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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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öffnete ihm die Lider, ohne dass er einen eigenen Willen in dieser Sache gehabt hätte. Der fremde Mann, er war ihm zu nah, warum war er so nah? Er konnte die Metallperlen sehen, die sein Gesicht in verschlungenen Mustern durchzogen: Um die dunkelblauen Augen herum, in Doppelreihen über Stirn, Schläfen und Wangen, mündeten sie jeweils in einer einzelnen geschwungenen Linie am Kinn. Das Erkennungszeichen der Oshanta.
    Es war ein schmales, finsteres Gesicht, doch unter all der Härte und dem Metall und der Kälte fühlte Rouven die Schönheit, die sich darin verborgen hielt. Er hatte kurzes, dunkles Haar, so kurz, dass es wie Igelstacheln nach oben stand. Nur Oshanta trugen das Haar so kurz. Rouven blinzelte, geblendet vom Sonnenlicht. Wann war es Tag geworden? Der Oshanta hielt ihn im Arm, den Kopf hochgestützt, damit er trinken konnte. Er war ein guter Mann, keiner von den beiden anderen, die ihm so viel angetan hatten. Wo waren diese Zwei? Noch schien die Sonne. Erst bei Sonnenuntergang würde es wieder beginnen, er ihnen ausgeliefert werden. Er musste den guten Oshanta um Hilfe bitten. Dazu brauchte er jedoch seinen Namen …
     

Iyen sah, dass der Junge zu sprechen versuchte, und beobachtete ihn konzentriert. Seit mehr als sieben Stunden war er auf der Flucht. Er kämpfte dabei gegen seinen Impuls an, so schnell wie möglich vorwärtszukommen, da er wusste, dass Rouven an Entkräftung sterben würde, wenn er nicht regelmäßige Pausen einlegte. Er musste so viel Wasser wie nur möglich in den halb verdorrten Leib des Jungen zwingen, ihm immer wieder Ruhe gönnen. Beim letzten Mal war er sich nicht sicher gewesen, ob der Prinz durchkommen würde, nun schien er aber sogar einigermaßen bei klarem Verstand zu sein.
    „Wie ...“, hauchte Rouven fast unhörbar. Iyen beugte sich tiefer, um keinen Laut zu versäumen.
    „... heiß …“ Er verdrehte die Augen, sein Kopf sackte zur Seite, doch noch war er bei Bewusstsein und schien gegen sich selbst zu ringen.
    „Dir ist heiß?“, fragte Iyen. Sollte er übersehen haben, dass der Junge gefiebert hatte und die Temperatur jetzt sank? Aber Fieber war tatsächlich eines der wenigen Probleme, das sie nicht hatten. Also litt er wohl unter der schwülen Sommerhitze. Rouven blickte ihn an, erfüllt von stummer Verzweiflung.
    Wie - heiß -, hallte es in Iyens Kopf nach.
    „Du willst wissen, wie ich heiße?“, fragte er unsicher. Die Andeutung eines Nickens.
    „Mein Name ist Iyen.“ Seltsam berührt beobachtete er, wie Rouven einschlief, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. So sehr er es auch versuchte, er konnte sich nicht erinnern, dass ihm jemals zuvor in seinem Leben diese Frage gestellt worden war. Seine Kampfgefährten wussten, wie er hieß, seine Opfer wollten es nicht wissen, alle anderen Menschen wagten nicht zu fragen.
    „Es scheint, dass nicht nur deine Augen Juwelen sind, kleiner Prinz von Kyarvit“, sagte er leise. Dann nahm er Rouven wieder hoch und hastete weiter. Bero und Jarne waren ausgeruht, mussten nicht alle halbe Stunde anhalten. Sein Pferd kam mit der doppelten Last nur langsam voran und hinterließ eine deutliche Fährte. Iyen blickte sich nachdenklich um. Der Boden war morastig aufgeweicht, trotz mangelnden Regens und Hitze. Wenn er hier im Wald blieb, würden seine Verfolger ihn leicht aufspüren können.
    „Es wird Zeit für gefährlichere Wege“, murmelte er entschlossen.
     

Jemand zog ihn aus. Rouven schreckte hoch aus seinem ruhelosen Halbschlaf und starrte in wilder Panik um sich.
    Nicht noch einmal! Es durfte nicht wieder geschehen! So grausam konnte Gott nicht sein, dass er so etwas noch einmal zuließ! Er erkannte Iyen über sich. Der gute Oshanta, wie er gedacht hatte, raubte ihm die Kleider und zog sich dann selbst aus. Starr vor Entsetzen sah Rouven zu ihm auf. Als Iyen sich neben ihm niederließ, hob er abwehrend die Hand.
    „Nicht so!“, brach es aus ihm heraus. Es verblüffte ihn selbst, wie deutlich er diese Worte hervorgebracht hatte. Iyens Gesicht schwebte nah vor ihm, viel zu nahe.
    Der Oshanta musterte ihn mit kalter Ausdruckslosigkeit.
    „Wie dann?“, fragte er, zog dabei eine einzelne Augenbraue hoch.
    „Dreh mich um“, stieß Rouven mühsam hervor, kümmerte sich dabei nicht darum, wie schmerzhaft es war, diese heiseren Laute durch seine wunde Kehle zu zwingen.
    „Will dich nicht sehen, wenn du mich nimmst.“
    Ein spöttisches Lächeln legte sich in die Mundwinkel dieses harten Gesichtes.
    „Ein
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