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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition)
Autoren: Heinz Zwack
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eigene Strom- und Wärmeversorgung aus einer hypermodernen Wärmekopplungstherme, TV und Internet via Satellit, komplett im rustikalen Stil möbliert, und das alles zu einem Mietpreis, für den man in München nicht einmal zwei Zimmer bekommt.
    Der einzige Haken: Zufahrt über eine unbefestigte Bergstraße. Inzwischen ahne ich, wie sie mich damit übertölpelt hat. Der Autofan in mir fing jedenfalls sofort an, den Markt zu erkunden, und schon ein paar Tage später schwärmte ich von einem kleinen Geländewagen mit dem Stern auf dem Kühler.
    Eine Bemerkung des Maklers hätte mich vielleicht stutzig machen sollen: »Die zwei letzten Mieter haben sich auch Geländewagen gekauft. Mit Vierradantrieb und einem kleinen Schneepflug zum Ankoppeln ist das ein Kinderspiel. Und Sie müssen ja im Winter nicht jeden Tag Einkaufen fahren …«
    Die zwei letzten Mieter … Und das bei einer Miete, die geradezu ein Hohn war? Aber das Haus war einfach Liebe auf den ersten Blick – und gegen die ist ja bekanntlich kein Kraut gewachsen!
    Vielleicht noch ein paar Worte zu uns: Ich heiße Bernd Lukas – genauer gesagt: Bernhard, den Namen haben meine Eltern für ihren spät geborenen, einzigen Sohn gewählt – aber ich fand ihn recht bald ›uncool‹ und habe ›Bernd‹ draus gemacht. Und so nennen mich alle, die mich kennen. Bloß meine Mutter sagt Bernhard, wenn ich sie gelegentlich im Altenheim besuche.
    Nach dem Anglistikstudium hat es mich in den Journalismus gezogen, in der Hoffnung, ich würde auf die Weise ein wenig von der Welt zu sehen bekommen. Die hat sich erfüllt, wenn auch zunächst in Ouagadougou – Sie können ja nachsehen, wo das liegt –, dann in Bangkok, Washington, London und schließlich in Tokio, was in diesem Beruf als besondere Auszeichnung gilt und ganz sicherlich dazu beiträgt, einen für fremde Kulturen aufgeschlossen zu machen.
    Krönung meiner Journalistenlaufbahn war eine nochmalige Berufung nach Washington gewesen, diesmal als Leiter des Redaktionsbüros meiner Zeitung, wo ich sechs Jahre tätig war, bis ich von der ständigen Hektik genug hatte und mich für den vorgezogenen Ruhestand entschied. Den konnte ich mir dank ein wenig Glück an der Börse materiell und dank meines im Laufe der Jahre immer intensiver gewordenen schriftstellerischen Hobbys auch intellektuell leisten. Wir verbrachten dann noch drei Jahre – zum Eingewöhnen in den Ruhestand – in Naples an der Westküste Floridas, ehe es uns wieder in meine eigentliche Heimat nach München zurückzog. Carol, meine Frau, habe ich während meines ersten Einsatzes in Washington auf einer der zahllosen Pressepartys kennengelernt und sie bald darauf geheiratet. Sie hat mich bei meinen sämtlichen Auslandseinsätzen und auch auf vielen Reisen begleitet, und so sind wir uns immer in jeder Hinsicht nahe geblieben. Mein Hobby, das erwähnte ich, glaube ich, schon an anderer Stelle, ist die Science Fiction, die mich dazu veranlasst hatte, zum Freizeit-Autor zu werden.
    Unsere beiden Kinder, Max und Jessie, haben sich bereits abgenabelt, Max hat an der Münchner Uni eine Stelle als Assistent am Lehrstuhl für Raumfahrttechnik, Jessie studiert noch Anglistik. Beide haben ihre eigene Wohnung und sind auch, abgesehen vom elterlichen Finanzzuschuss, den Jessie noch braucht, recht selbständig, sodass wir den Ruhestand mit vollen Zügen genießen können. Wir reisen gern, fühlen uns aber jetzt seit etwa zwei Monaten in unserem Refugium hoch über den Morgennebeln, die häufig die Täler vor uns verbergen, recht wohl.
    Zweifel an unserer Entscheidung hatten wir bisher ganz selten – dann etwa, wenn sich am frühen Abend herausstellt, dass keine Wurst mehr im Haus ist und keiner von uns beiden Lust hat, noch einmal die Fahrt ins Tal anzutreten … aber das hätte uns schließlich in München genauso passieren können.
    Und dann kam der Tag, an dem mir zu dämmern begann, was es mit den zwei Mietern in zwei Jahren möglicherweise auf sich gehabt haben konnte …
    ***
     
    Ich war mit Einkaufen dran, außerdem war Montag, und da gab es immer den ›Spiegel‹, auf den ich nicht verzichten wollte. Mit dem Abonnement hatte das nicht mehr geklappt, denn Postzustellung ›in der Einöde‹ war nicht drin, jedenfalls nicht, wenn man auf Regelmäßigkeit und Pünktlichkeit Wert legte …
    Ich rief Carol zu, die noch im Bad war, ich würde ins Dorf fahren, wir könnten ja gemeinsam das zweite Frühstück nehmen, sobald ich zurück sei. »Ich bringe auch frische
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