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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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nicht?«
    »Wir haben das Lagerhaus gestern bereits versiegeln lassen und Wineburger gestern den offiziellen Haftbefehl zukommen lassen. Heute morgen hat er ein brennendes Interesse an unserem Kronzeugenprogramm entwickelt.«
    Ich spürte, wie sich meine Gesichtshaut im Halbdunkel der Telefonzelle plötzlich spannte. Einen Moment lang war die Leitung still.
    »Und was war in dem Lagerhaus?« fragte ich.
    »Das geht Sie eigentlich nichts an, Lieutenant.«
    »O doch, und das wissen Sie auch genau.«
    »Eine Menge modifizierter AR-15. Außerdem Munition, medizinische Güter und – ob Sie’s glauben oder nicht – eine Beech King Air B-2000, ausgerüstet mit den notwendigen Vorrichtungen zur Aufnahme von elektronischen Überwachungsgeräten.«
    »Ein großer Tag für die Kavallerie«, sagte ich.
    »Wir kommen fast immer ans Ziel.«
    »Und was ist mit Abshire?«
    »Der spielt doch an der Base bei den Dodgers, hab ich recht? Beruhigen Sie sich, Robicheaux.«
    »Sie werden’s nie schaffen, ihre Herzen und ihre Seelen zu gewinnen.«
    »Ich möchte Ihnen noch etwas sagen, ehe ich auflege. Sie waren gar nicht mal schlecht für jemanden, der draußen in der Kälte steht. Und Sie haben sich Fitzpatrick gegenüber tatsächlich als ein guter Freund erwiesen. Das wissen wir durchaus zu schätzen. Und noch ein Letztes. Ich hoffe, dies ist das letzte Mal, daß ich mich mit Ihnen unterhalten muß.«
    * * *
    Ich hatte also keine Ahnung, was für Pläne sie mit dem General hatten, falls überhaupt, aber ich wußte, daß ich ihn noch einmal sehen mußte. Ich mochte ihn zwar nicht besonders, das ist richtig, aber ich empfand doch so etwas wie eine persönliche Beziehung zu ihm. Ich hatte im Leichenkeller der Times-Picayune etwas über ihn gelernt, was die meisten anderen Menschen wahrscheinlich nicht verstehen. Ähnlich wie die Soldaten der konföderierten Armee, die unter dem Rasen von Jefferson Davis’ Residenz begraben liegen, teilen sich manche Leute historischen Grund und Boden, der auf alle Zeit ihr eigenes Land sein wird. Und ich wußte auch, daß man dem Tiger, will man sich von ihm befreien, manchmal direkt in die orange leuchtenden Augen blicken muß.
    Nach dem Mittagessen stattete ich Jimmie im Krankenhaus einen Besuch ab. Er lag nicht mehr auf der Intensivstation, sondern in einem normalen Krankenzimmer. Die Jalousien waren aufgezogen, und das Sonnenlicht durchflutete den Raum. Auf dem Fensterbrett und der Kommode standen Vasen mit Rosen, Nelken und Dahlien. Die Krankenschwestern hatten ihn aufgesetzt und mit ein paar Kissen gestützt, und obwohl sein eines Auge bandagiert war und sein Gesicht immer noch reichlich grau aussah, brachte er es doch fertig, mich anzulächeln.
    »Noch ein paar Wochen, und wir fahren wieder raus und fangen ein paar grüne Forellen«, sagte ich.
    Er wollte mit flüsternder Stimme etwas sagen, und ich mußte mich auf die Bettkante setzen und zu ihm hinüberbeugen, ehe ich seine Worte verstehen konnte.
    »Je t’aime, frère«, sagte er.
    Ich antwortete ihm nicht sofort. Das war auch nicht nötig. Er wußte, daß ich ihn genauso liebte wie er mich, auf eine Art, wie sich eben nur zwei Männer lieben können. Ich reichte ihm sein Wasserglas und den gläsernen Trinkhalm und half ihm, einen Schluck zu trinken.
    »Es ist immer nur das Heute, das zählt«, sagte ich. »Und es wird mit jedem Tag besser.«
    Sein Mund sah mit dem Trinkhalm aus wie der Schnabel eines Vogels.
    Ich verließ das Krankenhaus und fuhr meinen Mietwagen zurückzum Stadtbüro von Hertz. Ich konnte es mir nicht leisten, den Wagen noch länger zu behalten. Wenn die Abteilung mich wieder einstellte, würde ich auch bei der Kreditbank wieder besser dastehen und mir einen neuen Wagen kaufen. Und wenn ich meinen Job verlieren sollte, dann war es wahrscheinlich ohnehin an der Zeit, alles zu liquidieren und sich nach neuen Horizonten umzusehen. Es gab immer eine Alternative. Ich erinnerte mich noch an den schlimmsten Nachmittag in meiner Karriere als Spieler. Meine Frau und ich waren einmal in den Ferien nach Miami gefahren, und an unserem ersten Tag auf der Rennbahn in Hialeah hatte ich nach dem neunten Rennen gute sechshundert Dollar verloren. Ich saß auf der leeren Tribüne, Dutzende von zerrissenen Parimutuel-Wettscheine zu meinen Füßen. Ein kühler Wind wirbelte einen Haufen Papier über die Rennbahn, und ich gab mir alle Mühe, die Enttäuschung und den Ärger in den Augen meiner Frau nicht zu sehen. Dann hörte ich das
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