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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
Autoren: Andrea Schacht
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rupfen.
    Vereitelt wurde dieses Vorhaben durch Benefiz, den schwanzlosen Spitz, der zum Spielen aufgelegt war. Nachsichtig belächelte Alyss die kleine Szene. Benefiz war noch sehr jung, er wusste es nicht besser. Den Kratzer auf seiner Nase würde sie gleich verarzten und den jungen Hund mit einem Wurstzipfel trösten.
    Entschlossen drehte sie sich zu ihrem Wasserkrug und der Schüssel um, um sich den Schlaf aus dem Gesicht zu waschen. Ein grober Kittel würde heute ihr Gewand sein, denn harte Arbeit stand an. Harte, aber äußerst befriedigende Arbeit.
    Der Tag war wie gemacht für den Beginn der Weinlese.
    Leise verließ sie ihr Gemach und blieb auf dem Treppenabsatz stehen. Aus dem Zimmer nebenan klang sonores Schnarchen. Ihren Gatten hatte der martialische Weckruf nicht aus dem Schlummer gerissen – er hatte sich wie üblich am Abend zuvor eine ordentliche Bettschwere angetrunken. Auch Alyss sah sich nicht bemüßigt, ihren Ehegemahl zu wecken, weshalb sie mit den Pantinen in der Hand die Treppe hinunterschlich.

    Nicht Rücksichtnahme auf den Herrn des Hauses ließ sie so handeln, sondern der Wunsch, ihm nicht schon am frühen Morgen in die Quere zu kommen. Im Hause van Doorne hing der Haussegen seit zwei Monaten merklich schief.
    Arndt van Doorne war Weinhändler und zog es vor, seine Ware direkt bei den Winzern in der Pfalz oder in Burgund einzukaufen. Als er Anfang August nach Köln zurückgekommen war, hatte er ohne Bewegung den Mord an seinem Bruder Robert hingenommen; zwischen den Brüdern hatte keine große Herzlichkeit bestanden. Anders war seine Reaktion auf die höchst unbequemen Tatsachen, mit denen ihn sein Weib konfrontiert hatte.
    Im Zuge der Aufklärung des Mordes an Robert hatte Alyss seinen unlauteren Handel mit den Tuchwebern aufgedeckt und ihm ebenso die schlampige Führung seiner Geschäfte unter die Nase gerieben. Das alleine hatte schon zu einem cholerischen Anfall ohnegleichen geführt und hätte sicher damit geendet, dass er ihr eine herbe Tracht Prügel verabreicht hätte, wäre bei dem Gespräch nicht Marian, ihr Zwillingsbruder, zugegen gewesen, dessen grüne Augen ihn eisig durchbohrten.
    Mehr aber noch hatte er seinen brüllenden Zorn über Alyss ergossen, als er bemerkte, dass sie das eheliche Gemach verlassen und sich in dem Zimmer des Verstorbenen eingerichtet hatte. Die Tür zu diesem Raum blieb ihm von nun an gründlich verschlossen. Das hatte Alyss ihm mit frostklirrenden Worten klargemacht.
    Seither gingen sich die Eheleute so weit wie möglich aus dem Weg, und Alyss sehnte jeden Tag mehr den Zeitpunkt herbei, an dem Arndt sich wieder auf die Reise nach Burgund machen würde, wo er gerne Herbst und Winter verbrachte.
Unten in der Küche wirtschaftete bereits Hilda, die Haushälterin, am Herd. Ein Feuerchen brannte, im Kessel erwärmte es langsam den Brei, der ihnen allen als Morgenmahl diente, und wie erwartet schlich sich Benefiz winselnd an Alyss heran und wies seine zerschrammte Nase vor.
    »Ich dreh ihm heute Mittag den Hals um, dieser Ausgeburt der Hölle!«, knurrte Hilda.
    »Nein, das wirst du nicht. Er ist laut, er ist schrecklich, und er ist fruchtbar. Und weil wir alle Eierkuchen mögen, bleibt er am Leben!«
    »Schwarze Hähne wecken die Dämonen auf!«
    »Unsinn, der Herr schläft noch tief und fest.«
    »Frau Alyss!«, begehrte Hilda auf und schlug ein Kreuzzeichen über ihrer voluminösen Brust.
    Frau Alyss hingegen zeigte sich nicht beeindruckt, sondern kraulte Benefiz und schmierte ihm dann einen Klecks Gänseschmalz auf die blutige Nase, das der Spitz jedoch nicht als Heilmittel betrachtete, sondern begeistert ableckte.
    Nach und nach versammelten sich die anderen Hausbewohner in der geräumigen Küche. Frieder und Tilo, die beiden halbwüchsigen Rabauken, kabbelten sich wie üblich, und Benefiz beteiligte sich mit einem erfreuten Kläffen an der Balgerei. Alyss ermahnte sie kurz, worauf die beiden sich setzten und hungrig nach dem Kessel äugten. Leocadie hatte bereits eine Rose gepflückt und drehte sie verträumt in den Fingern, Lauryn ergriff den langen Holzlöffel und rührte den Brei um, und Hedwigis zeigte wie üblich eine mürrische Miene, als Hilda sie anwies, Honig und Mandelmilch aus der Speisekammer zu holen. Peer, der Handelsgeselle, trat leise ein, einen Korb mit Brennholz am Arm.

    Alyss wies Leocadie an, die Schüsseln mit Brei zu füllen, und schnitt für sich selbst einen Apfel in kleine Stücke, um ihr Mahl damit zu versüßen. Als alle am
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