mika das Paar Pumps auf einen der wenigen freien Plätze und ging zurück ins Zimmer ihrer Mutter. »Papa hat es dir also schon erzählt.«
    »Ja«, sagte Patrizia David. »Aber eine glückliche Braut stelle ich mir irgendwie anders vor.« Sie schaute Mika nachdenklich an. »Willst du mir vielleicht irgendetwas beichten?«
    »Sag mal, Mama«, tat Mika, als hätte sie die Frage nicht gehört, »findest du es eigentlich schlimm, dass ich nicht tatenlos zuschaue, wenn jemandem Unrecht geschieht?«
    Patrizia David legte den Stapel von spitzenbesetzten Unterhemden zurück in den Koffer und lächelte ihre Tochter an. »Sofern es nicht in eine deiner Verrücktheiten ausartet – nein.«
    »Die lassen sich halt nicht immer vermeiden«, behauptete Mika. »Aber so furchtbar sind sie auch wieder nicht, wie ihr alle tut.«
    »Kommt darauf an.« Mikas Mutter setzte sich aufs Bett und klopfte neben sich auf die Matratze. »Nur so als Beispiel: Manipulierte Landkarten in die Schule zu schmuggeln, kann man nicht wirklich als überlegte Aktion bezeichnen.«
    »Wenn dir ständig erklärt wird, dass du wissen musst, wo welche Stadt liegt, wie die Grenzen verlaufen und so weiter – dann muss ein Lehrer doch beweisen können, dass er das auch weiß.« Von dieser Meinung wich Mika auch heute nicht ab. Ihr damaliger Geographielehrer hatte bei dem Landkarten-Test kläglich versagt. Und Mikas Vater hatte mal wieder sein Portemonnaie öffnen müssen.
    »Es ist mir schon klar, dass du immer deine Gründe hast, wenn du so etwas Seltsames machst«, stimmte Patrizia David zu. »Was mich wieder zu deiner Hochzeit bringt.« Sie drehte sich zu Mika und schaute sie ernst an.
    Die kaute auf den Lippen, schluckte und wich dem fragenden Blick aus. Eingehend betrachtete Mika die Koffer, die allesamt geöffnet im Raum standen – beobachtete die Meise, die dort auf dem Baum zwischen den Ästen hin und her flatterte – und verkniff sich jedes Wort.
    Wenn ihr Vater sie vorhin nicht unter Druck gesetzt hätte, dann . . . Aber er hatte es. Also war Schweigen angesagt. Und er hatte doch recht. Warum sollte ihr ihre Mutter helfen?
    »Nun gut«, sagte Patrizia David im Aufstehen. »Wenn du nicht reden willst, dann muss ich das wohl akzeptieren.«
    Mika wollte schon aufatmen, da drehte sich ihre Mutter wieder zu ihr.
    »Trotzdem würde ich gern wissen, warum du Frank heiraten willst. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie du das vor ein paar Jahren kategorisch ausgeschlossen hast.«
    Mika sollte ihren Vater darauf hinweisen, dass der Lack bei dieser einen Diele etwas abgesplittert war. Das sah ungepflegt aus. Außerdem sollte sie sich mal wieder neue Turnschuhe leisten und dann beizeiten einen Therapeuten aufsuchen, der sie vor einem beginnenden Schuhzwang bewahrte.
    Was einem nicht alles durch den Kopf ging, wenn man Fragen nicht beantworten wollte.
    Ob Mikas Mutter das verstand?
    Nein, sie tat es nicht. »Damals hast du übrigens auch erklärt, dass du lesbisch wärst und dein Leben nur mit einer Frau verbringen wirst«, stellte sie fest, während sie mit dem Ausräumen der Koffer fortfuhr.
    »Das . . .«, Mika räusperte sich, »also das ist . . .«
    Der Frosch im Hals wollte lange nicht verschwinden. Er ließ sich auch von mehrmaligem Räuspern, Hüsteln und kräftigem Husten nicht vertreiben. Daher dauerte es, bis Mika endlich »das ist eine lange Geschichte« herausbrachte.
    Ihre Mutter unterbrach ihre Tätigkeit . . . schaute auf Mika . . . atmete leise durch . . . schaute auf die Zimmerdecke . . . und wieder auf ihre Tochter.
    Normalerweise hätte Mika jetzt alle Geheimnisse der Welt ausgeplaudert. Das machte sie immer, wenn ihre Mutter sie auf diese Weise musterte. Wie bei einem Verhör. Es
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