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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss
Autoren: dtv
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die Tür abgeschlossen und sich wieder gesetzt, begann das Telefon zu läuten, einmal, zweimal, ein drittes Mal. Sie wartete auf Garys Zeichen, bevor sie abhob.
    »Hallo?«, sagte sie. »Hier spricht Nancy Phelan.«
    Pause. »Nein, es ist alles in Ordnung.« Sie warf einen Blick zu Gary, der immer noch vor ihrem Schreibtisch stand. »Wir kommen zurecht, danke. Ja, ganz sicher. Nein. Tschüs.«
    Betont langsam legte sie auf, und im selben Moment bückte sich Gary zum Boden und riss das Kabel aus der Dose über der Sockelleiste.
    »Nehmen Sie doch erst einmal Platz«, sagte Nancy.
    Aber Gary blieb stehen und inspizierte ihr Büro mit einem Blick, der alles aufnahm. Die Urlaubskarten aus dem Ausland, die sie an den Aktenschrank geklebt hatte, denEfeu beim Fenster, der dringend umgetopft werden musste, den überquellenden Eingangskorb, ein Farbfoto von den Zwillingen ihrer Cousine, den durchsichtigen Plastikbehälter, der mit grünen Blättern und feinen Ästchen gefüllt war. Den nahm er in die Hand und schüttelte ihn.
    »Nicht!«, rief Nancy erschrocken. »Bitte tun Sie das nicht. Da sind   … Stabheuschrecken drin. Zwei Stück, glaube ich.«
    Gary hielt den Behälter vor sein Gesicht und schüttelte ihn einmal versuchsweise.
    »Ich habe sie geschenkt bekommen«, sagte Nancy und verstand selbst nicht, warum sie sich zu einer Erklärung bemüßigt fühlte. »Von einem Klienten.«
    »Ich glaub, die sind tot«, sagte Gary.
    Nancy hielt es für möglich, dass er recht hatte.
     
    Der erste Wagen war gerade erst vor dem Wohnungsamt eingetroffen, als Resnick mit seiner Plastiktüte voll Strudel, Wurst und Käse ankam. Im Foyer sprach ein junger Constable mit dem Sicherheitsbeamten, ein zweiter, etwas älterer, kämpfte mit seinem widerspenstigen Funkgerät. Resnick, der keinen von beiden kannte, zückte seinen Dienstausweis.
    »Constable Bailey«, stellte sich der Beamte mit dem Funkgerät vor. »Das dort ist Hennessey.«
    Sicher nicht der Hennessey, dachte Resnick, der früher so wirkungsvoll das Mittelfeld von Nottingham Forest kontrolliert hatte. Nachdem er sich eine knappe Zusammenfassung der Situation angehört hatte, ging er zur Treppe.
    »Meinen Sie nicht, wir sollten auf Unterstützung warten, Sir?«, fragte Bailey.
    »Sehen wir, was wir selbst tun können«, entgegnete Resnick. »Die Frau, mit der er sich eingesperrt hat, wird sich kaum freuen, wenn wir hier untätig herumhängen.«
    Im Korridor vor der verschlossenen Tür hatte sich einekleine Menschenmenge aus wartenden Klienten und Neugierigen angesammelt.
    »Scheuchen Sie die Leute zurück«, befahl Resnick Hennessey. »In den Warteraum mit ihnen. Und die Tür schließen.«
    »Ich habe mit Nancy telefoniert, kurz nachdem sie hineingegangen sind«, sagte die Frau von der Anmeldung. »Sie sagte, es sei alles in Ordnung.«
    Resnick nickte. »Kann ich mit ihr sprechen?«
    Penny schüttelte den Kopf. »Keine Verbindung.«
    »Was ist mit dem Mann?«, fragte Resnick. »Kennen wir seinen Namen?«
    »James. Gary James.«
    »Haben Sie gesehen, ob er bewaffnet ist? Trug er etwas wie eine Waffe bei sich?«
    »Er ist mit einem Stuhl auf mich losgegangen.« Bei der Erinnerung zog Penny schaudernd die Schultern zusammen.
    »Gary James«, teilte Resnick Bailey mit, der den Namen schon in sein Heft eintrug. »Lassen Sie ihn überprüfen. Vielleicht hat er eine Akte.«
    »Und die Unterstützung, Sir?«
    Resnick lächelte dünn. »Wer weiß, ob überhaupt Leute da sind.« Er wandte sich wieder Penny zu. »War von drinnen irgendetwas zu hören? Laute Stimmen, Geräusche, die auf ein Handgemenge schließen lassen?«
    »Ich habe mich so nahe an die Tür geschlichen, wie ich mich getraut habe.« Pennys Stimme klang ein wenig atemlos. »Er hat unentwegt über die Wohnung geschimpft, in der er mit seiner Familie leben muss. Das ist alles, was ich gehört habe. Wie kalt und feucht es da ist, und dass es ein Wunder wäre, wenn die Kinder ohne Lungenentzündung über den Winter kämen. Aber das ist jetzt schon eine Weile her. Seitdem habe ich keinen Piep mehr gehört.«
    »Jemand muss doch einen Zweitschlüssel zu dem Raum haben.«
    »Ja, der Hausmeister. Für das Reinigungspersonal.«
    »Haben Sie versucht, ihn zu erreichen?«
    »Oh. Nein, tut mir leid. Bei dem ganzen Durcheinander kam ich gar nicht zum Denken. Aber ich kann es ja jetzt mal versuchen, nur habe ich, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wo er sich um diese Zeit aufhält.« Sie wies auf den Sicherheitsbeamten, der mit
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