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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
Autoren: Andrea Schacht
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Tisch saßen, sprach sie ein kurzes Gebet, dann trat Stille ein. Man löffelte.
    Draußen krähte Herold noch einmal, und über ihnen tat es einen dumpfen Plumps und einen derben Fluch.
    Alyss ließ sich zwar nicht anmerken, was sie dachte, aber Lauryns mitfühlender Blick sagte ihr, dass das Hauswesen geschlossen auf ihrer Seite stand. Sie straffte die Schultern, überging ihren Unmut und verteilte die Aufgaben.
    »Der Wein ist reif genug, um ihn zu lesen. Wie es aussieht, werden wir einige Tage trockenes Wetter haben, darum werden wir alle zusammen heute Vormittag in den Weingarten gehen und so viel wie möglich ernten. Frieder und Lauryn, ihr wisst, wie man die reifen Trauben erkennt und sie schneidet. Zeigt es Leocadie und Tilo. Ich werde Hedwigis anleiten. Kiepen und Körbe findet ihr im Schuppen, desgleichen scharfe Scheren.«
    »Ich werde mir Blasen an den Fingern holen«, murrte Hedwigis.
    »Das werden wir alle«, beschied Alyss sie kurz. »Das wird vergessen sein, wenn wir den ersten Most trinken.«
     
    Einen ganzen Tag lang war es Alyss und ihren jungen Helfern vergönnt, im sorgsam gepflegten Weingarten, dem ganzen Stolz der Hausherrin, süße, saftstrotzende Trauben zu ernten.
    Einen Tag nur.
    Denn am nächsten Vormittag, als Alyss mit ihrem kleinen Trüppchen Helfer in die Reben gehen wollte, fand sie ihren Gatten an der Mauer vor, die den Garten umschloss. Mit energischen
Hammerschlägen nagelte er das Tor zu und grinste sie dann hämisch an.
    »Ich habe meinen Weingarten verkauft, Weib. In Eurem Kontor findet Ihr die Summe vor, die ich Euch angeblich schulde. Und nun verschwindet hier.«

3. Kapitel
    W ie benommen suchte Alyss den nüchternen Raum auf, in dem sie ihre Abrechnungen zu machen pflegte. Hier, neben den Lagerräumen, in denen Robert van Doorne einst seine Tuchballen gestapelt hatte, stand ein Schreibpult, und auf dem Bord an der Wand reihten sich die Haushaltsbücher der vergangenen Jahre. Die Truhe in der Ecke barg die Lederbeutel mit den Münzen, die für den Unterhalt des Hauswesens nötig waren, und nun, wie angekündigt, auch den mit dem Betrag, der einst ihre Mitgift ausmachte.
    Mechanisch zählte sie die Gold- und Silberstücke nach – ja, die Summe stimmte.
    Doch um welchen Preis hatte sie sie zurückerhalten!
    Langsam ließ sie sich auf den harten Schemel sinken und stützte die Wangen in ihre Hände.
    Natürlich, der Weingarten, genau wie das Haus, waren Arndt van Doornes Eigentum. Er konnte darüber verfügen, wie es ihm gefiel. Worüber er nicht verfügen konnte, war ihre Mitgift. Dennoch hatte er es getan. Mit seinem unüberlegten
Handel und seinem mangelnden Empfinden für Preise und Werte hatte er sich seit Jahren aus der gut gefüllten Schatulle bedient. Dass ihm das nicht zustand, hatte Alyss ihm nach seiner Rückkehr überdeutlich klargemacht und die Rückzahlung ihrer Mitgift gefordert.
    Das hatte er nun getan, und eigentlich sollte sie sich nicht grämen.
    Sie tat es dennoch.
    Vor fünf Jahren, als sie Arndt geheiratet hatte, herrschte zwischen ihnen noch eitel Sonnenschein, und er hatte mit nachsichtiger Gutmütigkeit ihre Anstrengungen unterstützt, die verwilderten Reben hinter seinem Haus wieder in einen ertragreichen Weingarten zu verwandeln. Dieses Vorhaben hatte Alyss mit Stolz erfüllt, hatte sie doch ihre Jugend auf dem Gut ihrer Eltern in Villip verbracht, wo ihr Vater ihr und Marian schon früh beigebracht hatte, die biegsamen Reben zu erziehen, die Blätter zu lichten, die Trauben zu lesen, den Most zu keltern. Einen Garten zu hegen erfüllte sie mit Genugtuung, mehr noch, nach dem Tod ihres kleinen Sohnes war die Arbeit darin monatelang ihr einziger Trost gewesen.
    Dieses Jahr nun hatten die Reben erstmals so viel Frucht getragen, dass sie nicht nur als Rosinen für die Küche reichen würden, sondern wirklich der erste Wein daraus hätte entstehen können.
    Sie hätte Arndt Zeit gelassen mit der Rückzahlung, hatte nicht erwartet, dass er vor der nächsten Lieferung nach England seine Schulden beglich. Und schon gar nicht hatte sie erwartet, dass er dafür seinen Grund verkaufen würde. Doch er hatte es getan, und es war seine Form der Strafe für ihr in seinen Augen unbotmäßiges Verhalten.

    Er hatte ganz genau gewusst, wie weh er ihr mit diesem Verkauf tat, das hatte sie in seinen böse glitzernden Augen gesehen.
    Heilige Jungfrau Maria, wie weit war es mit ihnen gekommen!
    Einst hatte sie ihren Mann geachtet, geliebt und sogar begehrt. Doch all das
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