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Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)

Titel: Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
Autoren: Franziska Steinhauer
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noch ins Kino gehen.«
    »Wie viele Bänder sind es denn noch?«
    Frustriert zeigte Michael Wiener auf einen Turm neben seinem Schreibtisch.
    »Ich krieg die Bänder, mit dene die Kollege scho fertig sin. Ich hab kei Ahnung, wie viele da no komme.«
    »Gut. Es ist fast 21 Uhr. Wir sehen uns morgen hier. Kontakt per Handy. Der jüngere Sohn muss befragt werden, der ältere auch, wir müssen sehen, ob Frau Mehring für ein Gespräch zur Verfügung steht, vorhin musste der Arzt alarmiert werden und der hat ihr eine Beruhigungsspritze gegeben. Die Vereine ...«
    »Alles klar.«
    Damit verschwand Wiener hastig aus dem Büro, bevor Nachtigall es sich noch einmal anders überlegen konnte.
    »Ich habe hier noch eine kleine Information zu Paul Mehring im Computer gefunden«, erklärte Skorubski, während er nach dem Autoschlüssel suchte. »Er ist schon als Jugendlicher bei uns aktenkundig geworden, weil er jähzornig rumprügelte. Es gibt sogar einen Vermerk, der eine Therapie nahe legte. Der Vater, der seinen Sprössling bei uns abholte, lehnte das entschieden ab.«
    »Du meinst, es gab vielleicht einen Streit und der Sohn hat den Vater erstochen?«
    »Na, du hast doch gesagt, sie haben sich permanent in den Haaren gelegen.«
    Nachtigall lachte. »Nur weil sie sich streiten, müssen sie sich doch nicht gleich gegenseitig umbringen! Stell dir nur vor, was hier sonst los wäre!«
    »Aber möglich wär’s vielleicht schon, oder?«
     
    Peter Nachtigall fuhr nach Hause. Seit ein paar Wochen lebte er mit Casanova, einem rotgetigerten Kater allein in seinem Reihenhaus in Sielow. Jule, seine Tochter, wohnte mit ihrem Freund Emile Couvier, der als Fachmann für operative Fallanalysen beim LKA arbeitete, in einer eigenen Wohnung in der Innenstadt direkt am Altmarkt. Der junge Psychologe hatte der Liebe wegen vom LKA Berlin nach Brandenburg gewechselt. Nachtigall seufzte.
    Dem Hauptkommissar fiel es noch schwer, diesen neuen Zustand zu akzeptieren, er kehrte nicht gern mit seinen Mordfällen, Tätern und Opfern in ein leeres, dunkles Haus zurück und Casanova war kein wirklicher Ersatz für einen menschlichen Gesprächspartner. Doch er würde sich mit der Zeit schon daran gewöhnen – und ab morgen war auch Conny wieder von ihrem Kongress zurück. Ein wenig deprimiert bog er in seine Auffahrt ab und stellte voller Erstaunen fest, dass das gesamte Erdgeschoss hell erleuchtet war. Beschwingt sprang er aus dem Wagen und schloss die Tür auf. Pizzaduft erfüllte das Haus.
    »Jule?«
    »Hi, Papa. Wir dachten, du hättest vielleicht auch Lust auf Pizza«, rief sie ihm aus der Küche zu.
    Emile hatte eine Flasche Wein mitgebracht und Jule erzählte während des Essens von ihren Plänen zur Gestaltung der neuen Wohnung. Nachtigall hörte entspannt zu und genoss voll väterlichem Stolz die Lebendigkeit, die seine schöne Tochter um sich herum verbreitete. Ihre dunklen Locken flogen um ihr schmales Gesicht, die grünen Augen sprühten vor Begeisterung und die zartgliedrigen Finger untermalten intensiv ihre Worte. Genau so war Birgit damals gewesen, als er sie zum ersten Mal getroffen hatte. Durch ihren Umzug nach Norwegen hatte sie sich selbst um das Vergnügen gebracht zu sehen, wie ähnlich ihr ihre Tochter geworden war, dachte Nachtigall, aber schließlich hatte sie den Kontakt so minimal wie möglich gehalten.
    Als er später mit Casanova im Schlafzimmer zusammentraf und sie sich auf die unterschiedlichen Schlafplätze geeinigt hatten, war Peter Nachtigall bereit einzuräumen, dass er nach all den Höhen und Tiefen der letzten Jahre nun im Großen und Ganzen mit seinem Privatleben zufrieden sein konnte.

7
    Montag
     
    »Na, Michael. Guten Morgen. Kommst du voran?«
    Wiener riss den Blick vom Bildschirm los und sah Peter Nachtigall mit leisem Vorwurf an. Der junge Mann trug wie Nachtigall selbst auch immer schwarze Kleidung und rückte nun umständlich seine Brille zurecht.
    »Guten Morgen! Okay, es gibt ein Computerprogramm, mit dem könnt ich einem Verdächtige durch die Kassette folge – wenn ich halt einen hätt! So könne die Kollege ihre ›spezielle Freunde‹ auf den Bändern gezielt rausfiltern. Aber ich hab noch keinen!«, lachte er dann trotzig und machte sich mit einem Stapel Bänder auf den Weg zu den Kollegen, um sie gegen andere auszutauschen.
    »Wir fahren zu Mehrings! Überprüfen die Alibis«, rief Nachtigall ihm hinterher und Michael Wiener winkte ihm im Gehen zu ohne sich umzudrehen.
     
    Albrecht Skorubski starrte
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