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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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davon.
    „Herr?“, rief einer der Adligen, der bei dem verunglückten Ausflug dabei gewesen war; die anderen brachten ihn sofort energisch zum Schweigen.
    „Nicht jetzt!“, zischte es von allen Seiten.
    „Aber wenn der junge Prinz uns doch allen das Leben gerettet hat! Ohne ihn stünden wesentlich weniger von uns noch aufrecht hier und es war nicht seine Schuld, dass wir auf diesen Eber stoßen mussten!“
    „Herr, bitte, mischt Euch nicht ein“, flehte einer der Diener eindringlich. „Die Dinge hier in Kyarvit sind komplizierter, als es scheinen mag.“
    Nach und nach löste sich die Menge auf, die Pferde wurden versorgt, die Verletzten waren längst in den Palast gebracht worden.
    Niemand bemerkte den Beobachter, der unauffällig an einer Mauer gelehnt hatte und sich nun still zurückzog.
     

2.
     
    „Wie Schatten werden sie kommen, so wie der Mond die Sonne verdunkelt, und Unheil über die Letzten bringen, so wie den Ersten es gefällig ist.“
    Aus: „Weissagungen des Ebano“
     
    Alles war ruhig im Palast des Großkönigs. Selbst die Wachen waren zu dieser Stunde, kurz vor der Morgendämmerung, so müde, dass ihnen die eine oder andere Nachlässigkeit unterlaufen mochte. Doch auch wenn sie ihrer Aufgabe alle Aufmerksamkeit gewidmet hätten und die Sonne bereits hoch am Himmel stehen würde, hätte niemand die drei Männer bemerkt, die sich an der Wehrmauer entlang schlichen und schließlich den Ostturm hochkletterten, als befände sich dort eine Leiter statt blankes Gestein. Sie gehörten der legendenumrankten Bruderschaft der Oshanta an, waren seit ihrer Geburt dazu ausgebildet worden, vollkommene Attentäter zu sein. Lautlos wie Schatten glitten sie durch ein Fenster. Sie wussten, zu welchem Schlafraum es gehörte.
    Eine der dunkel gekleideten Gestalten glitt an das Bett heran, das sich mitten im Raum befand, einer sicherte die Tür, der Dritte blieb am Fenster stehen. Ihr Leben war beinahe ausschließlich dem Töten gewidmet – beinahe. Heute waren sie nicht gekommen, um den jüngsten Prinzen von Kyarvit zu ermorden, sie sollten ihn lediglich entführen und an einer verabredeten Stelle ihrem Auftraggeber aushändigen. Wer das war und was er mit dem Opfer zu tun gedachte, interessierte sie nicht.
    Iyen beugte sich über die regungslose Gestalt. Der Halbmond lugte hinter einer Wolke hervor und warf sein Licht in den Raum auf das Bett. Prinz Rouven schlief nackt, er hatte in dieser lauen Sommernacht auch die Decke von sich geworfen.
    So eine Verschwendung , dachte der Oshanta bedauernd. Der Prinz war mit seinen zwanzig Jahren wesentlich jünger als die sonst üblichen Opfer der Bruderschaft. Das Silberlicht enthüllte den Körper eines jungen Kriegers, der sich noch in der Entwicklung vom Jugendlichen zum Mann befand. Die wohlgeformten Muskeln, die sich im Dämmerlicht unter der hell schimmernden Haut erahnen ließen, zeugten davon, dass der Prinz an Waffen und Pferd ausgebildet worden war. Schon jetzt verdrehte er reihenweise Mädchen den Kopf; er hatte einen Ruf als leichtlebiger, charmanter Taugenichts, was er sich als siebzehnter Sohn des Königs durchaus leisten konnte. Er würde niemals einen Titel tragen, wenn nicht gerade eine Seuche seine Familie auslöschen sollte. Da war es fast ein Segen, dass er das Leben so genoss, statt sich vom Neid auf seine älteren Brüder zerfressen zu lassen. Noch drei, vier Jahre, und er wäre ein äußerst gut aussehender Mann geworden, bei dessen Anblick Frauen jeden Alters hätten schwach werden können. Dazu würde es nun nicht mehr kommen.
    Verschwendung und sinnlos dazu … Er ist so weit vom Thron entfernt, wem könnte sein Tod wohl dienen? Iyen schob diese Gedanken zur Seite, Fragen nach dem Sinn, die ihn in jüngster Zeit häufiger quälten. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen.
    Und trotzdem ist es Verschwendung!, dachte er trotzig. Eigentlich hatte die Entführung auf dem Jagdausflug vonstattengehen sollen, wo es viel leichter gewesen wäre, ihr Opfer zu betäuben und unbemerkt mitzunehmen, doch sie waren vorbereitet gewesen, Rouven aus dem Palast zu holen, sollte es notwendig werden. Es war schwieriger und riskanter; vor allem würde es nicht reichen, ihn kurz außer Gefecht zu setzen und davonzureiten. Iyen musste ihn in lang anhaltende Ohnmacht versetzen, ohne Rücksicht darauf, wie gefährlich das sein mochte.Er zog einen schmalen Dolch, doch bevor er ihn verwenden konnte, begann sich Rouven zu regen. Aufwachen und die Wachen alarmieren durfte er
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