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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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gegen 50 Mügelner. Nachdem sich Wirtschaftsminister Michael Glos ( CSU ) bei der indischen Regierung für die Mügelner Hetzjagd entschuldigt hatte, reagierte die extrem rechte Partei prompt. NPD -Mann Apfel verfasste einen Offenen Brief an den indischen Ministerpräsidenten. Darin stand, »daß die Einwohner von Mügeln sich nicht zu entschuldigen haben, da der Ablauf der Tat nicht geklärt ist und die Erstanwendung von Gewalt nach dem bisherigen Ermittlungsstand von den indischen Staatsangehörigen ausging«. Mittlerweile sind die ersten Urteile gegen Tatbeteiligte wegen Volksverhetzung ergangen. Die ungenierte Propaganda der NPD geht hingegen weiter. Fakten spielen für die Neonazis scheinbar keine Rolle. Trotz der Verurteilungen spricht die NPD von einer angeblichen Kriminalisierungskampagne. Anfang Januar teilte sie mit, dass sie über 30 000 Flugblätter vorbereiten würde, die »die Menschen weiter gegen den deutschenfeindlichen Lügenbetrieb aufbringen werden«.
    In erster Linie konzentriert sich der öffentliche Blick auf fremdenfeindliche Gewalt in den ostdeutschen Bundesländern. Doch sie wächst auch im Westen der Republik. Statistisch gesehen werden durchschnittlich drei rechte Gewalttaten pro Tag in Deutschland registriert. Rechte Alltagsgewalt hat viele Gesichter, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.
    Im Oktober 2006 sollen drei junge Männer und eine junge Frau im Alter von 16 und 17 Jahren mehrere Brandsätze auf ein vornehmlich von Ausländern bewohntes Mehrfamilienhaus im mittelfränkischen Bad Windsheim geworfen haben. Zwei der jungen Männer wird zudem zur Last gelegt, gemeinsam mit einer anderen jungen Frau im März 2007 einen jüdischen Friedhof verwüstet haben. Die ermittelnde Justiz unterstellt den Angeklagten ausländerfeindliche Motive und wirft ihnen »aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen versuchten Mord in 42 Fällen sowie versuchte schwere Brandstiftung« vor.
    An einem Novemberabend des Jahres 2007 flogen Steine gegen ein Lokal in der Dortmunder Innenstadt, das vornehmlich von Migranten besucht wird. Die Fensterscheiben gingen zu Bruch. Unter lautem Gegröle und den Rufen »Scheißausländer« und »Scheißtürken« stürmte eine Gruppe von etwa 30 Rechtsextremisten das Lokal. Angesichts der großen Übermacht wichen die Türsteher zurück. Ein Gast wurde mit einer Schusswaffe bedroht und durch Pfefferspray verletzt. Beim Eintreffen der Polizei versuchten die Täter zu flüchten. Nicht allen gelang das. Fünf Neonazis gingen den Beamten ins Netz.
    Anfang Dezember 2007 griffen sieben Männer aus der rechten Szene im Alter von 16 bis 38 Jahren im baden-württembergischen Sandhausen einen Deutschen türkischer Herkunft in einem Bus an. Nachdem die Männer sich zu dem Mann gesetzt hatten, provozierten sie ihn und riefen rechte Parolen. Der 29 -Jährige wollte sich aus dieser Situation befreien und ging in den vorderen Bereich des Busses. Für die Rechten das Signal, um auf den wehrlosen Mann einzuprügeln.
    Schnell kann die Dynamik rechter Gewalt auch die eigenen Kameraden treffen. Während Neonazis nach außen hin Geschlossenheit demonstrieren und den Mythos Kameradschaft beschwören, gibt es auch immer wieder interne gewalttätige Auseinandersetzungen. Bei Geldstreitigkeiten zum Beispiel hört die Kameradschaft bald auf. Einer, der dies am eigenen Leib erfuhr, ist der rechte Unternehmer Philipp Schlaffer. Von Wismar aus betrieb er mehrere Szeneläden, Versandgeschäfte und Musiklabels. Zum Streit kam es, als Schlaffer im August 2006 ein Geschäft in Berlin-Oberschöneweide schloss. Als Betreiber hatte er dort Alexander Willibald Bahls, Drummer der Skinband Spreegeschwader, eingesetzt. Zwei Monate später erhielt Schlaffer unerwarteten Besuch von seinem alten Geschäftspartner Bahls. Dieser kam nicht allein, sondern in Begleitung zweier Kameraden. Bahls und seine Kumpane forderten von Schlaffer 10 500 Euro aus der alten Geschäftsbeziehung. Um der Ernsthaftigkeit ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, hatten sie eine Axt und Totschläger dabei. Da Schlaffer nicht zahlen konnte, nahmen sie mehrere hundert Euro, drei EC -Karten und eine Kreditkarte an sich. Schlaffer rief die Polizei. Im Mai 2007 wurde Bahls vom Landgericht Schwerin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Das hat die Szene Schlaffer übelgenommen. Im Internet kursierten alsbald diverse Boykottaufrufe gegen die Unternehmen von Schlaffer. Ihm wurde intern
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