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Neobooks - Transalp 12

Neobooks - Transalp 12

Titel: Neobooks - Transalp 12
Autoren: Marc Ritter , CUS
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prachtvollste Stadt der Welt zu errichten, gewesen. Wie oft hatte sie sich besorgt gedacht, dass, wenn sie etwas falsch verstünde, es dann auch falsch in den Plänen stehen und in den Führerbefehlen umgesetzt würde. Damals wurde ihr aber auch die Macht bewusst, die sie als eine der engsten Mitarbeiterinnen des Führers hatte. Einmal hatte sie versucht, diese Macht auszuleben. Sie hatte in einen Führerbefehl eine Null zu viel geschrieben. Aus der Zahl Hundert hatte sie eine Tausend gemacht. Und in einem Dorf in Italien wurden als Vergeltung eines Partisanenangriffs neunhundert Menschen mehr getötet, als der Führer befohlen hatte. Wegen einer einzigen Null. Ihrer Null. Diese Null hatte sie auch im Sinn des Führers gesetzt. Hundert Sühneopfer fand sie für einen Überfall auf deutsche Soldaten nicht genug. Der Führer hatte sicher nur eine schwache Minute gehabt, sonst hätte er gleich die Tausend diktiert. So hatte sie seinen Willen erfüllt, ohne dass er es überhaupt wusste. Sie war Werkzeug seines Willens geworden.
        Nun hatte dieses Werkzeug seinen wichtigsten Auftrag beinahe vollbracht. Er wäre stolz auf sie. Sie musste nur noch die Adresse finden. Sie hatte sich den Plan genau eingeprägt, bevor sie ihn in München in das alte Buch geschrieben hatte. Nun war es hoffentlich ein Kinderspiel, das Haus zu finden. Sie wollte den Einbruch der Nacht abwarten und setzte sich hinten in das Caffè Florian, dessen Terrasse überwiegend mit amerikanischen Soldaten besetzt war. Sie flirteten mit italienischen Damen und ließen die abgerissene Frau unbehelligt an sich vorbei ins Innere des Lokals gehen.
        Sie versuchte, die englischen und amerikanischen Militärzeitungen zu lesen, die auf einem Stapel an der Theke lagen, um zu verstehen, was in den letzten Wochen während ihrer Reise auf der Welt geschehen war. Das gelang ihr recht gut, obwohl der Englischunterricht, den alle Sekretärinnen erhielten, nach dem Flug von Rudolf Heß eingestellt worden war. Nichts Englisches durfte mehr im Berghof gesprochen, gelesen, gehört werden. Jetzt hausten die Amerikaner im Berghof. Das hätte sich 1941 niemand vorzustellen gewagt.
    Hotel Torre dell’Orologio, 22.27 Uhr
    Stephanie Gärtner sah sich hektisch im Zimmer um. Wie sollte die den bewusstlosen Anselm Plank hier herauswuchten? Er musste selbst gehen. Dazu musste er aufwachen. Jetzt. Die bei Suiten dieser Kategorie übliche Begrüßungs-Champagnerflasche stand im Kühler neben dem Bett auf einem Nachtkästchen. Sie nahm die Flasche aus dem versilberten Eimerchen und schüttete Anselm Plank das Wasser mitsamt den Eiswürfeln ins Gesicht. Der wachte verschreckt auf und sah sich mit weit aufgerissenen Augen im Zimmer um. Dann riss sie ihm das Klebeband vom Mund und schnitt seine Fesseln mit dem Messer aus dem Obstkorb durch.
    »Was ist hier los?«, fragte Plank benommen.
    »Später, wir müssen hier verschwinden.«
    Plank versuchte aufzustehen, aber ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Kopf. Gärtner zerrte bereits an dem toten Nazi, der die Tür blockierte. »Los, hilf mir!«
    Plank stand auf und taumelte. Mittlerweile bekam Gärtner auch alleine die Tür einen Spalt weit auf. Sie lugte nach draußen – noch waren die beiden anderen Kerle nicht wiederzusehen. Sie hätte durch den Spalt gepasst, aber Plank … Sie zerrte wieder, mittlerweile half Plank mit, der dabei furchtbar jammerte. Endlich war genug Platz. »Los, Anselm, aufs Dach!« Sie hoffte, dass die eng aneinandergebauten Häuser einen Fluchtweg boten.
    Sie rannte auf den Gang hinaus und fand die Tür zum Treppenhaus rechter Hand neben dem Aufzug. Plank presste sich durch die Tür. »Warst du das?«, rief er ihr nach, als er einen letzten Blick in die Suite warf, aber sie war schon weg. Er machte, dass er ihr nachkam. Keine Sekunde zu früh: Als sich die Tür zu den Treppen hinter ihm zuzog, klingelte der Lift drei Meter weiter. Die Lifttür glitt auf. Manuel und Björn kamen mit einem altersschwachen PC und einem Bildschirm unter den Armen zurück.
    Hotel Molino Stucky, 22.32 Uhr
    Hagen tobte wieder einmal. Zunächst glaubte er nicht, was Manuel ihm da über Funk mitteilte. Der wiederum musste den Ohrstöpsel herausnehmen, als Hagen seine Replik in den Äther brüllte. Er würde jetzt selbst den Einsatz leiten, da wohl auch die besten Kämpfer, die die Sektionen geschickt hatten, Versager waren. Er beorderte die beiden ins Casino. In einer Viertelstunde sollten sie sich mit ihm dort treffen. Das
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