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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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der Größere der beiden. Er trug dicke Ringe an den Fingern und eine goldene Armbanduhr mit schwarzemZifferblatt, die genau zu der schwarzen Behaarung seiner Arme paßte.
    »Bis jetzt habt ihr beiden noch nichts damit zu tun«, sagte ich.
    »Wir haben mit allem zu tun. Also, was wollen Sie, Robicheaux?« fragte der Zweite. Er hatte eine runzlige Narbe am Hals. Er hatte einen Kaugummi im Mund, hatte aber aufgehört zu kauen.
    » Lieutenant Robicheaux, wenn ich bitten darf.«
    »Wollen Sie sich was zu trinken kaufen? Geh und hol ihm ’ne Flasche Jack Daniel’s«, sagte der erste zu dem Verkäufer. »Auf Kosten des Hauses. Und was wollen Sie noch, bevor Sie wieder verschwinden?«
    »Es lohnt sich nicht für euch«, sagte ich.
    »Wir bringen Sie zu Ihrem Wagen. Charlie, pack ihm die Flasche in ’ne Tüte.«
    Dann berührte mich der erste leicht am Arm, nur eine kurze Bewegung mit der schwieligen Innenseite der Handfläche. Ich holte von der Seite mit dem Leinensäckchen aus und erwischte ihn quer über Auge und Nasenbein. Schmerz und Schock trafen sein Gesicht wie eine Faust. Er stolperte rückwärts durch eine Pyramide fein säuberlich aufgestapelter grüner Flaschen, und der ganze Aufbau ergoß sich in einem Schwall von Glasscherben und Wein über den Gang. Ich sah, wie die Faust des zweiten Mannes seitlich auf meinem Kopf zugeflogen kam. Ich machte eine kurze, schnelle Bewegung und ging in die Knie, spürte einen Ring über meine Kopfhaut kratzen und traf ihn nach einer vollen Drehung mit dem Leinensäckchen direkt am Unterkiefer, zwischen Kinn und Mund. Seine Lippen platzten auf, seine Zähne waren rot von Blut, und seine Augen starrten mich in angstvoller Erwartung an. Ich holte noch einmal aus, doch diesmal hatte er die Schultern vorgebeugt und die Arme schützend über dem Kopf verschränkt. Irgendwo hinter mir fing eine Frau an zu schreien, und ich sah, wie ein Mann einen roten Einkaufskorb zu Boden fallenließ und mit schnellen Schritten auf die elektronischen Automatiktüren zuging. Andere standen am Ende des Ganges beisammen.
    Der erste Mann kam jetzt mit knirschenden Schritten durch die Glasscherben und den ausgeflossenen Wein wieder auf mich zu. In der Hand hielt er den abgebrochenen Hals einer Wermutflasche.Die eine Seite seines Gesichts war rot und geschwollen, wo ich ihn erwischt hatte. Er stand mit gesenktem Kopf da, die Schultern hochgezogen, die Füße fest auf dem Boden, und starrte mich aus eng zusammenstehenden Augen feindselig an. Dann ging er mit der zerbrochenen Flasche auf mich los, als habe er einen Spieß in der Hand. Ich holte aus und zielte auf sein Handgelenk, traf aber nicht. Ich hörte, wie der Leinenbeutel die scharfe Kante der Flasche streifte, und dann kam er erneut auf mich zu und schlug nach meinem Gesicht. Er mußte mal ein guter Messerkämpfer gewesen sein, denn obwohl er übergewichtig war und sein Atem rasselte wie bei einem Kettenraucher, waren seine Reflexe schnell, seine Oberschenkel- und Gesäßmuskeln kräftig wie Stahlfedern, und in seinen Augen war nicht die geringste Furcht, nur das stetige heiße Leuchten – zu jedem Opfer bereit, um die Sache zu einem mörderischen Ende zu bringen.
    Aber die Ungeduld war sein Verderben. Er machte erneut eine Bewegung mit der Flasche nach meinen Augen, und als er annahm, ich würde rückwärts ausweichen, hob er die Hand und versuchte meinen Kopf zu treffen. Doch ich wich nicht zurück, sondern holte hinter meinem Rücken mit dem schweren Säckchen aus. Ich hörte, wie das Leintuch pfeifend durch die Luft sauste, und traf ihn voll an der Schläfe. Sein Gesicht wurde plötzlich grau, er verdrehte die Augen, seine Lider flatterten wie Blütenblätter im Wind, dann fiel er mit lautem Krachen in das Flaschenregal und bewegte sich nicht mehr.
    Irgend jemand war ans Telefon gegangen und benachrichtigte die Polizei. Der zweite der beiden mittelalten Männer und der Verkäufer mit der Schürze wichen vor mir zurück, als ich durch die Glasscherben und die Pfützen von Wein, Whiskey und Wermut schritt. Didi Gee erhob sich hinter seinem Schreibtisch wie ein aus der Tiefe auftauchender Leviathan. Beim Aufstehen hatte er seinen Aschenbecher umgeworfen, und seine parfümierte Zigarette brannte auf der Schreibunterlage. Sein Gesicht hatte immer noch den gleichen ungläubigen Ausdruck, aber in seinen Augen war noch etwas anderes am Werk – ein Aufflackern, ein Zucken, die erste kleine Welle Angst, die er sein Leben lang verborgen hatte.
    »Sie
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