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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord
Autoren: Oliver Buslau
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sehen: Galeria Kaufhof. »Und ich glaube, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    »Was soll das heißen?«, fragte die Dorau.
    Jutta antwortete nicht. Stattdessen kippte sie die Tüte um, und der Inhalt prasselte auf die Resopalplatte, dass es nur so staubte. Die Kommissarin konnte gerade noch ihre Akte in Sicherheit bringen.
    »He, Moment mal …«, fing sie an zu protestieren, doch dann schwieg sie.
    Was in der Tüte gewesen war und nun auf dem Tisch einen großen Haufen bildete, war nichts anderes als eine Ansammlung von bräunlich verfärbten Knochen - darunter auch die Reste eines Schädels.
    »Was ist das denn?«, fragte die Dorau.
    Einer der Männer, die Jutta mitgebracht hatte, trat vor. Der kleine Dicke.
    »Das kann ich Ihnen genau sagen. Aber ich möchte mich erst kurz vorstellen. Mein Name ist Dr. Wennemann-Buchner, Professor für Anthropologie…«
    »Für was?«, rief die Dorau.
    Der Professor warf ihr einen tadelnden Blick zu. Wahrscheinlich wurde auch er ungern unterbrochen.
    »Menschliche Entwicklungsgeschichte. Und Sie sind …?«
    »Hauptkommissarin Dorau.«
    »Sehr schön, Frau Dorau. Also, wie Sie an diesen Knochen deutlich sehen können, handelt es sich um Überreste eines menschlichen Wesens. Auf den ersten Blick könnte man glauben, es mit den Knochen eines Homo sapiens zu tun zu haben oder auch eines Primaten, aber das täuscht. Wenn Sie sich zum Beispiel die sogenannte Schädelkalotte ansehen …«, er wies auf den Totenkopf, der zwischen den Knochentrümmern lag; es war die Oberseite des Schädels ohne Unterkiefer, über den Augenhöhlen war der Knochen besonders wulstig, »… dann sehen Sie sofort, dass es sich um eine Menschenart handeln muss, aber mit größter Wahrscheinlichkeit nicht um einen Homo sapiens, und zwar …«
    Es knallte, dass die Knochen zitterten. Nicht nur die auf dem Tisch. Die Kommissarin hatte wieder auf die Tischplatte geschlagen.
    »Ruhe!«, schrie sie. »Sagen Sie mir jetzt, was los ist. Und zwar in wenigen Worten. Sie stören eine Vernehmung.«
    Jetzt meldete sich Loriot zu Wort. »Mein Name ist Dr. Heimlich. Ich bin der Anwalt von Herrn Rott lege hiermit gegen diese Vernehmung Einspruch ein. Hier auf dem Tisch sehen Sie ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Angaben meines Mandanten der Wahrheit entsprechen. Wir haben eigens Herrn Professor Wennemann-Buchner als Experten hinzugezogen, um …«
    »Seien Sie still«, jammerte die Dorau. Sie war in ihrem Stuhl zusammengesunken und hielt sich die Hand vor die Stirn.
    Der Gelehrte und der Advokat gehorchten.
    »Ich stelle jetzt ein paar eindeutige Fragen, klar? Und ich bitte um kurze Antworten. Herr Professor, ich frage Sie: Halten Sie das hier etwa für ein Neandertaler-Skelett?«
    »In Anbetracht der Schädelkalotten und der Proportionen der…«
    »Ja oder nein?«
    »Ja.«
    »Frau Ahrens: Wo haben Sie das Skelett her?«
    »Aus der Garage von Frau Schroffbach.«
    »Was soll das heißen?«
    »Was ist daran so schwer zu verstehen?«
    »Sie sind in die Garage von Frau Schroffbach eingebrochen und haben die Knochen gestohlen?«
    »Es war Gefahr im Verzug. Das Risiko war hoch, dass Frau Schroffbach es wegbringt. Wie der Herr Professor mir erklärt hat, ist so ein Skelett wertvoll. Vor allem, wenn es gut erhalten ist. Es gibt für so was einen richtigen Schwarzmarkt. Auf dem Grundstück, wo das Hotel gebaut wird, gibt es Lehmboden, und im Lehm halten sich die Knochen besonders gut. Umso wertvoller sind die Überreste.«
    »Das war auch bei dem berühmten Fund von 1856 der Fall«, warf der Professor ein, und er sah den Knochenhaufen auf dem Tisch gierig an. Es war klar, dass er ihn am liebsten sofort in ein Labor getragen hätte.
    »Wer hat Ihnen denn gesagt, dass sich das Skelett in der Garage befand?«, fragte die Dorau.
    »Herr Kotten.«
    »Unmöglich. Der liegt im Krankenhaus und ist nicht bei Bewusstsein.«
    »Er hat es mir gesagt, bevor die Polizei in den Lagerraum kam. Ich habe mich noch kurz mit ihm unterhalten können, als er verletzt am Boden lag.«
    Ich erinnerte mich. Jutta hatte sich über Kotten gebeugt. Sie hatten leise miteinander gesprochen.
    »Aber das ist ein Widerspruch«, rief die Kommissarin. »Herr Rott behauptet, Herr Kotten habe ihn zu der Hütte auf dem Baugelände geführt, um ihm die Knochen zu zeigen.«
    »Kotten wollte bei Schroffbach Hilfe holen.«
    »Weil er sich in der Hand dieses Entführers befand.« Die Dorau warf mir einen Blick zu.
    »Herr Rott wollte nur seine Unschuld beweisen«,
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