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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n)
Autoren: Josef H Reichholf
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auch bei uns Menschen, in Form von Harnstoff ausgeschieden. Diese Entsorgung über die Nieren und den Harn verbraucht viel Wasser. Deshalb ist ausreichendes Trinken für uns zumindest kurzfristig wichtiger als Nahrungszufuhr, denn der Harnstoff muss als Abfallprodukt des Eiweißstoffwechsels hinaus aus dem Körper. Vögel scheiden ihn in dickflüssiger Form, nämlich als Harnsäure, aus. Das spart Wasser und gefährdet ihre innere Kühlung beim Flug oder bei schnellem Lauf nicht.
    Viel größere Schwierigkeiten bereiten die Schwefelverbindungen in der Nahrung. Wer, wie die Vögel, auf Hochtouren lebt, kann sich die Entstehung von giftigem Schwefelwasserstoff im Körper nicht leisten. Vogelexkremente stinken allerdings nicht danach. Warum, das verraten ihre Federn. In ihnen steckt der Überschuss an Schwefelverbindungen. Auch ein beträchtlicher Teil der überflüssigen Stickstoffverbindungen wird auf diese Art und Weise » recycelt«. Die Mauser, der Wechsel des gesamten Gefieders, auch wenn dieses weitestgehend oder noch ganz in Ordnung ist, stellt diesen Ausscheidungsvorgang dar. Wie sonst wäre es zu erklären, dass gute Federn weggeworfen werden? Der Vogel kann sich auf diese Weise leisten, seinen inneren Stoffwechsel an der Todesgrenze arbeiten zu lassen. Bei bis zu 43 Grad Celsius!
    Der Gewinn ist eine unglaubliche Leistungsfähigkeit. Sie befähigt fliegende Vögel, gezielt die jeweils günstigsten Orte aufzusuchen. Diese Leistung rechnet sich in Relation zum Aufwand, den Energiekosten. Daher setzt die Federbildung mit der Steigerung des Stoffwechsels ein, unabhängig davon, ob schon eine Wärmedämmung gebraucht wird oder nicht. Und bereits die allerersten Anfänge von Federbildungen, die zunächst zu sonst nichts taugen, erfüllen ihre wichtige Funktion im Stoffwechsel, nämlich Überschüssiges gefahrlos auszuscheiden. Vergrößerte Schuppen oder anfänglich haarartige Federchen, die weder zum Fliegen geeignet sind noch als Wärmeschutz wirken, befreien den Körper von Abfallstoffen.
    Wenn aber diese Erklärung zutrifft, sollten Federn oder ihnen ähnliche Gebilde verbreiteter gewesen sein, auch wenn sie später bei den Vögeln besonders weiterentwickelt wurden. So lange Federn für die Vögel einzigartig waren, schien dieser ursprüngliche Zusammenhang mit der Steigerung der Stoffwechselintensität nicht so ganz überzeugend. Doch dann wurden in den 1990 er Jahren Fossilien von gefiederten Dinosauriern in China gefunden. Sie belegen, dass viele verschiedene Wege zur Entwicklung der Federn führten und nicht nur der eine der Vögel, den wir kennen. Es gab Gefiederte, die auch an den Beinen Federn trugen. Manche Rassen unserer Haushühner entwickeln dort, am Ansatz der Zehen und an den Läufen, tatsächlich auch Federbüschel, die gewiss weder zum Fliegen noch als Kälteschutz taugen. Sie sind wahrscheinlich ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten; ein Atavismus, wie ein kleiner Schwanz am Ende unserer Wirbelsäule, der selten einmal auch noch beim Menschen ausgebildet wird.

Der Pfau und die Gattin des Vorstandsvorsitzenden
    Welche Rolle spielt die Schönheit in der Natur?

    Paradiesvögel werden sie genannt. Der Pfau ist sprichwörtlich und » Sich mit fremden Federn schmücken« bezieht sich auf das früher auch bei uns in der Damenwelt so beliebte Tragen von Federschmuck auf dem Hut. Heute findet man die » Spielhahnfeder« der Birkhähne, jedoch fast immer gefälscht aus Hühnerfedern gefertigt, am ehesten noch auf den Hüten von Trachtlern. In Amazonien und Nordamerika, in Neuguinea und anderen Gebieten trugen allerdings auch Männer sehr eindrucksvollen Federschmuck. Wie kommt es, dass Vögel es sich » leisten«, ein prächtiges Gefieder zu entwickeln, wenn sie dadurch auffälliger werden und leichter Feinden zum Opfer fallen können?
    Man möchte meinen, es ist lebensgefährlich, eine solche Unmenge Federn mit sich herumzuschleppen wie ein Pfauenhahn. Schönheit als Risiko? Schmuck ist hinderlich. Das harte Leben in der Natur verträgt sich nicht mit dem aufgeblasenen Herumstolzieren in auffälliger Buntheit. Auch Darwin bereitete das Prachtgefieder der Vögel Kopfzerbrechen, wie er selbst schrieb. Es passte nicht zum Kampf ums Dasein, aber es war vorhanden. Und das nicht als seltene Ausnahme, sondern weitverbreitet und häufig. Dass beim Menschen die Frauen schmucksüchtig sind, damit hätte er sich noch abgefunden. In der Tierwelt sind aber fast immer die Männchen prächtig
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