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Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues

Titel: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
Autoren: Virginia Ironside
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geworden ist: Es ist zu spät. Ist das nicht toll? Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber ich habe immer davon geträumt, eines Tages vielleicht doch noch eine berühmte Balletttänzerin zu werden. Oder eine Konzertpianistin. Oder eine W eitspringerin, die sämtliche Rekorde bricht. Mittlerweile jedoch– wenn auch erst seit kurzem, wie ich zugeben muss– ist mir klar geworden, dass die W ahrscheinlichkeit, dass diese Träume doch noch wahr werden, bei null liegt. W enn ich so auf mein Leben zurückblicke, dann stelle ich zu meiner V erblüffung fest, dass ich eigentlich immer Journalistin gewesen bin. Ich habe fünfzehn Bücher geschrieben. Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, dass das W ort mein Beruf ist. Und nichts sonst.
    Was für eine Erleichterung! Fort mit all den Schuldgefühlen, weil ich abends zu schlapp war, um doch noch eine berühmte Sprinterin zu werden, und zu faul, um es zur Opernsängerin zu bringen. Denn jetzt IST ES ZU SPÄT!
    Außerdem bin ich noch nicht sehr alt. (Obwohl sich das, wenn ich nächstes Jahr sechsundsechzig werde, vielleicht ändern könnte.) Und schon gar nicht uralt. W enn man dieses verminte Territorium zu betreten wagt, sieht vieles ganz anders aus. In einem A ltersheim zu sitzen und sich Suppe in den offen stehenden Mund löffeln zu lassen, während einem der Urin das Bein herunterrinnt, ist alles andere als schön. Es sehnt sich gewiss auch niemand danach, durch die Stadt zu irren, ohne zu wissen, wo er ist und wie er heißt.
    Nein, ich rede hier von den Sechzigern– ein wahrlich wundervolles A lter.
    Als ich sechzig wurde, habe ich in Buchläden nach einem Buch gesucht, das mir nicht nur die Freuden, sondern auch die Härten meines speziellen demografischen A lters schildert. (Ich glaube, »demografisch« ist das richtige W ort. Sicher bin ich aber nicht– immerhin ist der Begriff ja relativ neu. Irgendwie kann ich genauso wenig mit ihm anfangen wie etwa mit dem W ort »Diaspora«. W as das eigentlich genau bedeuten soll, weiß ich nie so genau. Egal, Sie verstehen schon, was ich meine.) In meiner Jugend hat mir Down with Skool! von Geoffrey W illans durch die Mittelschule geholfen, durchs Teenageralter dann Der Fänger im Roggen, in dem ich meine eigenen Gefühle entdeckte. Damals gab es zwar noch keine Bridget Jones, dafür aber A ngst vorm Fliegen von Erica Jong. Und als junge Mutter habe ich mich köstlich mit den Büchern von Erma Bombeck amüsiert, die auf witzige W eise die Tücken des kinderreichen Familienalltags schildert. A ls ich sechzig wurde, suchte ich jedoch vergeblich nach Büchern, die mich auf unterhaltsame und scharfsinnige W eise durch die nächste Dekade geleiten konnten.
    Das heißt, ich fand schon etwas, aber das falsche. Bücher mit Titeln wie Herbstlaub oder Goldene Ernte. Ein Buch hieß gar Die zweite Jugend, ein anderes Man ist nur zweimal jung!. W as für eine V eräppelung! Ich meine, sechzig hat nichts mehr mit Jugend zu tun, egal, wie verbissen man sich bemüht, es selbst zu glauben. Mit sechzig ist man nun einmal sechzig.
    Und dann war da noch A ltern mit W ürde.
    Und das allerschlimmste: Lehnstuhlaerobics.
    Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will nicht bestreiten, dass wir Babyboomer andere Oldies sind als– na ja– andere Oldies eben. Zumindest glaube ich das. (Natürlich wäre es möglich, dass ich mit dieser A nsicht total danebenliege. V ielleicht denkt ja jede Senioren-Generation, dass sie etwas ganz Besonderes ist und dass sie sich auf keinen Fall mit anderen Senioren vergleichen lässt.)
    Meine Jugend lag aber in den Sechzigerj ahren, einer W elt von Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll. Ich glaube, dass meine Generation viel mehr mit den Dreißig- und V ierzigjährigen von heute gemeinsam hat als mit den Siebzig- und A chtzigjährigen, die einen oder gar beide W eltkriege mitgemacht und wirkliche Entbehrungen erlebt haben. In den A ugen der Jugend spielt es keine Rolle, dass es meine Generation in den Sechziger- und Siebzigerjahren ordentlich hat krachen lassen, dass wir mehr mit, sagen wir, A my W inehouse gemein haben, als mit einem schlachterprobten W eltkriegsveteranen– für die Jungen gehören wir zu ein und derselben Mumien-Generation.
    Aber alte Leute sind nicht alle gleich.
    Ich möchte zwar nicht so wie meine Großmutter in diesem A lter leben und nur noch A pfelkuchen backen und mir jeden A bend die A rchers im Radio anhören (obwohl ich beiden A ktivitäten durchaus zugeneigt bin, wie Sie noch sehen werden),
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