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Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz

Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz

Titel: Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
Autoren: Anni Bürkl
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Heim haben den alten Pfarrer übrigens Bonny genannt«, fuhr Jonas fort.
    »Davon hat mir Markus erzählt, der Bergretter. Muss schon ein cooler Typ gewesen sein damals, der Pfarrer.«
    »Viele der Kinder kannten sowas wie Geborgenheit bis dahin nicht, oder auch nur Wohlstand. Die meisten stammen aus armen Ländern und hatten kaum Familie, manche hausten in Dreckslöchern, bettelten oder prostituierten sich. Die Burschen mochten den lässigen Mann, als der sich Stettin anfangs ausgab. Die Annäherungsversuche kamen später, wenn sich die Buben hier eingelebt haben. Er muss sich’s immer schon auf Buben g’standen haben, denn er hat kaum Mädchen nach Österreich geholt. Die Kinder kamen mit seiner Hilfe in das reiche Österreich, hatten hier endlich genug zu essen und ein Dach über dem Kopf, waren nicht mehr in ständiger Gefahr.«
    Eine Weile war nur das Klappern der Teetassen zu hören. Und Spades Schnurren.
    »Wer hat Arianes Katze wirklich auf dem Gewissen?«, fragte Berenike.
    »Simon Einstatt, das ist durch DNA-Test bewiesen. Eine Vergleichsprobe mit Katzenhaaren aus Arianes Haus und den bei Einstatt gefundenen Tierskeletten ist leider positiv.«
    »Das Opfer wurde also zum Täter.«
    »In der Tat, aber es kommt noch schlimmer. Frühere Kollegen aus dem Kader der Schispringer haben erzählt, dass Einstatt seine jüngeren Kollegen gequält und sie berührt hat, und dabei sexuell erregt gewesen sein soll.«
    »Nein, bitte, das wird ja immer schrecklicher.« Berenike schlug die Hände vors Gesicht.
    »Und auch dagegen hat niemand etwas unternommen. Es ist immer das Gleiche.« Selene blickte finster drein.
    »Doch, Saller hat was getan. Wenn auch spät. Aber das ahnte zuerst kaum wer. Er steckte hinter der Ziegenbockverkleidung.«
    »Wie bitte? Aber der Therapeut wird augenscheinlich von Stettin und seinem Familienhaus bezahlt?«
    »Er hat seinen Job dort kürzlich zurückgelegt, sagt er. Wir werden das anhand der Buchhaltung überprüfen. Saller hörte in der letzten Zeit zu viel Schreckliches über Stettin von seinen Klienten. Zur Polizei wollte er nicht – er ist an seine berufliche Schweigepflicht gebunden. Der Auftritt bei deiner Feier, Berenike, war mit Daniel geplant. Der ursprüngliche Plan war, dass Daniel sich verkleidet und die Anschuldigungen öffentlich vorbringt. Noch ein paar von Stettins Opfern, die bei Saller in Betreuung sind, wollten mittun. Nach Daniels Tod hat sich Saller selbst das Kostüm übergeworfen. Er dachte, so könnte er was wieder gut machen. Allerdings anonym – er hatte große Angst vor den Reaktionen der Leute. Er will schließlich weiter als Therapeut arbeiten, seine Praxis behalten.«
    »Das große Schweigen, immer wieder die Täter schützt.«
    »Und was ist mit Niku?« Berenike hatte Angst vor der Frage, Angst vor der Antwort. Hatte die Frage nicht mehr gestellt, obwohl sie ihr ständig auf den Lippen brannte.
    Jonas trank kurz, schüttelte sich erneut. Dann schob er die Tasse weg. »Ich hab genug, Nike, sorry. – Dass der Bursche aus dem Familienhaus flüchtete, brachte die Täter fast um den Verstand. Niku wusste zu viel.«
    »Wirklich?«
    »Er hat viel beobachtet. Und dann hat ihn Stettin in sein Bett holen wollen.«
    »Also doch. Das Schwein.«
    »Er muss sich gewehrt haben, so viel wir von seinen Mitbewohnern herausbekommen haben. Wir haben in dem sogenannten Familienhaus schreckliche Dinge gefunden und viel Schlimmes gehört. Es gibt einen abgelegenen kleinen Hof, sowas könnt ihr euch nicht vorstellen. Überall Eis und Schnee, seit Monaten ist da nicht geräumt worden. Und an den Mauern Ringe und Ketten, wie in einem mittelalterlichen Verließ.«
    Alle schauderten.
    »Niku hat nicht allzu viele Freunde gehabt«, fuhr Jonas fort, »nur die zwei weißrussischen Täter haben sich mit ihm abgegeben.«
    »Wenn Niku nur endlich auftauchen würde. Gibt es was Neues dazu?«
    »Nein. Stettin sitzt in U-Haft, viele seiner Taten sind zwar verjährt, doch ein Bursche hat über erst kürzlich stattgefundene Übergriffe ausgesagt. Aber über Niku schweigt der Pfarrer beharrlich. Meine Kollegen suchen überall nach dem Burschen, überwachen das Waisenhaus, aber …«
    »… aber es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Hoffentlich verhungert der Bub nicht in einem Kellerversteck.«
    »Oder erfriert. Dieses Foto geht allen Kollegen unter die Haut.« Jonas raufte sich die dunklen Haare, spielte abwesend mit seiner Tasse. »Aber wir werden ihn finden. Wir
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