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Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Titel: Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
Autoren: Rachel Cohn
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freier Wille sagt mir, dass ich lieber heute als morgen diesen Job los bin. Schluss mit dem Dasein als Nachtportier.« Selbst in dem harten Licht der Glühbirne, das alle Hautunreinheiten gnadenlos zeigt (auf seiner dunklen Haut ist nichts zu erkennen), ist er so überwältigend schön, dass mir fast die Knie zittern. Er steht jetzt vor mir. Aber er beugt sich nicht zu mir, obwohl er nahe genug ist. Vielleicht hat er einen Mitesser auf meiner Nase entdeckt?
    Ach, scheiß auf meine Unvollkommenheiten.
    Ich ziehe an der Schnur, die von der Glühbirne über unseren Köpfen herabhängt. Licht aus. Ich schließe die Augen, lege den Kopf schief, warte darauf, dass es geschieht.
    Das Licht geht wieder an. Ich öffne ein Auge und registriere: Gabriel ist nicht in einer Gleich-werd-ich-Naomiküssen-Pose. Sein Kopf ist vorgeneigt, das ja, aber sein verwirrter Gesichtsausdruck scheint zu fragen: Was zum Teufel will Naomi hier?
    WAS MUSS ICH TUN, UM VON EINEM JUNGEN, DEN ICH MAG, EINEN KUSS ZU KRIEGEN, VERDAMMT NOCH MAL?
    »Verhaltenskodex für Portiers?«, frage ich Gabriel. Was hab ich diesmal falsch gemacht? Oder ist Gabriel einer von diesen Jungs, die nicht damit zurechtkommen, wenn ein Mädchen den ersten Schritt macht?
    »Nein, Verhaltenskodex für Gentlemen«, sagt er. »Und, ich weiß nicht, vielleicht eine etwas hübschere Umgebung? Vielleicht nicht unbedingt ein Wandschrank? Vielleicht führe ich dich erst mal zum Essen aus oder wir gehen miteinander ins Kino?«
    Ich weiß wirklich nicht, wie ich mich jetzt verhalten soll. Wenn es darauf ankommt, bin ich eine solche Idiotin.
    Ich dreh mich um und will gehen, ich fühl mich ganz verlegen. Aber er stemmt seine Hand gegen die Tür, sodass ich sie nicht öffnen kann (sollte ein guter Türhüter einem nicht dabei helfen, die Tür zu öffnen?). Dann drückt er mir den sanftesten, süßesten Kuss, den ich jemals bekommen habe, auf den Nacken. »Warte noch ein bisschen«, flüstert er mir ins Ohr. »Bald.«
    Ich habe meinen Kuss bekommen. Ich habe meinen K-u-s-s bekommen.
    Wir verlassen den Wandschrank und gehen zurück in die Eingangshalle. Seine Finger sind in meine Finger verschränkt.
    Wahnsinn, wie meine Freundin Robin sagen würde.
    »Ely hat für dich was abgegeben.« Gabriel gibt mir eine Postkarte aus Buenos Aires, die an mich und Ely adressiert ist.
    Was ich wirklich immer mal wollte, war ein uno, dos, tres-Dreier mit euch beiden. Viel Liebe und Glück, Donnie Weisberg.
    Ich pruste los.
    Verdammt. Das sollte ich vor dem Jungen, den ich mag, vielleicht besser nicht tun. Wo bleibt meine gute Erziehung?
    Aber Gabriel muss mich wirklich mögen, denn er ignoriert mein kindisches Verhalten einfach. Er sagt: »Ely ist runtergekommen, wie aus dem Ei gepellt, als hätte er was Wichtiges vor, und hat mich gebeten, dir das zu geben. Als hätte er gewusst, dass ich dich heute Abend sehen würde. Dann ist er rausgegangen, er wirkte wie in einem dringenden Auftrag unterwegs. Eine Viertelstunde später war er wieder da, ist zum Aufzug geschlichen und seither nicht mehr runtergekommen.«
    Ely hat gekniffen.
    Ich fass es nicht. Ich hab meine Aufgabe erfüllt. Er hätte seine erfüllen sollen. So war es zwischen uns abgemacht.
    Ich überlege, welche Entschuldigung ich mir für mein plötzliches Verschwinden ausdenken soll, aber Gabriel lächelt mich nur an. »Geh«, sagt er, zum Aufzug blickend. Er macht mit dem Daumen.
    Mein Schlüssel zu Elys Wohnung liegt wieder unter der Fußmatte. Ich gehe in sein Zimmer. Er liegt im Bett und starrt an die Decke.
    Ich fühle mich nervös, als ich plötzlich wieder in seinem Zimmer stehe. Es hat sich nichts verändert, so lange waren wir nicht auseinander, aber trotzdem - es fühlt sich anders an. Die Erwartung ist verschwunden. Ich hoffe nicht mehr wie früher darauf, dass hier irgendwann malgeschieht.
    Es wird bald die Zeit anbrechen, in der ich nach Hause komme und sofort Ely sehen will, aber er wird nicht da sein, weil Mom und ich nicht länger da sein werden. Es fällt mir schon schwer genug, mir vorzustellen, dass Mom und ich irgendwann ein anderes Gebäude in dieser Stadt unser Zuhause nennen werden; aber noch schwerer fällt es mir, mir vorzustellen, dass mein Zuhause an einem Ort sein wird, der fern von Ely ist; und das Schwerste daran ist, zu akzeptieren, dass diese Distanz sein muss.
    Ich nehme Elys Lederjacke aus dem Schrank und ziehe sie an. Mir ist kalt. Aber ich fühle mich alles andere als erbärmlich.
    »Er war hier in deinem
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