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Napoleon Bonaparte. Biographie.

Napoleon Bonaparte. Biographie.

Titel: Napoleon Bonaparte. Biographie.
Autoren: Alexandre Dumas
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daß ein Feind, der lange Zeit dem englischen Volke in offenem Kampfe gegenüberstand, freiwillig gekommen ist, in seinem Unglück ein Asyl unter seinen Gesetzen zu suchen. Welchen größeren Beweis seiner Achtung und seines Vertrauens konnte er ihm geben? Aber wie hat man in England eine solche Großherzigkeit erwidert? Man tat, als wollte man diesem Feinde eine gastfreundliche Hand reichen, und sobald er sich in gutem Glauben überliefert hatte, opferte man ihn
       Napoleon.
       »An Bord des Bellerophon, auf dem Meere.« Dieser Verwahrung ungeachtet, mußte Napoleon am 7. August, den Bellerophon verlassen, um an Bord des Northumberland zu steigen. Der ministerielle Befehl besagte, es solle Napoleon der Degen abgenommen werden. Der Admiral Keith schämte sich eines solchen Befehls und wollte ihn nicht vollziehen. – Montag den 7. August 1815 lichtete der Northumberland die Anker zur Fahrt nach St. Helena. – Am 16. Oktober, siebzig Tage nach seiner Abreise von England und hundert Tage, nachdem er Frankreich verlassen hatte, betrat Napoleon den Felsen, den er hinfort nicht wieder verlassen sollte.
       England aber nahm die Schmach seines Verrats in ihrer ganzen Fülle auf sich, und vom 16. Oktober 1815 an hatten die Könige ihren Christus und die Völker ihren Judas.
     
Napoleon auf St. Helena
       Der Kaiser übernachtete denselben Abend in einer Art Herberge, wo er sich sehr unwohl fühlte. Am folgenden Tag, morgens 6 Uhr, begab er sich zu Pferd mit dem Großmarschall Bertrand und dem Admiral Keith nach Longwood, zu dem Hause, das der letzere, als das angemessenste auf der Insel, zu seinem Wohnsitz bestimmt hatte. Nach seiner Zurückkunft verblieb der Kaiser in einem kleinen, zu einem Landhause gehörigen Pavillon, der einem Großhändler der Insel, namens Balcombe, gehörte. Das war seine vorläufige Wohnung, und hier sollte er so lange bleiben, bis Longwood instand gesetzt wäre, ihn aufzunehmen. Er hatte sich am Abend zuvor so übel befunden, daß er, obschon dieser kleine Pavillon fast gar nicht möbliert war, nicht in die Stadt zurückkehren wollte.
       Als Napoleon sich abends niederlegen wollte, zeigte sich's, daß ein Fenster in seinem Schlafzimmer keine Scheiben, keine Läden und keine Vorhänge hatte. Herr von Las Cases und sein Sohn verhängten es, so gut sie konnten, und fanden ein Dachzimmer, wo sie sich jeder auf eine Matratze, niederlegten; die Kammerdiener warfen sich, in ihre Mäntel gehüllt, quer vor die Tür auf den Boden. Am folgenden Morgen frühstückte Napoleon ohne Tafeltuch, ohne Serviette, den Rest des Mittagessens vom vorigen Tage.
       Das war nur das Vorspiel des Elends und der Entbehrungen, die seiner in Longwood warteten.
       Doch verbesserte sich nach und nach diese Lage. Man ließ vom Northumberland Weißzeug und Silbergeräte kommen, und der Oberst des 53. Regiments hatte ein Zelt anbieten lassen, das man so aufschlug, daß es als Verlängerung des kaiserlichen Zimmers dienen konnte. Von da an dachte Napoleon, mit seiner gewöhnlichen Regelmäßigkeit, daran, Ordnung in seine Tageszeit zu bringen.
       Um 10. Uhr ließ er Herrn von Las Cases rufen, um mit ihm zu frühstücken. Sodann fand eine halbstündige Unterhaltung statt, und hierauf las Herr von Las Cafes, was ihm den Tag vorher diktiert worden war, wieder vor. War diese Lektüre zu Ende, so fuhr Napoleon bis 4 Uhr fort zu diktieren. Um 4 Uhr kleidete er sich an und ging aus, damit man sein Zimmer in Ordnung bringen könnte. Gewöhnlich ging er dann in den Garten hinunter, der ihm sehr ans Herz gewachsen war und an dessen Ende ihm eine zeltartige, mit Leinwand bedeckte Laube wie ein Zelt Schutz gegen die Sonne bot. Regelmäßig setzte er sich unter dieses Dach, wohin man einen Tisch und Sessel gebracht hatte, und diktierte hier dem seiner Begleiter, der zum Zwecke dieser Arbeit von der Stadt kam, bis zur Stunde des Mittagessens, die auf 7 Uhr festgesetzt war. Den Rest des Abends las man entweder in Racine oder Molière, da von Corneille nichts vorhanden war; Napoleon nannte dies die Komödie oder die Tragödie besuchen. Endlich legte er sich, so spät er nur konnte, nieder, da er, wenn er früh zu Bett ging, mitten in der Nacht aufwachte und nicht mehr schlafen konnte.
       In der Tat, welcher von Dantes Verdammten hätte seine Strafe gegen die schlaflosen Nächte Napoleons vertauschen wollen?
       Nach Verlauf von einigen Tagen fühlte er sich müde und krank. Man hatte drei Pferde zu seiner
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