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Narrentod

Titel: Narrentod
Autoren: Gmeiner-Verlag
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dazu. Das sollte nach Meinung der Polizei ausreichen .« Und der Stapi gibt noch zu bedenken: »Stell dir vor, der zweite Darsteller würde ausgerechnet während des Festumzugs vor den Augen einer entsetzten Hundertschaft exekutiert .«
    Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Wie viel Zeit habe ich ?«
    Der Stadtpräsident schiebt die Manschette seines linken Hemdsärmels zurück und schaut auf seine klobige Armbanduhr.
    »Jetzt haben wir 17.15 Uhr. Morgen um 11.30 Uhr startet der Umzug. Du hast also genau 18 Stunden und 15 Minuten Zeit, Dummermuths Mörder zu finden .«
    »Und wie soll ich das schaffen ?«
    »Wie gesagt, arbeitest du mit der Polizei zusammen«, beruhigt mich Rüfe.
    »Trotzdem. Es ist beinahe unmöglich, in so kurzer Zeit den verzwickten Fall zu klären. Das muss dir doch auch klar sein, Rüfe. Wenn ich Glück habe, kann ich vielleicht herausfinden, in welche Richtung das Tatmotiv weist. Dann können wir zumindest die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Anschlags für Morgen besser abschätzen .«
    »Das wär’ ja auch schon was wert«, sagt der Stapi und lehnt sich in die gepolsterte Lehne zurück. Ich schaue ihn an und nicke ohne weiteren Kommentar. Darauf erhebt er sich von seinem Sessel, rückt die Krawatte zurecht und meint: »Hanspudi, find den Sauhung , der den Fulehung auf dem Gewissen hat !«
    »Ich tu mein Bestes .« Dazu bin ich allerdings allein nicht in der Lage. Fürs Beste muss mein Bester her. Ich klaube das Handy aus der Hosentasche und wähle die Nummer von Jürg Lüthi, meinem Assistenten.

3

     
    Endlich werde ich erhört.
    Mein Assistent gibt sich die Ehre und nimmt nach satten elf Klingeltönen endlich den Anruf entgegen. Wie hält er das bloß aus?
    Quak! Quak! Quak …
    Elfmal Froschgequake? Wer kennt einen noch nervigeren Klingelton? Bitte bei Jüre melden.
    »Lüthi. Was hab ich gewonnen ?«
    Macht wieder auf obercool, der Held.
    »Hallo Jüre. Es ist nur mich. Ich brauche deine Unterstützung .«
    »Hanspudi. Wieder mal im Seich?«
    »Im Zeitdruck«, korrigiere ich.
    »Okay. Ich komme. Wo bist du ?«
    »Jetzt noch im Rathaus. Aber ich will gleich hinauf auf den Schlossberg ins Schulhaus. Dort liegt eine Leiche. Du wirst staunen .«
    »Mach’s nicht spannend. Wen hat’s erwischt ?«
    Das gefällt mir, wenn ich Jüre auf die Folter spannen kann. Schade, dafür ist jetzt wenig Zeit.
    »Ich informiere dich oben. Mach vorwärts. In zehn Minuten.«
    »Bist du wahnsinnig? Zehn Minuten? Ich bin mit dem Velo unterwegs, das weißt du genau. Die Leiche läuft uns schon nicht davon. Ich komme so rasch, wie es meine fabelhafte Kondition erlaubt .«
    »Das kann ja dauern. Weißt du überhaupt, wie man Kondition buchstabiert ?«
    Klick. Leitung unterbrochen. Jüre findet meine Witzchen selten passend.
    Ich verabschiede mich vom Stapi und verlasse das Rathaus. Um zu verhindern, dass mein Assistent als Erster den Tatort erreicht, beeile ich mich besonders. Den Triumph gönnte ich ihm nicht. In der Frage nach der besseren Kondition bleiben wir Gegner eines bisher unentschiedenen Wettkampfes. Ich verzichte sogar auf den Schirm, der zuunterst in meiner Umhängetasche liegt und mich vor dem Platzregen geschützt hätte, der sich ausgerechnet jetzt über der Altstadt ergießt. Er wäscht mir innert Minuten das teure Gel aus den Haaren und fließt mir als parfümiertes Rinnsaal in den halb offenen Mund. Speiend und hechelnd renne ich über das glitschige Kopfsteinpflaster.
    Glücklicherweise gibt es in der oberen Hauptgasse ein paar wettergeschützte Lauben. Dorthin haben sich eine Reihe von Fußgängern geflüchtet. Ich meine, im Vorbeihetzen Alfred Weibel, einen ehemaligen Arbeitskollegen, erkannt zu haben. Danach trete ich in die verregnete Gasse hinaus und stürme erneut los. Nach einem kurzen Sprint Richtung Lauitor biege ich nach dem Zunfthaus zu Schmieden links ab und rette mich unter das Holzdach der Kirchentreppe. Sie führt geradewegs auf den Schlossberg. Nach über 100 Stufen verbreitert sie sich unter einem achteckigen Treppenpavillon zu einer kleinen Plattform. Darüber entfaltet sich der sogenannte Thuner Himmel , eine Deckenmalerei des Künstlers Roman Tschabold. Der Pavillon steht unterhalb der Stützmauer des angepeilten Schulhauses.
    Ich hebe den Kopf. Ein Detail der Malerei erregt meine Aufmerksamkeit. Ich bleibe stehen. Und das trotz meiner Eile. Wer grinst mir da entgegen? Nein, nicht mein Assistent, der jetzt vermutlich unser Rennen gewinnen wird. Es ist die Maske des
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