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Nathanael

Titel: Nathanael
Autoren: K Landers
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ihre Füße schmerzten vom langen Stehen. Ständig musste sie sich mit den Fingern die Schweißperlen von der Stirn tupfen.
    «Senator Davis, ich danke Ihnen für Ihre Glückwünsche.» Steven schüttelte die Hand eines kleinen, untersetzten Mannes im weißen Smoking, den Tessa nur aus der Presse kannte. Der Senator befragte Steven nach der Versuchsreihe des neu entwickelten Migränemedikaments. «Alles bestens, Senator. Keinerlei Nebenwirkungen.»
    Steven berichtete ausführlich von seinen Gesprächen mit den Behörden. Tessa hörte nicht mehr zu und unterdrückte ein Gähnen. Steven warf ihr einen warnenden Blick zu.
    «Wenn du mich entschuldigst, Steven, ich werde mal nachsehen, ob das Buffet aufgefüllt werden muss», sagte sie und war heilfroh, diesem langweiligen Gespräch zu entkommen.
    «Ja, ja, mach das, Darling», pflichtete er ihr hastig bei, bevor er sich wieder in das Gespräch mit dem Senator vertiefte. Tessa verspürte nur noch den Wunsch, dem Stimmengewirr und der schlechten Raumluft zu entgehen. Sie zwängte sich in Richtung Ausgang durch eine Flut neu hereinströmender Gratulanten und wurde regelrecht eingekeilt, sodass sie weder einen Schritt vor noch zurück konnte. Und das bei ihrer Platzangst!
    Schweiß brach ihr aus allen Poren, ihre Hände begannen zu zittern und ihr Herz raste. Raus hier, bloß raus hier , hämmerte es in ihrem Kopf. Tessa wusste nicht mehr, wie oft sie ‹Excuse me› gesagt und ihre Ellbogen eingesetzt hatte, bis sie dem Pulk entkommen war. Als sie den Ausgang sah, atmete sie erleichtert auf.
    Draußen im Flur war es bedeutend kühler und die Stimmen hinter ihr klangen nur noch wie das Summen eines Bienenschwarms. Eine Weile suchte sie vergeblich vor der Tür nach einer Sitzgelegenheit. Als ihre Waden krampften, lief sie auf die Fahrstühle zu. Sie brauchte jetzt einen Kaffee und einen Stuhl.
    Wenig später trat sie aus dem Lift und stand im Atrium des Gebäudes, das exklusive Geschäfte und Cafés beherbergte. Auch hier war es nicht menschenleer, doch im Gegensatz zu Stevens Party waren die Stimmen gedämpfter und die Luft durch die künstlichen Wasserfälle, die von den Wänden plätscherten, angenehm kühl. In der nächsten halben Stunde würde Steven sie mit Sicherheit nicht vermissen. Nur für eine Weile abschalten und die Beine ausruhen, bevor sie wieder nach oben fuhr.
    Tessa lief auf das orientalische Café zu, das sie von zahlreichen Besuchen kannte, wenn sie hier im Tower auf Steven gewartet hatte. Seufzend sank sie auf einen der Stühle und bestellte sich einen Cappuccino.
    Während sie trank, beobachtete sie die Liebespaare, die eng umschlungen an ihr vorüberschlenderten. Sie wirkten alle so glücklich, dass es ihr einen Stich versetzte. In letzter Zeit waren die Stunden trauter Zweisamkeit mit Steven immer seltener geworden. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern, wann sie gemeinsam in einem Café in Ruhe eine Tasse Kaffee getrunken hatten. Doch sie hatte gewusst, worauf sie sich einließ, als sie Steven bei seinen Plänen unterstützte, und konnte sich nicht beklagen. Der Verzicht auf ein Privatleben war der Preis, den sie für das Verwirklichen ihrer Ziele zahlen musste. So war das Business.
    Ein hochgewachsener Mann vor dem gegenüberliegenden Laden weckte ihre Aufmerksamkeit. Tessa erstarrte. Es war der gut aussehende Fremde aus der U-Bahn, der lässig einen Finger durch den Aufhänger seiner Lederjacke gesteckt hatte, die über seiner Schulter hing. Unwillkürlich ließ sie den Blick über seine muskulöse Figur gleiten.
    Bei der Erinnerung an die kräftigen Arme, die sie gehalten hatten, schnellte ihr Puls nach oben. Wie nah sie seinem Körper gewesen war, so nah, dass sie seine Erektion gespürt hatte. Allein das bewirkte abwechselnd heiße und kalte Schauer, die ihr über den Rücken liefen.
    Dazu fiel ihr Hazels flapsiger Spruch in einer solchen Situation ein: «Ein Sahneschnittchen wie den würde ich nicht von der Bettkante stoßen.» Wenn sie ihm allein auf einer Party begegnet wäre, hätte sie vielleicht eine Nacht mit ihm verbracht. Himmel! Wie konnte sie auch nur einen Gedanken daran verschwenden, mit einem Wildfremden Sex zu haben?
    Sie sah, wie er den Kopf neigte und zu jemandem sprach, den er mit seinem Körper verdeckte. Tessa lehnte sich ein Stück zur Seite, um zu erkennen, wem seine Aufmerksamkeit galt. Alles, was sie erhaschte, war ein Blick auf schmale Finger mit pink lackierten Nägeln, die sich auf seinen Arm legten, und ein
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