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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille
Autoren: Das Vermächtnis
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strahlend schönen Sommertag entstanden, und Susan steht splitternackt am Achterdeck, bedeckt mit einer Hand ihren flammenden Busch und mit der anderen eine Brust. Ihre Miene spiegelt gespielte Überraschung und Verlegenheit wider.
    Der Anlass war, glaube ich, eine von Susans ausgelebten Sexphantasien: Ich sollte von einem Kajak aus an Bord steigen, wo ich sie allein und nackt vorfand und zu meiner Sexsklavin machte.
    Die Frau hatte nicht nur eine großartige Figur, sondern auch eine großartige Phantasie und eine wunderbare Libido obendrein. Was die sexuellen Rollenspiele anging, so dienten sie dazu, das eheliche Feuer am Brennen zu halten, und zwei Jahrzehnte lang klappte das gut, weil wir sämtliche Seitensprünge miteinander begingen. Zumindest war das unsere Abmachung, bis mit Don Frank Bellarosa nebenan ein neuer Mitwirkender einzog.
    Ich nahm eine Flasche mit altem Cognac, die ich in der Kredenz gefunden hatte, und goss einen Schuss in meine Kaffeetasse.
    Meine Rückkehr nach Amerika hatte etwas mit den ehemaligen Bewohnern dieses Pförtnerhauses zu tun, George und Ethel Allard, ehemalige Bedienstete der Familie Stanhope. George, ein anständiger Mann, war vor zehn Jahren gestorben, und seine Frau Ethel, die nicht so nett war, lag in einem Pflegehospiz und war im Begriff, sich zu ihrem Gatten zu gesellen, es sei denn, George hatte bereits ein paar Takte mit dem heiligen Petrus geredet, dem Hüter der Himmelspforte. »Hat man mir nicht ewige Ruhe und Frieden versprochen? Kann sie nicht irgendwo anders hin? Sie hatte es schon immer lieber heiß.« Auf jeden Fall war ich ihr Nachlassverwalter, und daher musste ich mich darum kümmern und zu ihrer Beerdigung gehen.
    Der andere Grund für meine Rückkehr war, dass dieses Pförtnerhaus meinen offiziellen Wohnsitz in den USA darstellte, aber leider sollte dieses Haus in die Hände von Amir Nasim übergehen, einem Gentleman aus dem Iran, der jetzt das Herrenhaus, Stanhope Hall, und einen Großteil der ursprünglichen Ländereien besaß, darunter dieses Pförtnerhaus. Bislang allerdings hatte Ethel Allard ein sogenanntes lebenslanges Nutzungsrecht auf das Pförtnerhaus, das heißt, dass sie bis zu ihrem Tod mietfrei dort wohnen durfte. Dieses kostenlose Haus hatte sie von Susans Großvater Augustus Stanhope bekommen, weil Ethel vor langer Zeit mit ihm gevögelt hatte, und später war sie so freundlich gewesen, mich meine Sachen hier einlagern zu lassen und die Bude mit mir zu teilen, wenn ich nach New York kam. Ethel konnte mich nicht ausstehen, aber das ist eine andere Geschichte.
    Jedenfalls neigte sich Ethels Wohnrecht in diesem Haus und auf diesem Planeten dem Ende zu, und daher musste ich nicht nur aus London zurückkehren, um mich von Ethel zu verabschieden, sondern auch um eine neue Bleibe für meine Besitztümer und einen anderen offiziellen Wohnsitz in den USA zu finden, was allem Anschein nach eine Voraussetzung für Staatsbürgerschaft und Kreditwürdigkeit ist.
    Dies war mein erster Aufenthalt in New York seit letztem September, als ich aus London angereist war, sobald wieder Flugzeuge verkehrten. Ich hatte drei Tage im Yale Club gewohnt, wo ich meine Mitgliedschaft wegen meiner gelegentlichen Geschäftsreisen nach New York aufrechterhielt, und war erschrocken darüber gewesen, wie ruhig, leer und düster die große Stadt geworden war.
    Ich machte keine Anrufe und traf mich mit niemandem. Ich hätte meine Tochter besucht, aber die war unmittelbar nach dem 11. September aus ihrem Apartment in Brooklyn geflüchtet und wohnte bei ihrer Mutter auf Hilton Head, South Carolina. Mein Sohn Edward lebt in Los Angeles. Also lief ich drei Tage lang durch die ruhigen Straßen der Stadt und betrachtete den Rauch, der vom sogenannten Ground Zero aufstieg.
    Unglücklich und erschöpft stieg ich ins Flugzeug und kehrte mit dem Gefühl nach London zurück, mich richtig verhalten zu haben, wie jemand, der wegen eines Todesfalls in der Familie nach Hause gefahren ist.
    Im Lauf der nächsten Monate erfuhr ich, dass elf Menschen, die ich gekannt hatte, in den Twin Towers gestorben waren: Größtenteils ehemalige Nachbarn und Geschäftspartner, aber auch ein guter Freund, der eine Frau und drei kleine Kinder hinterließ.
    Und jetzt, neun Monate später, war ich zurück. Alles schien sich wieder normalisiert zu haben, aber das stimmte nicht ganz.
    Ich trank einen Schluck Kaffee mit Cognac und schaute auf die Papierstapel. Ich musste eine ganze Menge durchgehen und hoffte, dass
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