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Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Titel: Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
Autoren: Rachel Cohn
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Grund.
    Dann sagt sie: »Wer hat uns das eigentlich in die Köpfe gepflanzt, dass wir immer die Wahrheit wissen müssen? Manchmal sind Lügen doch auch ganz hilfreich, oder? Man muss die Wahrheit nicht immer wissen. Es macht so müde.«
    »Das sind alles Wahrheiten, was du da sagst, Naomi.«
    Sie lächelt. »Ich weiß.«
    »Unsere No Kiss List«, sage ich.
    »Unsere No Kiss List ist gestorben.« Naomi scheint darüber nicht besonders traurig zu sein.
    »Ja. Aber vielleicht hätten wir unsere eigenen Namen auf die Liste setzen sollen.«
    »Mir hat diese Lüge gefallen.«
    »Mir auch.«
    »Aber jetzt nicht mehr.«
    »Nein, jetzt nicht mehr.«
    Wir befinden uns auf einem völlig neuen, noch nicht erforschten Terrain. Wir hatten alles so genau vermessen und dann in den letzten Wochen alles ausradiert. Unsere zwei unterschiedlichen Landschaften, von denen wir nicht gewusst hatten, wie unterschiedlich sie tatsächlich waren. Die Zukunftspläne ausradiert. Die Fantasien ausradiert. Ein Stückchen Vertrauen ausradiert. Aber selbst wenn alle Linien und Pfade von der Karte verschwunden sind... wenn wir alle Spuren und Zeichen gelöscht haben... und die Schrift auf der Landkarte verblasst ist... die Karte ist noch da, das Papier ist noch da. Wir sind noch da. Man kann Hoffnung und Liebe und Vergangenheit nicht einfach auslöschen. Es sei denn, man würde alles verbrennen. Aber weil wir immer noch da sind, heißt das: Die Erde ist nicht ganz verbrannt. Es gibt uns noch.
    »Scheiße, Naomi«, sage ich.
    »Du bist so ein Idiot«, sagt Naomi.
    Und dann lehnt sie sich an mich. Und ihre Haare streifen meine Wange. Und ihr Kopf sinkt auf meine Schulter. Und ihre Hand sucht nach meiner Hand. Wir halten uns fest.
    »Bruce, ja?«, sagt sie nach kurzem Schweigen.
    »Ja«, sage ich. »Bruce.«
    »Du hast es in den Sand gesetzt?«
    »Könnte sein.«
    »Dann versuch, es wieder hinzukriegen. Wäre wirklich jammerschade, wenn wir das alles umsonst durchgemacht hätten.«
    Ich nicke.
    Naomi redet weiter. »Ich glaub, ich hab es mit Gabriel auch vermasselt. Er mag mich. Zumindest glaub ich, dass er mich mag. Und ich würde gern versuchen, ihn auch zu mögen, aber es ist alles so kompliziert und das Timing ist so mies, und ich weiß echt nicht, was ich jetzt machen soll. Gabriel hat mir eine Mix-CD gebrannt. Ich glaube, ich hätte aus den Songs irgendwelche versteckten Botschaften heraushören sollen, aber ich hab überhaupt keine Ahnung, was das alles bedeuten soll. Ich hab ihm auch eine CD gemacht. Der totale Reinfall.«
    »Du meinst Gabriel, unseren ganz privaten Türhüter?«, frage ich.
    »Das ist nicht wahr!«, sagt Naomi und schlägt mich mit der Hand, die ich nicht in meiner halte. »Wo hast du die ganze Zeit gelebt?«
    Vermutlich ist es nicht der richtige Zeitpunkt, um ihr zu sagen, dass Gabriel große Ohren hat. Nicht wirklich störend groß, aber man bemerkt sie. Dafür nette Bauchmuskeln.
    »Und wie kann ich dir dabei helfen?«, frage ich.
    »Muss ich dir das extra sagen?«
    »Sieht so aus.«
    »Meine Güte, wir müssen unsere Wellenlängen neu aufeinander abstimmen. Du musst für mich einen Mix machen. Ich meine, einen Mix für ihn. Nimm seinen mit. Hör ihn dir an. Entschlüssel ihn. Dann antworte darauf. Ich bin viel zu durcheinander, um es selber noch mal zu versuchen.«
    »Du willst, dass ich bei Gabriel für dich den Cyrano spiele?«, frage ich.
    »Ja. Das soll deine Buße sein. Ich werd mich in der Zwischenzeit weiter in den akademischen Totalausfall stürzen.«
    »Was heißt das denn?«
    »Das heißt, dass ich meine Psychologie-Einführungsvorlesung und den Kurs in Vergleichender Literaturwissenschaft vergessen kann. Wegen Nichtvorhandensein von Interesse und Eifer. Und wenn ich die beiden Kurse nicht schaffe, war’s das für mich an der NYU.«
    Puuuh. Naomi hat da ein riesengroßes Problem - viel größer, als ich bisher geglaubt hatte.
    »Ich helf dir. Ich schreib dir deine Seminararbeiten.«
    Sie löst ihre Hand aus meiner Hand und legt sie auf mein Bein. Dann dreht sie den Kopf und schaut mich an - schaut mich einfach nur an.
    »Nein, Ely. Das hat vielleicht in der Schule funktioniert, aber jetzt nicht mehr. Ich muss es schon allein schaffen. Um ehrlich zu sein, wird das Mom den letzten Schubser geben, den sie braucht. Sie muss dann nicht in einem Job weitermachen, den sie hasst, nur damit ich an die Uni gehen kann. Der Traum ist dann auch ausgeträumt. Ich an der Uni und Dad - das waren die beiden letzten Lügen, die wir
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