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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht
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glühenden Dolchen durch meine Augen hindurch tief in mein Hirn. Ich schrie vor Schmerz und Schrecken auf und hob schützend beide Arme vors Gesicht, doch der stechende Schmerz, den das grelle Licht wieder in meinem Kopf wachgerüttelt hatte, blieb.
    »Was ist mit ihm?«, hörte ich Judith besorgt fragen.
    Sehen konnte ich sie im Augenblick nicht; vor meinen Augen tanzten bunte Pünktchen mit sternschnuppengleichen Schweifen einen wirren Reigen.
    »So, wie er auf die Steinplatten aufgeschlagen ist, muss man mindestens von einer Gehirnerschütterung ausgehen«, antwortete die Ärztin in sachlichem Tonfall und bog einen meiner Arme mit einer Kraft zurück, die ich ihr nie zugetraut hätte oder die ich nur als so stark empfand, da ich selbst mich unendlich schwach und ausgelaugt fühlte.
    So absurd es auch klang: In dieser Sekunde spürte ich deutlich, wie sich etwas tief in mir regte, etwas, das an den Fesseln meiner körperlichen Existenz zu rütteln schien und sich mit rasiermesserscharfen Klingen an den Strängen meines Willens zu schaffen machte. Ich wusste nicht, was es war, geschweige denn, was es wollte, aber ich fühlte deutlich, dass es nicht zu mir gehörte, dass dieses Etwas, das in diesen Sekunden versuchte von mir Besitz zu ergreifen, kein Teil meiner Persönlichkeit war, sondern zu jemand anderem, zu einer fremden Kreatur gehörte, die meinen Körper für sich zu nutzen begann, während meine Seele ihm ein weiteres Mal zu entweichen schien. Auf einmal fühlte ich mich wieder seltsam distanziert von mir selbst, von meinen Schmerzen, von Judith und Ellen ...
    Träumte ich schon wieder? Oder hatte ich es die ganze Zeit über getan und mir die Rückkehr in die Wirklichkeit nur eingebildet?
    Mit Daumen und Zeigefinger spreizte die junge Ärztin die Lider meines linken Auges auf, sodass ich sie nicht mehr zu schließen vermochte. Dann leuchtete sie mir wieder mit diesem gottverdammten Strahler, mit diesem grausamen kleinen Folter-Werkzeug ins Gesicht, und ich schrie erneut auf vor Qual. Mir ein glühendes Schüreisen durchs Auge zu rammen, hätte mich wohl nicht schlimmer peinigen können. Wieder schien sich etwas in meinem Kopf zu bewegen, und ich fragte mich (ich hoffte!), dass es nur der Schmerz war, der mich in den Wahnsinn zu treiben drohte. Ich litt, als hätte sich ein gemeiner Gargoyle aus den Tiefen der Hölle in meinem Kopf eingenistet und schabte in diesen Sekunden genüsslich von innen an meiner Hirnschale.
    Ich hörte Ellen reden, konnte aber ihre Worte nicht verstehen. Trübte oder betäubte der Schmerz einen Teil meiner Sinne, lag ich im Sterben oder war dieses nur ein weiteres Kapitel meines verrückten Albtraumes? Ich wusste es nicht, aber wenn es lediglich ein Traum war und wenn es so etwas wie einen Gott gab, dann sollte er sich meiner in diesen Sekunden verdammt noch mal erbarmen und mich endlich daraus erwachen lassen!
    Ein ganz und gar reelles Geräusch schallte durch die Dunkelheit und schien meine Trommelfelle zu sprengen, ehe es eine grausame Implosion in meinem schmerzenden Kopf auslöste. Der unverwechselbare Laut eines Schusses, der von den Wänden widerhallte und die gesamte Burg für einen Moment erzittern ließ, ehe ihm ein zweiter folgte!
    Entsetzt versuchte ich die Augen aufzureißen, doch meine Lider lasteten schwer wie Blei auf meinen Hornhäuten, sodass ich sie nicht gänzlich heben, sondern lediglich einen kleinen Spalt weit öffnen konnte, um einen verschleierten Blick auf meine Umgebung zu erhaschen. Ich erkannte, wie Carl auf den Ausgang zustürmte, dicht gefolgt von der Ärztin und schließlich Judith, die den Raum schnellen Schrittes als letzte verließ. Benommen versuchte ich zu begreifen, was geschehen sein mochte, versuchte angestrengt, mich auf die Ellbogen aufzustützen, um einen prüfenden Blick durch den Raum zu werfen, aber meine Mühen waren vergeblich: Meine Arme und Beine fühlten sich schwer und betäubt an, fast so, als hätte man mich auf dem kalten Steinboden festgenagelt. Aber wenn mir auch meine Glieder noch nicht gehorchten, so war wenigstens mein Geist durch den lauten Knall und den Schrecken wieder gänzlich erwacht, sodass meine Sinne endlich wieder präzise arbeiteten.
    Es waren Schüsse gefallen, begann ich zu ordnen, was in den letzten Sekunden geschehen war. Ich konnte nicht sagen, von woher das Geräusch gekommen war, ob der Schuss in diesem Raum oder irgendwo anders in der Burg abgefeuert worden war und gab mir Mühe, mich ganz auf die
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